Der Mai beginnt in vielen Kantonen der Schweiz mit einem Feiertag – dem Tag der Arbeit. Heute wird der Erste Mai besonders mit den Grossdemonstrationen in Grossstädten auf der ganzen Welt verbunden, und tatsächlich stützt sich der Feiertag auf einen Protest in den USA aus dem 19. Jahrhundert.
Wie genau sich diese Geschichte zugetragen, was wo in diesem Jahr geplant ist und wie die Forderungen lauten, erfährst du hier:
Die Entstehung des Maifeiertages geht auf die «Haymarket Riots» oder die «Haymarket Affairs» zurück. So organisierte die nordamerikanische Arbeiterbewegung für den 1. Mai 1886 einen Generalstreik, um die Einführung des Achtstundentages zu erzwingen und die allgemeinen Bedingungen für Arbeitnehmende zu verbessern.
Auch in Chicago wurde für den 1. Mai auf dem Haymarket eine Kundgebung angesetzt und von einem mehrtägigen Streik begleitet. Am 3. und 4. Mai kam es zu Strassenschlachten zwischen Arbeiter und Polizisten, bei denen auf beiden Seiten Menschen starben. Im Anschluss wurden die acht Organisatoren der Kundgebung auf dem Haymarket angeklagt und zum Tode verurteilt. Vier von ihnen – darunter auch der Chefredakteur der örtlichen Arbeiterzeitung – wurden sofort hingerichtet.
Historiker nennen das Datum der «Haymarket Riots» gerne als Stichtag in der Entwicklung der Arbeiterbewegung in den USA, die danach immer bedeutender wurde.
Das Datum des 1. Mais wählten die Organisatoren nicht zufällig. So forderten bereits australische Arbeiter am 1. Mai 1856 die Herabsetzung der Arbeitsstunden von zwölf auf acht pro Tag. In Anlehnung an diese Protestbewegung wurde auch für die USA dieses Datum gewählt und zeigt die bereits sehr frühe Internationalisierung der Arbeiterbewegung.
Am Begründungskongress der Zweiten Internationalen vom 20. Juli 1889 wurde der 1. Mai schliesslich in Gedenken an die Opfer der «Haymarket Riots» zum internationalen «Kampftag der Arbeiterbewegung» ausgerufen. Am 1. Mai 1890 kam es schliesslich erstmals weltweit zu Demonstrationen für mehr Arbeiterrechte.
In vielen Ländern gilt der Tag der Arbeit als gesetzlicher Feiertag. In der Schweiz ist nur der Nationalfeiertag am 1. August vom Bund aus als gesetzlicher Feiertag geregelt. Alle anderen werden von den Kantonen beurteilt. In welchen Kantonen der 1. Mai als gesetzlicher Feiertag gilt, erfährst du hier (für die Informationen über die Karte fahren):
Schweizweit sind an rund 50 Orten Veranstaltungen wie Demos, Feste und öffentliche Reden geplant. Das ist das Programm in den drei grössten Städten der Deutschschweiz:
In Bern, wo der 1. Mai kein Feiertag darstellt, planen die Gewerkschaften einen Umzug. Unter dem Motto «Mehr Lohn. Mehr Rente. Gleichstellung. Jetzt!» wird zur Besammlung ab 16 Uhr in der Kramgasse aufgerufen. Der Umzug endet auf dem Bundesplatz, wo um 17 Uhr diverse Reden geplant sind. Die Gewerkschaften wollen unter anderem aufmerksam machen auf die vom Parlament beschlossene BVG-Reform, gegen die sie das Referendum eingereicht haben.
Andere Pläne hat das «Revolutionäre 1. Mai Bündnis Bern»: Hier lautet die Parole etwas radikaler «Rolex für alle!». Kritisiert werden sollen damit unter anderem die Unternehmensgewinne während Krisen, die CS-Rettung durch den Staat, die Arbeitsbedingungen in der Pflege sowie die «Ungleichheiten und Gewalt zwischen Geschlechtern». Um 18 Uhr ist ein Demo-Umzug ab dem Bahnhofplatz vorgesehen.
Etwas früher auf der Matte steht man in Basel. Die Basler SP und Gewerkschaften rufen zur Demo-Versammlung ab 10 Uhr auf dem De-Wette-Park auf. Der diesjährige 1. Mai stehe im Zeichen des feministischen Streiks: «Denn insbesondere Frauen brauchen endlich bessere Arbeitsbedingungen, faire Bezahlung, gerechtere Renten und Wertschätzung, sei es bei der bezahlten oder unbezahlten Arbeit.» Ab dem Mittag ist ein Fest auf dem Kasernenplatz geplant.
Für Aufsehen in Basel sorgten Berichte im Vorfeld, wonach die Veranstaltenden den Schwarzen Block von ihrem Demo-Zug fernhalten wollen. Zu diesem Zweck haben linke Gruppierungen in Basel einen Demo-Codex, also eine Art Verhaltensanleitung, für den diesjährigen 1. Mai erarbeitet. Dies, nachdem es am 1. Mai 2022 zu Sachbeschädigungen und Personenverletzungen gekommen war, weil sich Angehörige des Schwarzen Blocks unter die Demonstrierenden mischten.
In der grössten Schweizer Stadt findet jährlich auch die grösste Demonstration zum Tag der Arbeit statt. Auch beim Zürcher 1.-Mai-Komitee stehen die Aktivitäten rund um den Tag der Arbeit im Zeichen der Gleichstellung. Das Motto in diesem Jahr: «Jin Jiyan Azadî» – Frau, Leben, Freiheit. Damit drücke das Komitee «Solidarität mit den Kämpfer*innen im Iran aus und zeigt gleichzeitig eine internationale Perspektive für die feministische Bewegung auf.» Hauptrednerin ist die iranische Aktivistin Niloofar Rasooli.
Ab 10 Uhr findet die Besammlung für den 1.-Mai-Umzug am Helvetiaplatz statt. Die Demonstration unter dem Motto «Frauenarbeit ist mehr wert» wird vom Gewerkschaftsbund des Kantons Zürich mit Unterstützung des 1.-Mai-Komitees organisiert.
Besonders in sozialistischen Staaten ist der Tag der Arbeit wichtig. Vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu Beginn der 90er-Jahre begingen die unterschiedlichen Sowjetrepubliken den Tag mit aufwändigen Märschen und Feiern.
In Russland finden bis heute am 1. Mai umfangreiche Märsche und Militärparaden statt.
Doch auch andern Orts wie zum Beispiel in Puerto Rico finden jährlich grosse Kundgebungen statt.
In der Schweiz gehört die Kundgebung in Zürich zu den grössten Anlässen am Tag der Arbeit. Der Umzug am Morgen des ersten Mai wird von einem mehrtägigen Fest begleitet.
Wie die Geschichte des Feiertages zeigt, geht dieser auf Demonstrationen im 19. Jahrhundert in den USA zurück. Seither standen viele diese Kundgebungen stets im Sinne der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Gewerkschaften steckten tief in den Organisationsorganen.
Die weltweiten sozialistischen Bewegungen weisen aber immer wieder auf drastische Unterschiede hin, die ja bereits zu einem Zusammenbruch der Dachorganisation geführt hatten. So stehen hinter den Kundgebungen am Ersten Mai auch heute ganz unterschiedliche Ideologien und Ideen.
Mit Material der sda
Jake Peralta
Warum wird am 01. Mai randaliert und geprügelt?
MartinZH
Im Okt. 1890 beschliesst die SPD, den 1. Mai zum Tag der Arbeiterbewegung zu machen. Fortan kommt es alljährlich zu Streiks und Demonstrationen.
Als "Tag der nationalen Arbeit" führen die Nationalsozialisten den 1. Mai kurz nach der Machtübernahme 1933 als Feiertag (nach 1919) wieder ein – bei voller Lohnfortzahlung. Es ist der Versuch, den Kampftag für die eigene Propaganda zu nutzen, die Arbeiterbewegung zu vereinnahmen.
Luca89