Es sind spektakuläre Bilder, die der Fotograf Eric Bachmann im Sommer 1962 auf dem Zürichsee aufnimmt: Sie zeigen die Wasserskifahrerin Alice Baumann beim Training für die bevorstehenden Europameisterschaften. Ob dynamisch in der Kurve, im Sprung in der Luft oder an nur einem Bein gezogen: Es wird klar, dass hier eine Spitzensportlerin am Werk ist. Alice Baumann ist damals bereits mehrfache Schweizermeisterin im Wasserski.
Obwohl sie an der EM jenes Jahres keinen Spitzenplatz belegen sollte, wurde sie später Europameisterin und zweifache Bronzemedaillengewinnerin an den Weltmeisterschaften von 1963. Ein Jahr später gewann sie sogar als erste Ausländerin überhaupt das «All Star Open» in San Diego. Ein grosser Erfolg, ist doch das Wasserskifahren damals wie heute von Fahrerinnen und Fahrern aus den Vereinigten Staaten dominiert.
Alice Baumann ist Mitglied des Wasserski-Clubs Cham. 1947 gegründet, gehört er zu den ältesten Wasserski-Clubs der Schweiz und ist einer der erfolgreichsten. «Der glänzendste Stern unter unseren Wettkämpfern» sei Alice Baumann gewesen, heisst es in einem Bericht des WS Cham, der dem Fotodossier von Eric Bachmann beiliegt. Alice Baumann ist allerdings nicht die einzige Wasserski-Sportlerin, die es zu internationalem Ruhm brachte. Die Genferin Marina Doria gewann 1955 und 1975 vier Weltmeistertitel. Später heiratete sie den italienischen Prinzen Viktor Emanuel von Savoyen und durfte sich Prinzessin von Neapel nennen.
Für die Illustrierten und Tourismuswerbungen jener Zeit verkörperten Athletinnen wie Marina Doria und Alice Baumann perfekt das Bild der nixenhaften Sportlerinnen, die ohne scheinbare Mühe über das Wasser gleiten. Wasserski war demnach in den späten 1950er- und den 1960er-Jahren nicht nur eine beliebte Breitensportart, sondern bot auch Frauen die Gelegenheit, sich auf hohem Niveau sportlich zu messen.
Die Ursprünge des Sports liegen etwas mehr als 100 Jahre zurück in den USA. Als Erfinder des Wasserskis gilt der Amerikaner Ralph Samuelson. 1922 gelang ihm in Lake City, Minnesota, auf selbst gezimmerten Wasserskis der erste Ritt auf der Oberfläche des Lake Pepin. Nach einigen Stürzen und Fehlversuchen verbesserte Samuelson seine Technik und bot sogar Shows vor Publikum an. Darin zeigte er Weitsprünge über eine Schanze und bretterte, gezogen von einem Wasserflugzeug, mit 130 km/h über das Wasser.
Seine Erfindung liess er nie patentieren und gab den Sport nach einer Verletzung auf, doch sein Heimatort gilt noch heute als «Geburtsort des Wasserskis». Bei der internationalen Entwicklung der Sportart spielte auch die Schweiz eine Rolle: Der Internationale Wasserski Verband wurde 1946 in Genf gegründet mit dem Schweizer André Coutau als Präsident.
Zurück auf den Zürichsee: In der Blütezeit des Wasserskis in den 1960er- und 1970er-Jahren entstanden immer mehr Wasserskiclubs, Hotels boten den Sport ihren Gästen als Zeitvertrieb an und auf den Schweizer Seen waren Wasserskiakrobatinnen und –akrobaten ein gewohntes Bild, auch auf dem Zürichsee. Heute sind die klassischen Wasserski weniger zu sehen. Wer Zugang zu einem Motorboot hat, kann zwischen Wasserski, Wakeboarding oder Wakesurfing wählen.
Entscheidend für das Verschwinden der Wasserski ist aber wohl die Vielfalt des Angebots für das Vergnügen auf dem Wasser ohne Motorboot: Kitesurfing, Stand-Up-Paddeling, Rafting, Rudern oder der letzte Schrei: Hydrofoil Surf, bei dem man auf einem Brett mit Tragflügel über das Wasser gleitet.