Schwerter, Lanzenspitzen, Helme und Knochen, grosse Mengen von menschlichen Knochen – diese Funde aus der Ausgrabungsstelle in Kessel, im Südosten der Niederlande, zeugen von einer vernichtenden Schlacht. Wissenschaftler der Freien Universität Amsterdam haben jetzt nachgewiesen, dass es sich um die Überreste eines Massakers handelt, das der römische Feldherr Gaius Iulius Cäsar im Frühjahr 55 v. Chr. während der Eroberung Galliens anrichten liess.
Bisher war der genaue Ort des Gemetzels nicht bekannt. Der Archäologe Nico Roymans und sein Team konnten die Funde von Kessel, die zwischen 1975 und 1995 ausgegraben wurden, mit einer Kombination von historischen, archäologischen und geochemischen Analysen auf das 1. Jahrhundert v. Chr. festlegen. Es handelt sich um die früheste bekannte Schlacht auf dem Gebiet der heutigen Niederlande. Zugleich ist es der erste Nachweis, dass sich Cäsar und seine Truppen tatsächlich dort aufhielten.
Cäsar selbst berichtet im 4. Buch seines Berichts De bello Gallico mit unverhohlenem Stolz, wie er die germanischen Stämme der Tenkterer und Usipeter – insgesamt 430'000 Männer, Frauen und Kinder – nahezu gesamthaft habe vernichten lassen. Diese Zahl dürfte wie oft bei historischen Quellen übertrieben sein, aber auch heutige Historiker gehen von 150'000 bis 200'000 Toten aus – eine enorme Zahl angesichts der damaligen Bevölkerungsdichte.
Die beiden germanischen Stämme, Cäsar nennt sie Tencteri und Usipetes, siedelten ursprünglich östlich des Rheins, im heutigen Deutschland. Dort wurden sie von den ebenfalls germanischen Sueben bedrängt und vertrieben, worauf sie gemeinsam den Rhein überschritten und Cäsar um Asyl ersuchten.
Der römische Feldherr lehnte die Bitte ab und griff das Lager der germanischen Stämme mit seinen acht Legionen und der Kavallerie an. Die flüchtenden Menschen wurden am Zusammenfluss von Maas und Rhein umzingelt und niedergemacht.
Dieses Vorgehen, schreiben die Wissenschaftler, würde man heute als Genozid betrachten. Die Römer sahen dagegen in der Vernichtung eines geschlagenen Feindes nichts Verwerfliches, zumal wenn es sich um Barbaren handelte.
Die beiden Stämme wurden allerdings nicht vollständig vernichtet – im ersten Jahrhundert nach Christus tauchen sie in den Quellen wieder auf, zurückgekehrt in ihre ursprünglichen rechtsrheinischen Siedlungsgebiete. Usipeter und Tenkterer gingen später mit anderen Völkern im Stammesverbund der Franken auf.
Möglicherweise übertrieb Cäsar in seinem Bericht bewusst, um sich als Beschützer Roms zu profilieren. Vielleicht, mutmasst Roymans, habe der ehrgeizige römische Feldherr auch behauptet, die Stämme ganz vernichtet zu haben, weil er dann gefangene Germanen auf eigene Rechnung als Sklaven verkaufen konnte.