Die Terrormiliz «IS» ist unter Druck, seine Hochburgen Rakka und Mossul in Syrien und im Irak sind von Regierungstruppen umzingelt. Dies ist offenbar auch den kampfbereiten jungen Männern nicht entgangen, die früher zu Tausenden in die Region reisten, um sich den Terroristen anzuschliessen. Der Strom an der türkisch-syrischen Grenze ist zu einem Rinnsal einiger Dutzender Kämpfer pro Monat versiegt. Mehr noch: Angesichts der zahlreichen Rückzugsgefechte erwägen wohl einige in umgekehrter Richtung die Rückkehr in ihre Herkunftsländer.
Und so stellt sich einmal mehr die Frage: Woher kamen die meisten? Und wohin kehren sie nun vielleicht zurück? Die folgende Grafik zeigt die üblichen Verdächtigen an der Spitze:
Diese Zahlen waren und sind von begrenzter Aussagekraft, weil eine wichtige Bezugsgrösse fehlt: Ihr prozentualer Anteil am Herkunftsland. Das funktioniert für Länder wie Tunesien, die Türkei und Saudiarabien, in denen praktisch die gesamte Bevölkerung dem Islam zugehörig ist. Für andere Länder wie die Schweiz muss der Pro-Kopf-Wert noch mit dem jeweiligen Muslimanteil abgeglichen werden.
Und plötzlich führen ganz andere Länder die Grafik an:
Wie kommen diese Länder dorthin? Wirklich überzeugende Antworten hat bislang niemand gefunden. Aber ein paar Thesen existieren:
Der Laizismus französischer Ausprägung, diese besonders radikale Trennung zwischen Staat und Kirche, soll ihrerseits die Radikalisierung begünstigen, glauben zwei Experten des US-Thinktanks Brookings Institution. Dies würde erklären, warum so viele Dschihadisten aus französisch-sprachigen Ländern stammen.
Die US-Forschungsstelle National Bureau of Economic Research (NBER) glaubt, je isolierter muslimische Einwanderer in westlichen Gastländern leben, desto anfälliger seien sie auf Radikalisierung:
In Trinidad und Tobago beträgt der Muslimanteil um die fünf Prozent, vergleichbar mit der Schweiz, bei einer Bevölkerung von 1.3 Millionen. Der islamistische Extremismus hat eine Vorgeschichte in dem karibischen Inselstaat: 1990 versuchte die Organisation Jamaat al Muslimeen einen Staatsstreich und hielt den Premierminister und andere Regierungsmitglieder während sechs Tagen als Geiseln fest, bevor sie sich ergaben.
Auf den Malediven, dem Westen vor allem als exotische Feriendestination bekannt, ist der sunnitische Islam Staatsreligion. Jeder Bürger muss ihr angehören. Fernab von den Luxus-Resorts, vor allem in der Hauptstadt Malé, gärt der Extremismus.
Aus der Schweiz stammen in absoluten Zahlen mehr Dschihadisten (57) als aus Trinidad und Tobago (50). Pro-Kopf und -Muslimanteil hingegen tendiert das Phänomen hierzulande gegen Null. Gut die Hälfte der Muslime stammt aus dem Balkan, wo die Religion moderat praktiziert wird.