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Golf von Amerika statt Golf von Mexiko – kann Trump das durchsetzen?

Golf von Mexiko
https://de.wikipedia.org/wiki/Golf_von_Mexiko#/media/Datei:GulfofMexico3D.jpg
Der Golf von Mexiko soll in Zukunft «Golf von Amerika» heissen, wenn es nach Donald Trump geht. Karte: Wikimedia

Kann Trump den Golf von Mexiko umbenennen?

08.01.2025, 18:5108.01.2025, 19:29
Daniel Huber
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Noch vor seinem neuerlichen Amtsantritt sorgt der designierte US-Präsident Donald Trump für Unruhe in den diplomatischen Beziehungen: Sein öffentlich bekundetes Vorhaben, Grönland und den Panama-Kanal unter amerikanische Kontrolle zu bringen oder Kanada den USA anzuschliessen, hat allenthalben zu Irritationen geführt. Im Vergleich dazu ist sein Vorschlag, den Golf von Mexiko in «Golf von Amerika» umzubenennen, geradezu harmlos.

President-elect Donald Trump speaks during a news conference at Mar-a-Lago, Tuesday, Jan. 7, 2025, in Palm Beach, Fla. (AP Photo/Evan Vucci)
Donald Trump
Gewagte Vorschläge: Der gewählte US-Präsident Trump spricht bei seiner Pressekonferenz in Mar-a-Lago. Bild: keystone

Das Nebenmeer des Atlantischen Ozeans, das im Norden durch die USA, im Westen und Süden durch Mexiko und im Osten durch Kuba begrenzt wird, trägt die Bezeichnung «Golf von Mexiko» (spanisch «El Golfo de México») seit dem 16. Jahrhundert, als spanische Entdecker und Eroberer erstmals in diese Region vordrangen. Der Name «Mexiko» geht auf die Hauptstadt der Azteken, Mexico-Tenochtitlan (heute Mexiko-Stadt), zurück, wobei es zur Herkunft der Bezeichnung «Mexico» unterschiedliche Hypothesen gibt. In den USA wird der Golf von Mexiko aufgrund seiner Küstenlinie, die sich über fünf südöstliche Bundesstaaten erstreckt, inoffiziell oft als «Dritte Küste» bezeichnet.

Toponomastik
Die Toponomastik (Ortsnamenkunde) beschäftigt sich als Teilgebiet der Sprachgeografie mit allen Toponymen, also Örtlichkeitsnamen oder auch Ortsnamen im allgemeinen Sinne des Wortes. Sie wird immer wieder politisch instrumentalisiert, indem eine bestimmte Bezeichnung geografischer Entitäten als Beweis für nationale oder ethnische Ansprüche angeführt wird. Ein extremes Beispiel dafür ist die Eindeutschung polnischer Ortsnamen während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg, etwa von Łódź in «Litzmannstadt».

Könnte Trump den Golf tatsächlich umbenennen?

Trump hat die Mexikaner bereits in seiner ersten Amtszeit mehrfach mit Äusserungen vor den Kopf gestossen; zudem ist er mit dem südlichen Nachbarn in einer Reihe von Themen – darunter die Grenzsicherheit und die Einführung von Zöllen – aneinandergeraten. Sollte Trump tatsächlich beabsichtigen, den Golf von Mexiko umzubenennen, könnte er dies zumindest in den USA wohl durchsetzen. Die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene, die am äussersten rechten Rand der Republikanischen Partei politisiert, kündigte bereits an, sie werde im Repräsentantenhaus so schnell wie möglich ein Gesetz einbringen, «um den Golf von Mexiko offiziell in seinen rechtmässigen Namen, den Golf von Amerika, umzubenennen».

FILE - Rep. Marjorie Taylor-Greene, R-Ga., talks to reporters at the Capitol, Dec. 5, 2024, in Washington. (AP Photo/Rod Lamkey, Jr., File)
Die republikanische Hardlinerin Marjorie Taylor Greene will Trumps Vorhaben in Gesetzesform giessen. Bild: keystone

Die US-Bundesbehörde, die für den einheitlichen Gebrauch geografischer Bezeichnungen innerhalb der amerikanischen Verwaltung zuständig ist, heisst United States Board on Geographic Names (BGN). Sie ist dem Innenministerium unterstellt und regelt primär die amtliche Schreibung geografischer Namen innerhalb der USA. Daneben legt sie auch die amtliche Schreibung ausländischer geografischer Bezeichnungen fest.

Man darf davon ausgehen, dass diese Behörde einer gesetzlichen Umbenennung des Golfs Folge leisten müsste. Als 2015 während der Präsidentschaft von Barack Obama der Mount McKinley in Alaska, der höchste Berg Nordamerikas, in «Denali» rückbenannt wurde, folgte die Behörde den Vorgaben aus Washington umstandslos. Trump möchte übrigens – kaum verwunderlich – diese Umbenennung rückgängig machen.

FILE - This Aug. 19, 2011 file photo shows Mount McKinley in Denali National Park, Alaska. President Barack Obama on Sunday, Aug. 30, 2015 said he's changing the name of the tallest mountain in N ...
«Denali» ist der traditionelle Name des höchsten Berges Nordamerikas; ein Wort aus der indigenen athapaskischen Sprache, das «der Grosse» oder «der Hohe» bedeutet. Bild: AP/AP

International ist die Sache aber nicht so einfach. Hier ist es die Internationale Hydrographische Organisation (IHO), der sowohl die USA als auch Mexiko angehören, die dafür sorgt, dass alle Meere, Ozeane und schiffbaren Gewässer der Welt einheitlich vermessen und kartiert werden. Die einheitliche, unzweideutige Benennung von Gewässern etwa auf Seekarten vermindert die Gefahr von Missverständnissen. Möchten die USA den Golf von Mexiko umbenennen, würde dies diplomatische Verhandlungen mit den anderen Anrainerstaaten erfordern. Falls der Vorstoss wider Erwarten erfolgreich wäre, würde er umfangreiche Anpassungen in Kartenwerken, internationalen Verträgen und wissenschaftlichen Dokumenten nach sich ziehen.

Mitgliedsstaaten der Internationalen Hydrographischen Organisation (IHO).
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=738143
Sowohl die USA als auch Mexiko sind Mitgliedsstaaten der IHO.Karte: Wikimedia

Ist der Vorschlag neu?

Trump ist nicht der erste Politiker, der die Umbenennung des Golfs von Mexiko in «Golf von Amerika» vorschlägt. 2012 reichte Steve Holland, Abgeordneter der Demokratischen Partei in der Legislative des US-Staats Mississippi, einen Gesetzesentwurf ein, der ebendies vorschlug.

Holland meinte es damit aber nicht ernst, wie er später einräumte – er hatte den Entwurf eingereicht, um mit dieser sarkastischen Aktion gegen seine republikanischen Kollegen zu protestieren, die anscheinend alles Mexikanische aus Mississippi verbannen wollten: «Sie wollen Einwanderer aus dem Staat werfen, sie wollen sie aus dem Programm nehmen, sie wollen Medicaid-Leute auf Drogen testen. Sie wollen alles loswerden, was nicht ‹Amerika› ist. Also dachte ich, es wäre angebracht, einen Gesetzentwurf einzubringen, der den Golf von Mexiko in Golf von Amerika umbenennt.» Hollands Entwurf wurde abgelehnt.

Steve Holland, demokratischer Abgeordneter im US-Staat Mississippi
https://www.library.msstate.edu/mpc/daniel-stephen-steve-holland
Steve Holland, ehemaliger demokratischer Abgeordneter im US-Staat Mississippi.Bild: library.msstate.edu

Schon zwei Jahre zuvor war die Idee einer Umbenennung des Gewässers in «Golf von Amerika» aufgetaucht – auch damals in satirischer Absicht. Der Komiker Stephen Colbert witzelte in seiner Show nach der massiven Ölpest durch die Bohrplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko, dieser sollte in «Golf von Amerika» umbenannt werden, denn: «We broke it, we bought it.» («Wir haben ihn kaputt gemacht, wir haben ihn gekauft.»)

Gibt es weitere umstrittene Meeresnamen?

Es ist nicht selten, dass ein Gewässer von Anrainerstaaten unterschiedlich benannt wird. Ein Beispiel dafür ist die Nordsee, die im deutschsprachigen Raum «Nordsee», auf Englisch «North Sea» und auf Niederländisch «Noordzee» heisst, während in Dänemark neben «Nordsøen» auch «Vesterhavet» gebräuchlich ist. Letztere Bezeichnung war der ursprüngliche Name für das Meer, in Abgrenzung zur Ostsee. Erst die Hanse setzte die Bezeichnung «Nordsee» durch, da diese nördlich ihrer wichtigsten Zentren lag. Die Ostsee wird international übrigens auch «Baltisches Meer» genannt, um Verwechslungen auszuschliessen.

Satellitenaufnahme der Nordsee
https://de.wikipedia.org/wiki/Nordsee#/media/Datei:NASA_NorthSea1_2.jpg
Die Nordsee heisst in Dänemark auch «Vesterhavet», da sie von dort aus gesehen im Westen liegt. Karte: Wikimedia

Ein weiteres Beispiel ist der Ärmelkanal, der auf Französisch «La Manche» («der Ärmel») heisst, auf Englisch hingegen «The English Channel». Heute gibt der Name keinen Anlass zu Zwistigkeiten mehr, doch früher war dies anders. Im Mittelalter war noch die römische Bezeichnung Oceanus Britannicus bzw. Mare Britannicum oder deren Übersetzung in einer Landessprache üblich, dann tauchte um 1450 auf einer italienischen Karte erstmals die Bezeichnung «Canalites Anglie» auf.

Die Niederländer, im 17. Jahrhundert die führende Seefahrtsnation, nannten das Gewässer dann «Het Engelse Kanaal», was die Briten später übernahmen. Frankreich, damals der Hauptrivale Grossbritanniens, war mit dieser Bezeichnung nicht glücklich und führte den Namen «La Manche» ein.

Japanisches Meer oder Ostmeer?

Heute noch virulent ist hingegen der Streit um die Benennung des Meeres zwischen Japan, Korea und Russland. Der Name «Japanisches Meer» ist von der UNO als geografische Standardbezeichnung anerkannt und wird somit in allen offiziellen UNO-Dokumenten verwendet. Nord- und Südkorea vertreten hingegen den Standpunkt, der heutige Name habe sich erst durchgesetzt, als Korea unter japanischer Herrschaft stand. Sie fordern seit den 1990er-Jahren die Umbenennung in «Ostmeer» oder «Koreanisches Ostmeer», was von Japan abgelehnt wird. Russland verhält sich in dieser Frage weitgehend neutral.

Sea of Japan without East Sea in Parenthesis.
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18313883
Nach wie vor ist «Japanisches Meer» (englisch «Sea of Japan») der offizielle Name des Meeres zwischen Japan, Korea und Russland.Bild: Wikimedia/Chris 73

Die beiden koreanischen Staaten konnten ihre Forderung bisher nicht durchsetzen. Immerhin einigten sich 2020 die Mitgliedsstaaten der IHO auf einer Tagung darauf, die Namen der Meere durch numerische Kennzeichen zu ersetzen und einen neuen digitalen Standard für moderne geografische Informationssysteme zu entwickeln. In der gedruckten Ausgabe des Standardwerks «Grenzen der Ozeane und Meere» wird allerdings die Bezeichnung «Japanisches Meer» beibehalten.

Persischer oder Arabischer Golf?

Ein weiteres Meer, dessen Name international umstritten ist, liegt im Nahen Osten: der Persische Golf. Diese Bezeichnung wurde schon von griechischen Geografen der Antike verwendet, doch seit Mitte des 20. Jahrhunderts haben verschiedene arabische Staaten damit begonnen, die Neuschöpfung «Arabischer Golf» («al-chalīdsch al-ʿarabī») zu verwenden, die seither vereinzelt auch in westlichen Medien auftaucht.

Von dieser historischen Karte in Dubai wurde das Wort Persischer von Persischer Golf entfernt.
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1820123
Von dieser historischen Karte wurde in Dubai das Wort «Persian» entfernt – aus dem Persischen Golf wurde so schlicht «Golf» gemacht. Karte: Wikimedia/Seek equilibrium

Die politischen Spannungen zwischen dem Iran und den arabischen Golfstaaten schlugen sich mithin im Streit um den Namen des Meeres nieder. Auch die UNO musste sich mehrmals damit befassen; 2002 wurde die Bezeichnung «Arabischer Golf» auf einer UNO-Konferenz über die Standardisierung geografischer Namen als «fehlerhaft» verurteilt. Und 2006 stellte eine UNO-Expertengruppen fest, die UNO werde intern an der Bezeichnung «Persischer Golf» festhalten. Es könne den einzelnen Staaten indes nicht verboten werden, Exonyme für geografische Namen zu schaffen und zu verwenden. Die IHO benutzt hingegen seit 1953 offiziell die Bezeichnung «Golf von Iran».

Exonyme und Endonyme
Ein Exonym ist eine fremdsprachliche Benennung eines Ortes, beispielsweise «Mailand» für Milano oder «Genf» für Genève. Als Endonyme bezeichnet man hingegen die von der Mehrheit der ansässigen Bevölkerung benutzten Namen. Standardisierte Endonyme sind die amtlich festgelegten Namensformen.

Zwei Namen für denselben Fluss

Sollte sich Trump mit seinem Ansinnen tatsächlich durchsetzen, gäbe es fortan zwei Bezeichnungen für dieses wichtige Meer zwischen den USA und Mexiko. Völlig neu wäre eine solche Situation für die beiden Staaten jedoch nicht: Schon jetzt sind sie sich nicht einig, wie der Fluss genannt wird, der die Grenze zwischen dem US-Staat Texas und den mexikanischen Bundesstaaten Chihuahua, Coahuila, Nuevo Leon und Tamaulipas bildet. Für die Amerikaner heisst der Grenzfluss «Rio Grande», für die Mexikaner ist er der «Rio Bravo» oder der «Rio Bravo del Norte».

Der Rio Grande zwischen El Paso (USA, links) und Ciudad Juárez (Mexiko, rechts). Von hier bis zum Golf von Mexiko bildet er die Grenze zwischen den USA und Mexiko.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rio_Gr ...
Der Rio Grande/Rio Bravo zwischen El Paso (USA, links) und Ciudad Juárez (Mexiko, rechts). Von hier bis zum Golf von Mexiko bildet er die Grenze zwischen den USA und Mexiko.Bild: Wikimedia

Best-of von Trumps merkwürdigsten Auftritten der letzten Tage

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150 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Jonas (1) (2)
08.01.2025 19:06registriert April 2024
Er ist noch nicht mal im Amt und dennoch erscheinen täglich gefühlt 10 Artikel über ihn, oft auch Nebensächlichkeiten. Wäre schön, wenn es ein erträgliches Mass bliebe.
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Liebu
08.01.2025 19:36registriert Oktober 2020
Wenn Trump so viel daran liegt, dass der Golf wie sein Heimatland heisst, wäre es einfacher die USA umzubenennen. Er müsste nur Mexiko als 51. Bundesstaat aufnehmen und die USA auf USM (United States of Mexiko) umtaufen.
Damit hätte er zugleich das Problem mit den Immigranten gelöst und die Mauer wäre auch hinfällig.
Es wäre so einfach, aber selbst das schnallt er nicht. 🤔🤷‍♂️
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Max Dick
08.01.2025 19:12registriert Januar 2017
Warum nicht in Golf X? Hat Mus bereits an Einfluss verloren?
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    Kann Trump den Golf von Mexiko umbenennen?

    Noch vor seinem neuerlichen Amtsantritt sorgt der designierte US-Präsident Donald Trump für Unruhe in den diplomatischen Beziehungen: Sein öffentlich bekundetes Vorhaben, Grönland und den Panama-Kanal unter amerikanische Kontrolle zu bringen oder Kanada den USA anzuschliessen, hat allenthalben zu Irritationen geführt. Im Vergleich dazu ist sein Vorschlag, den Golf von Mexiko in «Golf von Amerika» umzubenennen, geradezu harmlos.

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