Cortical Labs hat auf der internationalen Technologie-Konferenz MWC in Barcelona mit dem CL1 den «ersten kommerziellen biologischen Computer» vorgestellt. Der Computer hat anstelle eines herkömmlichen Chips eine Silizium-Oberfläche, auf der im Labor gezüchtete menschliche Hirnzellen wachsen. Die Oberfläche sendet und empfängt Informationen der Hirnzellen.
Der CL1 will die besonderen Eigenschaften des menschlichen neuronalen Netzwerks – vor allem dessen Fähigkeit, schnell und flexibel zu lernen – nutzen. Es soll damit eine fortschrittlichere und nachhaltigere Alternative zu Silizium-Chips sein, die bei klassischen KI-Modellen wie ChatGPT eingesetzt werden.
Bereits 2021 machte Cortical Labs international Schlagzeilen, als es demonstrierte, dass es gezüchteten menschlichen Hirnzellen in Petrischalen beibringen konnte, das Spiel «Pong» zu spielen. Um das Spiel zu erlernen, brauchten diese Hirnkulturen nur jeweils fünf Minuten, KI-Modelle hingegen etwa eine Stunde.
Der Gründer und CEO von Cortical Labs, Dr. Hon Weng Chong, beschreibt die beim CL1 eingesetzte KI-Technologie als «Sustainable Biological Intelligence» (SBI), zu Deutsch nachhaltige biologische Intelligenz. Auf der Website wird mit «Actual Intelligence statt Artificial Intelligence» für den CL1 geworben, also für «echte» statt künstliche Intelligenz.
Der CL1 wird ab der zweiten Jahreshälfte 2025 erhältlich sein. Einen eigenen Computer kann man für 35'000 US-Dollar erwerben. Alternativ bietet das Unternehmen zusätzlich einen sogenannten «Wetware-as-a-Service» (WaaS) an. Darüber kann man per Cloud für einen Zeitraum auf einen der biologischen Computer zugreifen.
Weng betont, dass der CL1 weit mehr kann, als nur «Pong» zu spielen – das volle Potenzial und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten würden aber erst dann richtig erkennbar, wenn die Nutzer Zugang zum System hätten.
Laut Cortical Labs ermöglicht der CL1 Forschern, die Informationsverarbeitung echter Neuronen zu untersuchen. Dies stelle eine deutlich ethischere Alternative zu Tierversuchen dar. Zudem könne der biologische Computer zur Erforschung von Hirnerkrankungen eingesetzt werden, so die Entwickler.
Das im CL1 integrierte Lebenserhaltungssystem stellt sicher, dass die Gehirnzellen bis zu sechs Monate lang «am Leben» bleiben. (ear)