Zur Vorspeise Häppchen, vielleicht bisschen Suppe, dann der Braten mit viel Sosse, Kartoffeln, Gemüse – bei einem grossen Fest gemeinsam mit Familie und Freunden gönnst wahrscheinlich auch du dir so richtig was.
Auch wenn die Hose schon mehr als zwickt und du nach der dritten Portion Schweinehackbraten schon unter Schnappatmung leidest, ignorierst du das drohende Fresskoma. Denn es steht noch das Dessert an, dafür ist immer Platz. «Weil der Körper für Dessert einen Extra-Magen hat», wie dein mega-lustiger Onkel immer sagt, höhö.
Ein bisschen fühlt es sich allerdings tatsächlich so an. Auch wenn du schon das Gefühl hast, nach dem Hauptgang aus allen Nähten zu platzen, findet dein Körper auf mysteriöse Weise immer noch ein Eckchen Platz für das Tiramisu.
Ob du dich satt fühlst hat nicht unbedingt etwas damit zu tun, ob dein Magen voll ist
Tatsächlich bedeutet das Gefühl, dass du satt bist, nicht unbedingt, dass dein Magen voll ist. Das sagt die US-amerikanische Ernährungswissenschaftlerin Barbara Jean Rolls im Interview mit dem «Spiegel».
Es kann also sein, dass du dich nur satt fühlst, was zum Beispiel Herzhaftes betrifft. Das bedeutet aber nicht, dass in deinem Magen kein Platz mehr wäre für Dessert oder dass du keine Lust mehr auf Süsses hättest.
Laut Rolls gilt das vielseitige Futtern übrigens nicht nur für die Geschmacksrichtung, sondern auch Farbe, Form oder Konsistenz der Nahrung. Das heisst, du wechselst wahrscheinlich nicht nur gerne zwischen Süss und Salzig, sondern auch beispielsweise zwischen Knusprig und Weich oder Flüssig.
In der Wissenschaft heisst das Phänomen «wahrnehmungsspezifische Sättigung». 1984 hat Rolls gemeinsam mit ihrem Kollegen van Duijvenvoorde ein Buffet für ihre Probanden simuliert. Wenn den Studien-Teilnehmern vier verschiedene Mahlzeiten serviert wurden, haben sie bis zu 44 Prozent mehr gegessen, als wenn sie sie nur eine der Mahlzeiten bekommen haben.
Laut Rolls ist das so, weil die Natur dir sagen will: Ernähre dich vielseitig! Dann nimmst du nämlich mehr Vitamine und Mineralstoffe zu dir. Wenn also Vorspeise, Hauptgang mit verschiedenen Beilagen und Dessert anstehen, kann es also durchaus passieren, dass du alle Gänge schaffst – obwohl du zwischenzeitlich das Gefühl hast, satt zu sein.
Die Kunst ist dann, sich nicht zu überfressen. Vielseitige Ernährung ist gut, darüber sind sich grundsätzlich Ernährungswissenschaftler einig. Vielfalt bedeutet in diesem Zusammenhang natürlich nicht, dass du jeden Tag drei Sorten Pizza und Eiskrem im Wechsel futterst (obwohl jeder wohl hin und wieder so einen Tag erlebt). Ernährungsberaterin Cynthia Sass aus den USA meint, dass du auf die richtige Balance beim Essen achten solltest – dann kannst du auch von allem ein bisschen essen.
Auf der Online-Plattform «health.com» rät Sass, dass du deine Mahlzeiten einfach ein bisschen planst – zum Beispiel eine doppelte Gemüsebeilage nimmst anstatt Gemüse und Kartoffeln. Dann kannst du auch den Dessert essen – und so insgesamt Vielfalt kreieren.
Dass sich dein Körper diese Vielfalt wünscht und du deswegen mehr essen magst, auch wenn du dich satt fühlst, ist also normal. Nun liegt es an dir, das Bedürfnis nach vielfältigem Essen so zu stillen, dass es gesund ist und dir dabei gut geht.
(ak)