Wissen
Umwelt

US-Atomtest im Pazifik hinterlassen bleibende Schäden

Atombomben-Test 1946 im Bikini Atoll im Südpazifik.
Die Marshallinseln im Pazifik waren in den 1940er und 1950er Jahren Schauplatz von 67 Atomwaffentests der USA. Hier zu sehen ist der Baker-Test vom 24. Juli 1946.Bild: www.defense.gov

Greenpeace: Bleibende Schäden durch US-Atomtests im Pazifik

22.05.2025, 07:5622.05.2025, 07:56
Mehr «Wissen»

Die Marshallinseln im Pazifik mit rund 50'000 Einwohnern waren in den 1940er und 1950er Jahren Schauplatz von 67 Atomwaffentests der USA. Die verheerenden Auswirkungen dieser Tests auf den Bikini- und Eniwetok-Atollen sind einer im Auftrag von Greenpeace erstellten Studie zufolge noch immer spürbar:

«Noch heute wirken die gesundheitlichen, sozialen und ökologischen Folgen auf den Marshallinseln fort – weit gravierender als von den USA bisher anerkannt.»
Greenpeace

Die Studie wurde vom Institut für Energie- und Umweltforschung (IEER) erstellt und analysiert erstmals umfassend offizielle Dokumente aus US-Militärdaten, wissenschaftlichen Analysen und medizinischen Quellen von 1945 bis heute. Demnach wurden alle bewohnten Atolle in der Region radioaktiv kontaminiert – aber nur drei der 24 heute bewohnten Atolle erhielten medizinische Hilfe.

Rainbow Warrior evakuierte einst Insulaner

Greenpeace gedenkt mit der Studie dem 40. Jahrestag der Evakuierung des zu den Marshallinseln gehörenden Rongelap-Atolls, das etwa auf halbem Weg zwischen Hawaii und Australien liegt. Vor wenigen Wochen sind Mitarbeiter – begleitet von einem Wissenschafts- und Strahlungsteam – in die Region zurückgekehrt. Sechs Wochen lang sammelten sie vor Ort Bodenproben, um die langfristigen ökologischen und radiologischen Daten zu untersuchen.

Im Mai 1985 hatte die Organisation mit ihrem Schiff Rainbow Warrior dabei geholfen, rund 300 Menschen von Rongelap auf eine andere Insel umzusiedeln – nachdem diese im Zuge der Atomtests jahrzehntelang unter gesundheitlichen Problemen wie Tumoren sowie Fehlgeburten und Fehlbildungen bei Neugeborenen gelitten hatten.

Die Bewohner seien ohne ihr Wissen und ihre Zustimmung von den USA zu medizinischen Versuchsobjekten gemacht worden, monierte Greenpeace in einer Mitteilung. «Die Tests auf Rongelap stehen exemplarisch für eine menschenverachtende, imperiale Politik, die Menschenleben bewusst geopfert und pazifische Kulturen ignoriert hat», sagte Thomas Breuer, Leiter des Friedensteams von Greenpeace. Die Betroffenen verdienten endlich Anerkennung, Aufarbeitung und Gerechtigkeit.

Folgen weltweit spürbar

Der Studie zufolge waren die Kernwaffentests zudem nicht nur eine Katastrophe für die Marshallinseln, sondern hatten weltweit Folgen. «Die zumeist oberirdischen Tests auf Bikini und Enewetak gehören zu den stärksten der Geschichte», berichtet Greenpeace. «Die auf den Marshallinseln gezündete Gesamtsprengkraft betrug 108 Megatonnen – das entspricht dem Abwurf einer Hiroshima-Bombe an jedem einzelnen Tag über 20 Jahre.»

Rund ein Viertel der gesamten Strahlenbelastung aus allen oberirdischen Atomtests weltweit gehe auf diese Testreihe zurück. Die Folge seien Schätzungen zufolge rund 100'000 zusätzliche Krebstote – viele davon mit verzögerter Wirkung bis weit ins 21. Jahrhundert hinein. «Diese Atombombentests sind kein abgeschlossenes Kapitel – sie wirken sich bis heute aus», sagte Breuer. Eine gerechte Entschädigung und eine Entschuldigung durch die USA seien längst überfällig. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Grösste Atom-Unfälle der letzten 35 Jahre
1 / 10
Grösste Atom-Unfälle der letzten 35 Jahre
6. April 1993: In der russischen Anlage Tomsk-7 werden durch einen Unfall grosse Mengen radioaktiver Stoffe freigesetzt. Auslöser war die Reinigung eines Reaktions-Gefässes mit Salpetersäure, was zu einer unkontrollierten Kettenreaktion führte.
quelle: globalsecurity.org
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Nuklearkrieg, was bedeutet das eigentlich genau?
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
5 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
5
    Fürstin Gina und das Rote Kreuz
    Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs flohen immer mehr Menschen in die Schweiz und nach Liechtenstein. Sie wurden von Freiwilligen versorgt. Eine der Helferinnen war Fürstin Gina, welche aufgrund dieser Erfahrung das Liechtensteinische Rote Kreuz gründete.

    Liechtenstein war im Zweiten Weltkrieg von kriegerischen Auseinandersetzungen verschont geblieben. Der Flüchtlingsstrom an der Grenze zeigte jedoch, welchen Entbehrungen und Ängsten die Geflüchteten ausgesetzt waren. Das Liechtensteiner Volksblatt war in den letzten Apriltagen 1945 am Grenzübergang zu Österreich und berichtete von den Flüchtlingen: «Was da für Elend über unsere Grenze gezogen kam, ist kaum zu glauben. Wer es nicht selbst gesehen hat, kann sich keinen Begriff davon machen.»

    Zur Story