Mit über 90 Millionen Sprecherinnen und Sprechern ist Deutsch die meistgesprochene Sprache Westeuropas. Die geschriebene Sprache ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz dieselbe. Gerade wir Schweizer wissen allerdings: Man sollte Deutsch nie mit Hochdeutsch oder Standarddeutsch verwechseln.
Gesprochen werden in der deutschen Sprachregion nämlich unzählige Dialekte und Mundarten. Für den gleichen Begriff gibt es in den einzelnen Regionen mehrere, teils komplett verschiedene Wörter. Wo man das alles wunderbar sieht? Auf Landkarten von Sprachwissenschaftlern, die ziemlich exakt zeigen, wo wir wie sprechen, wenn wir bestimmte Dinge sagen.
Auffällig im deutschen Sprachraum: Die Deutschschweiz steht mit ihrer Aussprache von einzelnen Begriffen wie «Schuhe für zu Hause», «Kleines Essen am Morgen» oder dem «Spruch an Silvester» sehr oft alleine da.
Selbst die kleine Deutschschweiz ist jedoch kein einheitlicher Sprachraum. Vielmehr beschreibt «Schweizerdeutsch» eine Ansammlung von alemannischen Dialekten und Mundarten, welche sich auf engstem Raum teils erheblich unterscheiden.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Isolation aufgrund der Topografie und der früher beschränkten Mobilität, die historische Entwicklung an der Grenze zwischen der romanischen und der alemannischen Sprachgruppe oder die hohe Affinität zu Tradition und Identität, um nur einige zu nennen.
Das Resultat: Für hochdeutsche Begriffe wie Butter, Kuss, Schluckauf, Bonbon oder Regenpfütze werden in verschiedenen Regionen komplett verschiedene Wörter benutzt, die sich jedoch immer mehr vereinheitlichen. So zeigt eine Sprachanalyse des «Tages-Anzeiger», dass viele Dialektbegriffe in den nächsten Jahrzehnten verschwinden werden.
Deutlich weniger Dialekte als in der Schweiz werden im zentralistischen Frankreich gesprochen. Noch gibt es aber auch im Französischen für gewisse Begriffe unterschiedliche Wörter oder Aussprachen. Vor allem in den französischsprachigen Gebieten von Belgien und der Schweiz, aber auch im Elsass oder in der Aquitaine. In den letzten Jahrzehnten hat es in Frankreich gar Bestrebungen gegeben, die regionalen Sprachen und Dialekte zu schützen und zu fördern. Bislang allerdings ohne grossen Erfolg.
Zoomen wir auf unseren Karten etwas hinaus: Europa kann sprachlich innerhalb der indogermanischen Sprachfamilie in drei Gruppen eingeteilt werden: in die germanische, die romanische und die slawische Sprachgruppe. Oft, aber längst nicht immer, hält sich die Etymologie (Herkunft der Wörter) an diese Grenzen, die sich im Laufe der letzten rund 5000 Jahren herauskristallisiert haben.
In fast ganz West- und Nordeuropa trinken wir beispielsweise Tee, Thé oder Teas. In den rot eingefärbten Ländern hat sich die chinesische Herkunft «Te» aus dem Amoy-Dialekt durchgesetzt, während Chá in Portugal oder Čai in Osteuropa vom kantonesischen Wort «Chá» stammt.
Das deutsche Wort Wasser hält sich etymologisch dagegen fast strikt an die Sprachgrenzen zwischen dem Germanischen und dem Romanischen. Wasser kommt vom indogermanischen Wort «wódr̥» oder «wédōr», das französische Eau vom lateinischen «Aqua».
Das Wort Mutter geht fast in ganz Europa auf das rekonstruierte indogermanische Stammwort «mātér» zurück. Damit ist Mutter eine grosse Ausnahme. Nur bei den Wörtern Rose und Ananas ist die Etymologie ähnlich einheitlich.
(pre)
Früher sagte man in Zürich auch Anke, die vielen Zugewanderten brachten den Butter 😉 Sprache ist halt dynamisch.