Die Sonne strahlt, es raschelt, eine Eidechse huscht vorbei und verkrümelt sich in einem Spalt. Szenen, welche viele mit Ferien im Tessin oder im Wallis in Verbindung bringen. Doch immer öfter tauchen die Tiere auch nördlich der Alpen auf – vor allem in den Städten. Warum das nicht nur eine gute Nachricht ist, erklärt Andreas Meyer von der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz.
Der Eindruck täuscht nicht, doch Meyer erklärt: «Man muss ein bisschen differenzieren. Wir haben vier Eidechsenarten in der Schweiz. Der Bestand dreier Arten ist rückläufig, einzig der Bestand der Mauereidechse ist stark zunehmend.»
Zur Veranschaulichung zeigt der Reptilienexperte zwei Verbreitungskarten. Eine von 1990, die andere von 2021. Darauf sieht man den Siegeszug der Mauereidechse:
Wie bereits erwähnt, gibt es in der Schweiz vier relevante Eidechsenarten. Es sind dies gemäss Beratungsstelle Reptilien (Karch) die folgenden:
Übrigens: Auf der Seite der Karch findest du mehr Infos zu den Eidechsenarten der Schweiz.
Einerseits war es vor 30 Jahren im Norden noch zu kalt für die Mauereidechse. Wegen der Klimaerwärmung fühlt sie sich nun aber auch in nördlicheren Gefilden immer wohler.
Meyer nennt weitere Gründe für die rasante Zunahme: «Mauereidechsen sind enorm anpassungsfähig, und sie kommen selbst in städtischen Lebensräumen gut zurecht.»
Weil Mauereidechsen gerne auf Zugwagen klettern, gelangen sie oft als blinde Passagiere in die ganze Schweiz. «Sie werden häufig von Ort zu Ort verschleppt, beispielsweise mit Gütertransporten aller Art, oder in Form von Eiern in den Töpfen von Zier- und Nutzpflanzen.»
Zusätzlich sind sie konkurrenzfähiger als etwa die Zauneidechse: «Die Mauereidechse kommt besser mit Hauskatzen zurecht als die anderen Arten. Das liegt unter anderem daran, dass sie gut klettert und sehr flink ist.»
«Grundsätzlich ist das nicht schlecht», sagt Meyer. «Aber es sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es den anderen Eidechsenarten weniger gut geht.»
Weniger gut bedeutet: Zauneidechsen und Smaragdeidechsen gelten in der Schweiz als gefährdete Arten, die Waldeidechse als potenziell gefährdet. Einzig die Mauereidechsen gelten als nicht gefährdet.
Welche Auswirkungen der wachsende Bestand auf die heimische Flora und Fauna hat, ist noch nicht bis ins Detail untersucht. «Was aber Sorgen bereitet: Die Mauereidechse stellt eine Konkurrenz für die Zauneidechse dar», so Meyer. «Wir müssen davon ausgehen, dass mancherorts die Zauneidechse durch die Mauereidechse verdrängt wird.»
Von den Haustieren sind insbesondere Hauskatzen eine Gefahr für Eidechsen aller Art. Das Problem hierbei: Es gibt kaum Möglichkeiten, etwas für die Reptilien zu tun. «Ein Glöggli funktioniert nicht bei Reptilien.»
Aber: «Man kann das Versteckangebot im Garten verbessern, das kann die Überlebenschancen der Eidechsen erhöhen.» Helfen würde auch, die Katze nicht oder weniger aus dem Haus zu lassen, «aber das ist nicht immer möglich und auch nicht im Sinne der Katze», gibt Meyer zu bedenken.
Der Wissenschaftler fügt an: «Was man sich aber überlegen sollte, wenn einem die heimische Natur am Herzen liegt: Will man unbedingt eine Katze, oder kann man allenfalls darauf verzichten?»
Meyer erklärt: «Im Schwanz von Eidechsen gibt es Sollbruchstellen zwischen den Wirbeln, wo der Schwanz unter Belastung abgeworfen werden kann. Eine Muskelkontraktion verschliesst in diesem Moment die Blutgefässe, damit das Tier nicht verblutet. Aus dieser Wunde wächst innert weniger Monate ein Schwanzregenerat nach, fast gleich lang wie der ursprüngliche Schwanz. Die Beschuppung ist aber etwas anders, und man sieht, dass die Eidechse nicht mehr ihren originalen Schwanz trägt.»
Zu vile Katzen sind nicht nur schädlich für die Mikrosysteme in Gärten, sondern kann gerade an Waldgebieten auch einen Impact auf die Wildkatzen Population haben.