Bislang gab es von Schwarzen Löchern nur Illustrationen. Jetzt haben Astronomen das erste Bild gemacht. Dafür waren gleich acht Observatorien notwendig.
Zum ersten Mal ist Astronomen die Aufnahme eines Schwarzen Lochs gelungen. Das Bild des «Event Horizon»-Teleskopnetzwerks, das einen dunklen Fleck vor einem verschwommenen leuchtenden Ring zeigt, wurde am Mittwoch zeitgleich auf sechs Pressekonferenzen rund um den Globus präsentiert. Bislang gab es von Schwarzen Löchern nur Illustrationen. Bei dem aufgenommenen Exemplar handelt es sich um das extrem massereiche Schwarze Loch im Zentrum der 55 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie Messier 87.
Um in dieser gigantischen Entfernung noch ausreichende Details erkennen zu können, hatten die Forscher acht Einzelobservatorien auf vier Kontinenten rechnerisch zu einem Superteleskop zusammengeschlossen. «Die Ergebnisse geben uns zum ersten Mal einen klaren Blick auf ein supermassives Schwarzes Loch», betonte Anton Zensus, Direktor am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie. Dort wurden die Daten der beteiligten Radioteleskope kombiniert.
Durch ihre extreme Masse lassen Schwarze Löcher noch nicht einmal das Licht entkommen, dadurch sind sie praktisch unsichtbar. Allerdings heizt sich Materie, bevor sie in ein Schwarzes Loch gezogen wird, extrem stark auf und strahlt dann hell. Dieses charakteristische Leuchten ist in rot in der jetzt vorgelegten Aufnahme zu sehen.
Das Bild sei eine Bestätigung von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie unter den extremsten Bedingungen des Universums, berichtete Karl Schuster, Direktor des Instituts für Radioastronomie im Millimeterbereich (IRAM), das an der Beobachtungskampagne beteiligt war.
Um ein Schwarzes Loch bildet sich eine Gas- und Staubscheibe, auf der neue Materie in den Raumzeitschlund strudelt. Diese Materie dreht sich immer schneller, wird dabei durch Reibung extrem heiss und leuchtet hell auf. Die Teleskope fotografierten das Schwarze Loch vor dieser sogenannten Akkretionsscheibe, «wie eine schwarze Katze auf einem weissen Sofa», erläuterte die Max-Planck-Gesellschaft.
Mit den Beobachtungen, die auch im Fachblatt «Astrophysical Journal» vorgestellt werden, hoffen die Forscher zahlreiche grundlegende Fragen zu beantworten, darunter: Sehen Schwarze Löcher so aus wie von der Theorie erwartet? «Wir waren ehrlich gesagt überrascht, wie gut der beobachtete dunkle Fleck mit der aus unseren Computersimulationen vorhergesagten Struktur übereinstimmt», sagt Zensus.
Der experimentelle Durchbruch öffne die Tür zu einer Vielzahl neuer Beobachtungen, die unbekannte Details der kosmischen Schwerkraftfallen enthüllen könnten, erläuterte Schuster. «In Zukunft möchten wir auch die Dynamik der einstrudelnden Materie untersuchen. Im Grunde möchte man einen Film davon machen.»
Schwarze Löcher sind eine der Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie, die Albert Einstein vor rund einem Jahrhundert aufgestellt hat. In ihnen ist die Masse von einigen bis mehreren Milliarden Sonnen auf einen Punkt komprimiert. Durch die immense Gravitation kann aus der direkten Umgebung nicht einmal Licht entkommen, daher der Name. Schwarze Löcher können beispielsweise entstehen, wenn ausgebrannte Riesensterne unter ihrem eigenen Gewicht zusammenstürzen.
Ein Schwarzes Loch selbst ist auch für die besten Teleskope unsichtbar. Zeichnungen auf Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie zeigen oft einen schwarzen Kreis mit einem strahlend hellen Ring. Die Innenseite dieses Rings markiert den sogenannten Ereignishorizont, auf Englisch «event horizon», der dem Projekt seinen Namen gab. Er ist der Ort im Umkreis eines Schwarzen Lochs, von dem aus noch Licht entkommen kann. Man fotografiert also nur den strahlend hellen Ring um das Schwarze Loch.
Viele Schwarze Löcher verleiben sich neue Materie ein. Diese Materie fällt aber nicht auf direktem Weg ins Schwarze Loch. Stattdessen sammelt sie sich auf einer immer schneller rotierenden Scheibe - ähnlich wie Wasser in einem Strudel aus der Badewanne fliesst. In dieser sogenannten Akkretionsscheibe wird die Materie durch gegenseitige Reibung Millionen Grad heiss und leuchtet dadurch hell auf, bevor sie im Schlund des Schwerkraftmonsters für immer verschwindet.
Schwarze Löcher besitzen zwar unvorstellbar viel Masse, sind dabei aber sehr klein. Ein Schwarzes Loch mit der Masse unserer Erde wäre beispielsweise nur so gross wie eine Kirsche. Zudem sind die Schwarzen Löcher sehr weit weg: Zum Zentrum der Milchstrasse sind es 26'000 Lichtjahre, M87 ist sogar 55 Millionen Lichtjahre entfernt. Ein Lichtjahr ist die Strecke, die das Licht in einem Jahr zurücklegt. Und diese beiden Kandidaten besitzen von der Erde aus gesehen noch die grössten Ereignishorizonte. Dennoch lässt sich kein Teleskop bauen, das in dieser Entfernung noch Details des Ereignishorizonts erkennen kann.
Die Forscher haben acht Radioteleskope auf vier Kontinenten miteinander kombiniert. Dadurch entsteht ein virtuelles Superteleskop, dessen Durchmesser so gross ist wie die Erde. Dieses virtuelle Event Horizon Telescope erreicht eine Detailschärfe, mit der sich umgerechnet noch von Berlin aus eine Zeitung in New York lesen lassen würde.
Radiowellen sind genau wie sichtbares Licht elektromagnetische Wellen, sie haben nur eine sehr viel grössere Wellenlänge. Ihr Vorteil ist, dass sie von Gas und Staub nicht so stark geschluckt werden. Die Schwarzen Löcher sind in der Regel von grossen Mengen Gas und Staub umgeben, so dass sich der Ereignishorizont nur mit Radiowellen erspähen lässt.
Zum einen möchten die Astronomen klären, ob die Umgebung eines Schwarzen Lochs tatsächlich so aussieht wie erwartet. Tut sie es nicht, könnte das auf eine Abweichung von der physikalischen Theorie hinweisen.
Zum anderen erlauben solche Beobachtungen einen Test der Relativitätstheorie unter den extremsten Gravitationsbedingungen, die es im Universum gibt. Darüber hinaus sind auch viele Fragen zu den Schwarzen Löchern noch nicht geklärt, etwa wie die Materie genau in den Schlund strudelt. Oder warum bei manchen Schwarzen Löchern ein Teil dieser Materie vor Erreichen des Ereignishorizonts in einem scharf gebündelten Strahl wieder hinausgeschleudert wird. Solche Erkenntnisse haben auch Auswirkungen auf das Bild, das Astrophysiker gegenwärtig von unserem Universum haben. (aeg/sda/dpa)
Nein, im Ernst; es ist einfach nur grossartig 🤩 ...und schade, konnte Hawking das nicht miterleben 😔