Üblicherweise mieden die Römer die hohen Berge der Alpen, die sie «terra maledicta», also «verfluchte Erde» nannten. Die von feindseligen, barbarischen Völkern bewohnten unbarmherzigen Landschaften der Alpen schienen den Römern eine Welt weit abseits der ihnen vertrauten bestellten Felder und städtischen Zentren. Nach dem Rückzug der Römer aus dem Gebiet der heutigen Schweiz besiedelten die Alemannen das Mittelland, während sich die Burgunder im fünften Jahrhundert im Wallis niederliessen.
Im siebten und achten Jahrhundert stiessen die Alemannen ins Oberwallis vor und gelangten im neunten Jahrhundert bis in die Umgebung von Goms. Im zehnten Jahrhundert verhinderten die Einmärsche der Ungarn und Araber kurzzeitig die Migration vom Berner Oberland ins obere Rhônetal, doch um 1000 waren die Umstände für die weitere Besiedlung und ein verstärktes Bevölkerungswachstum günstig. Der transalpine Handel nahm langsam zu. Dies stimulierte das Wachstum neuer Städte und Dörfer in der Nähe wichtiger Bergpässe. Wegzollstationen, Unterkünfte und Transportdienste entstanden entlang der alten römischen Strassen und Pässe und rasch wurden weitere Wege erschlossen.
Grosse Bauernfamilien im oberen Rhônetal begannen, kleine Kuh- und Ziegenherden sowie anderes Vieh auf der Suche nach frischen Weideflächen in die höheren Lagen des heutigen Oberwallis zu führen. Viele Bauern im Mittelalter besassen bereits «Alpen» oder Weideflächen im Hochgebirge, wo sie ihre Tiere im Sommer grasen liessen. Sie waren die erheblichen Gefahren wie Lawinen, Bären und Wölfe sowie plötzliches Schlechtwetter gewohnt und bewirtschafteten das Hochgebirge bis 1600 Meter.
Die Walser wanderten in alle Richtungen aus und errichteten Bauernhöfe und kleine Siedlungen, die über ein etwa 350 Kilometer langes Gebiet vom heutigen Frankreich über Italien, die Schweiz, Liechtenstein, Österreich bis Deutschland verteilt waren. Es wird angenommen, dass die Walser zwischen 1150 und 1450 etwa 150 Ortschaften besiedelt oder gegründet haben. Obwohl die Auswanderung der Walser historische Parallelen und Ähnlichkeiten mit der fast zeitgleich stattfindenden Ostsiedlung der Deutschen nach Osteuropa aufweist, sind die Gründe für die Walser Migration noch immer Gegenstand intensiver Spekulation, Debatten und Forschungen.
Zwei Faktoren, die wahrscheinlich zur Migration beigetragen haben dürften, waren die Überbevölkerung des oberen Rhonetals und das Ende der mittelalterlichen Warmzeit (um 800–1300). Auch der landwirtschaftliche und ökonomische Druck spielte eine Rolle. Das schnelle Wachstum der städtischen Zentren in Norditalien und im Schweizer Mittelland nach 1100 veränderte die landwirtschaftliche Produktion der Alpen grundlegend. Fleisch, Milch und frischer Käse von Schweizer Bauern aus den Alpen und Voralpen wurde in den noch jungen Städten und Orten immer gefragter.
Um der steigenden Nachfrage nachzukommen, brauchten die Bauern nicht nur mehr Tiere, sondern auch neues Land. Da die Walser bereits eine Art an das Hochgebirge angepasste, bedarfsdeckende Wirtschaft entwickelt hatten und der Wettstreit um genügend Platz immer härter wurde, suchten sie ihr Glück woanders.
Auch kirchliche Streitigkeiten um Land und blutige feudale Fehden zwangen die Walser zum Weggang. Im Hochmittelalter verkauften Feudalherren im Berner Oberland die Bewohner des Lötschentals als Leibeigene an das Kloster Interlaken. Andererseits jedoch hiessen viele Feudalherren und Vertreter der geistlichen Elite die Walser willkommen, als sie unbesiedelte Landstriche etwa in Davos, Langwies und Safien für sich beanspruchten. Feudale Urkunden und andere mittelalterliche Dokumente belegen, dass die Walser im Graubündner Rheinwald bereits Ende der 1200er-Jahre Rechte zugesprochen bekommen hatten.
Die daraus folgende Bevölkerungszunahme sowie die Standhaftigkeit der Walser gab den Feudalherren im Rheinwald ein grösseres Sicherheitsgefühl. Gleichzeitig waren die Walser selbst sehr bestrebt, ihr Leben unabhängig von ihren Nachbarn zu gestalten. Durch das Walserrecht (feudales Kolonistenrecht) erhielten die Walser Land im Austausch für moderate Zinszahlungen und die Verpflichtung zum Militärdienst. In Davos erhielten die Walser zusätzlich zur vollen persönlichen Bewegungsfreiheit sogar das Recht auf eigene Rechtsorgane.
Die Walser waren so geschickt darin, sich selber zu verwalten, dass die Walsergerichte in der Schweiz erst 1805 aufgelöst wurden. Schriftliche Aufzeichnungen belegen, dass die Walser während der Zeit der Drei Bünde wichtige militärische und politische Positionen innehatten, und einige Forschende gehen davon aus, dass die Walser daher eine entscheidende Rolle beim Aufbau demokratischer Institutionen in der Region spielten.
Die Walser, die nach Süden in Richtung Italien wanderten, wurden von den Adeligen gerne in den Dienst genommen, um Gebirgswege und Weideland zu verteidigen. Im Val Formazza erhielten sie nicht nur die Rechte für die Besiedlung und die Bewirtschaftung des Landes, sondern auch Freibriefe für die Waldrodung. Später erfüllten die Walser die wichtige Funktion von saisonalen Arbeitern. Die Walser, die entlang der Rhone in den Westen in Städte wie Raron und Saillon auswanderten, griffen zu den Waffen, um die Macht des Fürstbischofs von Sitten und der dortigen Feudalherren zu schmälern.
Entgegen der landläufigen Meinung zeichnet sich die Walser Architektur durch Vielfalt und Abwechslung aus. Je nach Topografie des Geländes und verfügbaren Rohstoffen bauten die Walser ihre Häuser, Scheunen, Ställe und Kirchen aus Holz oder Steinen. Als Basis dienten Holz- oder Steinbohlen. Der Grund dafür war zum einen der Schutz vor Banditen, zum anderen der Schutz ihres Viehs vor wilden Tieren und Stürmen.
Beim Hausbau mit Holz verwendeten die Walser die Blockbauweise, wobei typischerweise Lärchenstämme ineinander gefügt wurden. Der wichtigste Raum eines traditionellen Walserhauses war die Küche oder die «Feuerstätte». Hier entzündeten die Walser das Feuer, kochten ihre Mahlzeiten und machten Käse oder andere Milchprodukte. Zusätzlich diente die Küche als Raum, in dem die Walser Nachbarn oder Besucher empfingen. Dank der steilen Dächer waren die Walserhäuser vor der Einsturzgefahr durch schwere Schneemassen geschützt und das so dringend benötigte Feuerholz vor der Tür ermöglichte das Brotbacken in grossen Öfen rund um die Uhr.
In robusten Schuppen und Scheunen aus Lärchenholz wurde Heu gelagert, um die Tiere über die langen Winter zu versorgen. In den meisten Walser Siedlungen gab es kleine Schulen mit oftmals nur einem Raum oder auch sehr kleine Betriebe zur Käseherstellung, sogenannte Sennereien. Der wohl einzigartigste Aspekt der Walser Architektur ist der des «Seelenfensters». Dabei handelte es sich angeblich um eine Öffnung über einem Fenster des Hauses, durch welche die Seele eines Verstorbenen in Frieden nach draussen und in den Himmel gelangen konnte.
Die Sprache ist das charakteristischste Merkmal der Walser Kulturidentität. Rund 10’000 Menschen sprechen noch immer Walser Dialekte mit ihren vielen Sprichwörtern und bunten Redensarten. Das Walserdeutsch unterscheidet sich deutlich in der Aussprache und Grammatik von anderen alemannischen Dialekten. Ein verbreitetes Merkmal des Walserdeutsch ist die Aussprache des germanischen «s» als «sch».
Es gilt zu bedenken, dass die Auswanderung der Walser die Rätoromanisch-sprechenden Gemeinschaften der heutigen Ostschweiz und des heutigen Norditalien stark beeinflusste. Aufgrund der Walser Migration wurden die rätoromanischen Gemeinschaften dermassen getrennt und isoliert, dass schon bald nach der Ankunft der Walser neue rätoromanische Dialekte entstanden. Die Selbstständigkeit der Gemeinden sorgte dafür, dass die Walser und die rätoromanischen Gemeinschaften über hunderte Jahre in unmittelbarer Nähe nebeneinander leben konnten. Obwohl die Walser in einzigartigen kulturellen Nischen in den rätoromanischen und alemannischen Regionen lebten, ergab sich durch die Heirat mit Einheimischen eine Anpassung und schliesslich das Verschwinden vieler Walser Gemeinschaften in der Frühneuzeit.
Ähnlich erging es den Walsern im Berner Oberland und in Savoyen. Die Entbehrungen des Lebens in den höchsten Höhen und der gesellschaftliche Wandel durch die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert liessen die kulturelle Identität der Walser weiter erodieren. Nichtsdestotrotz haben Schweizer Dichter, Philosophen und andere Künstler den unabhängigen Geist der Walser und ihre darauf basierende Fähigkeit, in völliger Abgeschiedenheit im Einklang mit der Natur zu leben, noch lange gepriesen. Das 1729 von Albrecht von Haller geschriebene Gedicht «Die Alpen» ist eine Lobrede auf das Landleben und viele der Denker der Aufklärung, wie beispielsweise Jean-Jacques Rousseau, bewunderten die wilde Selbstbestimmtheit der Walser und ihr freies Leben abseits der Exzesse einer entarteten Stadtbevölkerung.
So wurde Walserdeutsch in Oberitalien vor hundert Jahren gesprochen: «Die lustige Fasnacht», erzählt von Gaspare Pala, Landwirt und Bergführer aus Macugnaga (Piemont), 1929.
walsermuseum.ch
Jedenfalls, vermutlich sind auch einige meiner Vorfahren Walser, da meine Familie aus dem Prättigau stammt.
Ironischerweise wechselte die Sprache der Familie in meiner Generation von Deutsch zu Romanisch, während es historisch gesehen ja eher umgekehrt war... Und zu allem Überfluss wohne ich nun im Wallis und wundere mich, wieso alle immer jammern, dass sie die Walliser so schlecht verständen.
Wir wurden von den Menschen dort herzlich empfangen und in die einzige Beiz eingeladen.
Wenn die unter sich sprachen, verstand ich kein Wort. Wenn sie sich mühe gaben für mich verständlich zu sprechen, dann ging es.