So kennen wir das legendäre Finalspiel der Fussball-WM 1954 im Berner Wankdorf-Stadion, als Deutschland den haushohen Favoriten Ungarn mit 3:2 schlug: Wackelige Schwarzweissbilder und Herbert Zimmermanns euphorisiert-heisere Stimme.
Von der berühmten Partie existiert keine vollständige Filmaufzeichnung und Farbfotografien sind auch keine bekannt, obwohl beides technisch kein Problem gewesen wäre – ein Makel, der die Legende vom «Wunder von Bern» vielleicht zusätzlich befördert. Dennoch: Die 60'000 Zuschauer sahen das Spiel selbstverständlich in Farbe, nicht schwarzweiss. Wie mag das ausgesehen haben?
Was für eine Steilvorlage für eine Kolorierung!
Eine der besten Fotografien des Spiels befindet sich im Besitz von Hans Schlüper, Kurator des «Museums der in der Nähe von Nürnberg. Sie zeigt den deutschen Torhüter Toni Turek, wie er in den Anfangsminuten au seinem Kasten stürmt. Im Zentrum thront der Westturm mit seiner ikonischen Stadionuhr. Die Aufnahme ist im Gegensatz zu vielen anderen gut aufgelöst und eignet sich deshalb zur Kolorierung – mit Erlaubnis von Bildinhaber Hans Schlüper. Weltmeisterschaft 1954»
Die Grundfarben sind bekannt: Der Himmel an jenem 4. Juli 1954 war verregnet-grau, der Rasen nass-grün, Deutschland spielte in Weiss, Ungarn in Rot. Etwas kniffliger erwies sich der mit Werbung vollgepackte Westturm. OK, Toblerone ist rot. Aber die historischen Farben von Continental, Dar Vida und Longines mussten anhand von Hilfsbildern ermittelt werden.
Auch bei der Einfärbung der Stadionuhr lauerte ein Fallstrick. Sie wurde 2001 beim Abbruch des Wankdorf zwar erhalten, von Longines restauriert und steht heute als Denkmal vor dem Stade de Suisse. Aber 1954 sah sie etwas anders aus: Das Zifferblatt wurde 1972 Jahre neu gestrichen und bekam einen blauen Rahmen. Eine Farbaufnahme des Cupfinals 1968 lässt erahnen, dass sie zum Zeitpunkt des Wunder von Bern etwas schlichter daherkam.
Hans Schlüper zeigt sich über das Resultat begeistert: «Das Farbfoto ist wunderschön geworden», sagt der Museumskurator gegenüber watson. Sein Wort hat Gewicht, denn es gibt vermutlich keinen Zweiten, der über das Wunder von Bern so gut Bescheid weiss. Er überlegt sich nun, weitere Fotografien für seine Ausstellung kolorieren zu lassen.