Noch vor seinem neuerlichen Amtsantritt sorgt der designierte US-Präsident Donald Trump für Unruhe in den diplomatischen Beziehungen: Sein öffentlich bekundetes Vorhaben, Grönland und den Panama-Kanal unter amerikanische Kontrolle zu bringen oder Kanada den USA anzuschliessen, hat allenthalben zu Irritationen geführt. Im Vergleich dazu ist sein Vorschlag, den Golf von Mexiko in «Golf von Amerika» umzubenennen, geradezu harmlos.
Das Nebenmeer des Atlantischen Ozeans, das im Norden durch die USA, im Westen und Süden durch Mexiko und im Osten durch Kuba begrenzt wird, trägt die Bezeichnung «Golf von Mexiko» (spanisch «El Golfo de México») seit dem 16. Jahrhundert, als spanische Entdecker und Eroberer erstmals in diese Region vordrangen. Der Name «Mexiko» geht auf die Hauptstadt der Azteken, Mexico-Tenochtitlan (heute Mexiko-Stadt), zurück, wobei es zur Herkunft der Bezeichnung «Mexico» unterschiedliche Hypothesen gibt. In den USA wird der Golf von Mexiko aufgrund seiner Küstenlinie, die sich über fünf südöstliche Bundesstaaten erstreckt, inoffiziell oft als «Dritte Küste» bezeichnet.
Trump hat die Mexikaner bereits in seiner ersten Amtszeit mehrfach mit Äusserungen vor den Kopf gestossen; zudem ist er mit dem südlichen Nachbarn in einer Reihe von Themen – darunter die Grenzsicherheit und die Einführung von Zöllen – aneinandergeraten. Sollte Trump tatsächlich beabsichtigen, den Golf von Mexiko umzubenennen, könnte er dies zumindest in den USA wohl durchsetzen. Die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene, die am äussersten rechten Rand der Republikanischen Partei politisiert, kündigte bereits an, sie werde im Repräsentantenhaus so schnell wie möglich ein Gesetz einbringen, «um den Golf von Mexiko offiziell in seinen rechtmässigen Namen, den Golf von Amerika, umzubenennen».
Die US-Bundesbehörde, die für den einheitlichen Gebrauch geografischer Bezeichnungen innerhalb der amerikanischen Verwaltung zuständig ist, heisst United States Board on Geographic Names (BGN). Sie ist dem Innenministerium unterstellt und regelt primär die amtliche Schreibung geografischer Namen innerhalb der USA. Daneben legt sie auch die amtliche Schreibung ausländischer geografischer Bezeichnungen fest.
Man darf davon ausgehen, dass diese Behörde einer gesetzlichen Umbenennung des Golfs Folge leisten müsste. Als 2015 während der Präsidentschaft von Barack Obama der Mount McKinley in Alaska, der höchste Berg Nordamerikas, in «Denali» rückbenannt wurde, folgte die Behörde den Vorgaben aus Washington umstandslos. Trump möchte übrigens – kaum verwunderlich – diese Umbenennung rückgängig machen.
International ist die Sache aber nicht so einfach. Hier ist es die Internationale Hydrographische Organisation (IHO), der sowohl die USA als auch Mexiko angehören, die dafür sorgt, dass alle Meere, Ozeane und schiffbaren Gewässer der Welt einheitlich vermessen und kartiert werden. Die einheitliche, unzweideutige Benennung von Gewässern etwa auf Seekarten vermindert die Gefahr von Missverständnissen. Möchten die USA den Golf von Mexiko umbenennen, würde dies diplomatische Verhandlungen mit den anderen Anrainerstaaten erfordern. Falls der Vorstoss wider Erwarten erfolgreich wäre, würde er umfangreiche Anpassungen in Kartenwerken, internationalen Verträgen und wissenschaftlichen Dokumenten nach sich ziehen.
Trump ist nicht der erste Politiker, der die Umbenennung des Golfs von Mexiko in «Golf von Amerika» vorschlägt. 2012 reichte Steve Holland, Abgeordneter der Demokratischen Partei in der Legislative des US-Staats Mississippi, einen Gesetzesentwurf ein, der ebendies vorschlug.
Holland meinte es damit aber nicht ernst, wie er später einräumte – er hatte den Entwurf eingereicht, um mit dieser sarkastischen Aktion gegen seine republikanischen Kollegen zu protestieren, die anscheinend alles Mexikanische aus Mississippi verbannen wollten: «Sie wollen Einwanderer aus dem Staat werfen, sie wollen sie aus dem Programm nehmen, sie wollen Medicaid-Leute auf Drogen testen. Sie wollen alles loswerden, was nicht ‹Amerika› ist. Also dachte ich, es wäre angebracht, einen Gesetzentwurf einzubringen, der den Golf von Mexiko in Golf von Amerika umbenennt.» Hollands Entwurf wurde abgelehnt.
Schon zwei Jahre zuvor war die Idee einer Umbenennung des Gewässers in «Golf von Amerika» aufgetaucht – auch damals in satirischer Absicht. Der Komiker Stephen Colbert witzelte in seiner Show nach der massiven Ölpest durch die Bohrplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko, dieser sollte in «Golf von Amerika» umbenannt werden, denn: «We broke it, we bought it.» («Wir haben ihn kaputt gemacht, wir haben ihn gekauft.»)
Es ist nicht selten, dass ein Gewässer von Anrainerstaaten unterschiedlich benannt wird. Ein Beispiel dafür ist die Nordsee, die im deutschsprachigen Raum «Nordsee», auf Englisch «North Sea» und auf Niederländisch «Noordzee» heisst, während in Dänemark neben «Nordsøen» auch «Vesterhavet» gebräuchlich ist. Letztere Bezeichnung war der ursprüngliche Name für das Meer, in Abgrenzung zur Ostsee. Erst die Hanse setzte die Bezeichnung «Nordsee» durch, da diese nördlich ihrer wichtigsten Zentren lag. Die Ostsee wird international übrigens auch «Baltisches Meer» genannt, um Verwechslungen auszuschliessen.
Ein weiteres Beispiel ist der Ärmelkanal, der auf Französisch «La Manche» («der Ärmel») heisst, auf Englisch hingegen «The English Channel». Heute gibt der Name keinen Anlass zu Zwistigkeiten mehr, doch früher war dies anders. Im Mittelalter war noch die römische Bezeichnung Oceanus Britannicus bzw. Mare Britannicum oder deren Übersetzung in einer Landessprache üblich, dann tauchte um 1450 auf einer italienischen Karte erstmals die Bezeichnung «Canalites Anglie» auf.
Die Niederländer, im 17. Jahrhundert die führende Seefahrtsnation, nannten das Gewässer dann «Het Engelse Kanaal», was die Briten später übernahmen. Frankreich, damals der Hauptrivale Grossbritanniens, war mit dieser Bezeichnung nicht glücklich und führte den Namen «La Manche» ein.
Heute noch virulent ist hingegen der Streit um die Benennung des Meeres zwischen Japan, Korea und Russland. Der Name «Japanisches Meer» ist von der UNO als geografische Standardbezeichnung anerkannt und wird somit in allen offiziellen UNO-Dokumenten verwendet. Nord- und Südkorea vertreten hingegen den Standpunkt, der heutige Name habe sich erst durchgesetzt, als Korea unter japanischer Herrschaft stand. Sie fordern seit den 1990er-Jahren die Umbenennung in «Ostmeer» oder «Koreanisches Ostmeer», was von Japan abgelehnt wird. Russland verhält sich in dieser Frage weitgehend neutral.
Die beiden koreanischen Staaten konnten ihre Forderung bisher nicht durchsetzen. Immerhin einigten sich 2020 die Mitgliedsstaaten der IHO auf einer Tagung darauf, die Namen der Meere durch numerische Kennzeichen zu ersetzen und einen neuen digitalen Standard für moderne geografische Informationssysteme zu entwickeln. In der gedruckten Ausgabe des Standardwerks «Grenzen der Ozeane und Meere» wird allerdings die Bezeichnung «Japanisches Meer» beibehalten.
Ein weiteres Meer, dessen Name international umstritten ist, liegt im Nahen Osten: der Persische Golf. Diese Bezeichnung wurde schon von griechischen Geografen der Antike verwendet, doch seit Mitte des 20. Jahrhunderts haben verschiedene arabische Staaten damit begonnen, die Neuschöpfung «Arabischer Golf» («al-chalīdsch al-ʿarabī») zu verwenden, die seither vereinzelt auch in westlichen Medien auftaucht.
Die politischen Spannungen zwischen dem Iran und den arabischen Golfstaaten schlugen sich mithin im Streit um den Namen des Meeres nieder. Auch die UNO musste sich mehrmals damit befassen; 2002 wurde die Bezeichnung «Arabischer Golf» auf einer UNO-Konferenz über die Standardisierung geografischer Namen als «fehlerhaft» verurteilt. Und 2006 stellte eine UNO-Expertengruppen fest, die UNO werde intern an der Bezeichnung «Persischer Golf» festhalten. Es könne den einzelnen Staaten indes nicht verboten werden, Exonyme für geografische Namen zu schaffen und zu verwenden. Die IHO benutzt hingegen seit 1953 offiziell die Bezeichnung «Golf von Iran».
Sollte sich Trump mit seinem Ansinnen tatsächlich durchsetzen, gäbe es fortan zwei Bezeichnungen für dieses wichtige Meer zwischen den USA und Mexiko. Völlig neu wäre eine solche Situation für die beiden Staaten jedoch nicht: Schon jetzt sind sie sich nicht einig, wie der Fluss genannt wird, der die Grenze zwischen dem US-Staat Texas und den mexikanischen Bundesstaaten Chihuahua, Coahuila, Nuevo Leon und Tamaulipas bildet. Für die Amerikaner heisst der Grenzfluss «Rio Grande», für die Mexikaner ist er der «Rio Bravo» oder der «Rio Bravo del Norte».
Damit hätte er zugleich das Problem mit den Immigranten gelöst und die Mauer wäre auch hinfällig.
Es wäre so einfach, aber selbst das schnallt er nicht. 🤔🤷♂️