Klar doch: Der Blauwal ist der Grösste. Schliesslich kann der riesige Meeressäuger bis zu 33 Meter lang werden und ein Gewicht von 200 Tonnen erreichen. Allein sein Herz wiegt im Schnitt zwischen 600 und 1000 Kilogramm und könnte mehreren Menschen gleichzeitig Platz bieten. Und der Wal ist nicht nur der grösste, er hat auch den Grössten: 4 Meter misst der Blauwal-Penis im Schnitt.
Nur – es ist leider nicht so einfach. Kürzlich konnte man nämlich lesen, dass ein internationales Forscherteam um György Sipos von der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) das Erbgut von vier Hallimasch-Arten entschlüsselt hat. Dabei erfuhr man beiläufig, ein Dunkler Hallimasch (Armillaria ostoyae) im Nationalpark sei der grösste Pilz der Schweiz – ja, sogar ganz Europas.
Der 2004 entdeckte Gigant, der ein Baumkiller erster Güte ist, hat eine Fläche von 35 Hektaren. Das sind rund 50 Fussballfelder. Der grösste Teil des über 1000 Jahre alten Pilzes besteht aus einem unterirdischen Netzwerk von Pilzfadensträngen (Rhizomorphen). Dieses Netzwerk, das Myzel, ist der eigentliche Pilz. Die sichtbaren Fruchtkörper, die unsere Vorstellung von «Pilz» nachhaltig prägen, sind da nicht mehr als Garnitur.
Und der Schweizer Hallimasch – der Name stammt angeblich von «Heil im Arsch», wegen der abführenden Wirkung des Pilzes, wenn er roh verspeist wird – ist noch nicht einmal der grösste seiner Art. Im US-Bundesstaat Oregon existiert ein 2400 Jahre altes Exemplar, das 544 Tonnen wiegt und dessen Netzwerk 1000 Hektaren umfasst. Wenn nicht dieser Pilz mit Fug den Titel «grösster Organismus der Welt» für sich beanspruchen darf, wer denn sonst?
Nun, vielleicht Pando. Pando – das lateinische Wort bedeutet «ich breite mich aus» – sieht aus wie ein Wald, aber alle Bäume darin sind genetisch identische Klone, die von einer einzigen Amerikanischen Zitterpappel abstammen und über Rhizome im Boden miteinander verbunden sind. Wenn ein einzelner Baumstamm abstirbt, lebt der Organismus als Ganzes weiter. Wie alt er ist, kann nicht exakt bestimmt werden – es sind mindestens 80'000, vielleicht aber bis zu einer Million Jahre.
Zwar nimmt Pando, der im US-Bundesstaat Utah steht, bei weitem keine so grosse Fläche ein wie der Riesen-Hallimasch in Oregon, aber seine 43,6 Hektar sind immer noch beachtlich. Und er ist nicht nur das vermutlich älteste Lebewesen auf dem Planeten, sondern auch das schwerste: Seine rund 47'000 Baumstämme bringen zusammen geschätzte 6600 Tonnen auf die Waage.
Werden wir wieder bescheidener und kehren zurück zu klar umgrenzten individuellen Lebewesen – ohne Netzwerke und Klonkolonien. Doch selbst hier treffen wir den Blauwal nicht in der Spitzenposition an. Grösser als das grösste Tier sind die Riesenmammutbäume (Sequoiadendron giganteum). Diese gewaltigen Koniferen wachsen an an den Westhängen der Sierra Nevada in Kalifornien.
Ihre Wipfel erreichen Höhen von maximal 95 Metern; sie werden nicht ganz so hoch wie ihre Verwandten, die Küstenmammutbäume. Dafür ist ihr Stammdurchmesser grösser – er kann bis zu 17 Meter betragen. Diese Bäume sind daher voluminöser und massereicher als alle anderen nicht-klonalen Organismen. Das grösste noch lebende Exemplar und zugleich der grösste lebende Baum ist mit einem Stammvolumen von 1486,9 Kubikmetern der General Sherman Tree.
Bei den Tieren sind die Meeressäuger mit Abstand die grössten. Das liegt am Medium, in dem sie leben und sich bewegen: Wasser verleiht viel mehr Auftrieb als Luft – ein Koloss wie der Blauwal würde an Land unter seinem eigenen Gewicht ersticken. Dieser Bartenwal ist übrigens nicht nur das aktuell grösste Tier, er ist auch grösser als alle Tiere der Erdgeschichte. Die grössten Fische – der Walhai als grösster unter ihnen wird um die 13 Meter lang – nehmen sich dagegen deutlich kleiner aus. Selbst der grösste Hai, der je existierte, der längst ausgestorbene Megalodon (Carcharocles megalodon), kam nur auf eine Länge von maximal 20 Metern.
Dies ist ganz anders bei den Landtieren. Der heutige Spitzenreiter, der Afrikanische Elefant, wäre trotz seiner beeindruckenden Grösse schon fast ein Winzling im Vergleich zu den gigantischen Sauropoden, deren Tritt einst den Boden erzittern liess. Während ein Elefantenbulle 5 Tonnen – maximal 7,5 Tonnen – auf die Waage bringt und etwa 3,2 Meter hoch ist, wogen die grössten dieser pflanzenfressenden Dinosaurier über 70 Tonnen und waren mehr als 30 Meter lang.
Von diesen ausgestorbenen Giganten wie dem Argentinosaurus sind allerdings nur Knochenfragmente erhalten. Die vollständiger erhaltenen, bekannteren Arten wie Brachiosaurus, Brontosaurus oder Diplodocus waren im Vergleich zu diesem Riesen etwas kleiner und leichter – aber immer noch viel grösser als jedes landlebende Säugetier, das jemals existierte. Tatsächlich könnten landlebende Tiere schon aus physikalischen Gründen kaum noch grösser werden als diese Urweltechsen.
Es geht noch grösser – jedoch nur, wenn wir den Begriff «Organismus» über Gebühr strapazieren: Grösser als jedes Einzel- Lebewesen, grösser auch als Klonkolonien oder Pilz-Myzelien ist das Great Barrier Reef vor der Nordostküste Australiens. Das Riff ist die grösste Struktur der Erde, die aus lebenden Entitäten besteht. Es handelt sich dabei allerdings um unterschiedliche Arten.
Das 2300 Kilometer lange Riff entstand aus kalkabsondernden Steinkorallen, die nach ihrem Absterben neuen Korallen als Fundament dienten. Es gilt als eines der Weltwunder der Natur, ist aber durch die Klimaerwärmung und die damit verbundene Versauerung der Ozeane bedroht.
Wer den Organismus-Begriff endgültig überdehnen will, kann auch die Erde als Ganzes als lebende Entität betrachten. Esoterisch gepolte Vertreter der Gaia-Hypothese tun genau dies: Sie sehen den Planeten (Gaia ist die Erd-Göttin in der griechischen Mythologie) als eine Art von beseeltem Organismus. Die ursprüngliche Gaia-Hypothese betrachtet dagegen die Biosphäre der Erde als dynamisches System, das sich selbst stabilisiert.
Doch auch wenn das vielleicht ein bisschen Spassbremsig ist: Ich denke es wäre wichtig, auch in einem solchen Artikel festzuhalten, wie massiv das Great Barrier Reef bedroht und bereits ausgebleicht ist. Allein seit 2016 sind 29% aller seichtwasser Korallen abgestorben und es gibt keine Anzeichen, dass es besser wird. Link zu Artikel zu diesem Thema, sind noch weitere daran gehängt: https://www.theguardian.com/environment/2017/nov/04/coral-bleaching-badly-affected-reefs-of-kimberley-study-finds