Wissen
USA

Black-Tom-Explosion: Wie Deutsche fast die Freiheitsstatue sprengten

(Original Caption) They are taking a liberty with Liberty, even in New York. That great landmark of the USA, the Statue of Liberty at the entrance of New York Harbour, is being renovated for the World ...
Blick aus der Fackel der Freiheitsstatue (aufgenommen im September 1938): Heute kann man die Fackel nicht mehr besichtigen.Bild: Corbis Historical / Hulton Deutsch

Wie Deutsche fast die Freiheitsstatue sprengten

Ein Ereignis vor mehr als 100 Jahren schränkt Besucherinnen und Besucher der Freiheitsstatue in New York City noch heute ein. Schuld daran waren Deutsche.
22.10.2023, 12:39
Niclas Staritz / t-online
Mehr «Wissen»
Ein Artikel von
t-online

Gegen 2 Uhr nachts am 30. Juni 1916 erschütterten mehrere Explosionen New York City. In einem Umkreis von 40 Kilometern zersprangen Fensterscheiben. Die Erschütterungen waren bis ins knapp 130 Kilometer entfernte Philadelphia zu spüren und erreichten einen Wert von 5,5 auf der Richter-Skala. Und die Nachwirkungen der Explosion reichen sogar bis heute.

Das Ereignis ging als «Black-Tom-Explosion» in die Geschichte ein, weil die Ursache ein Brand in einem Lager auf Black Tom Island war. Dort waren Waffen und Munition gelagert. Zwar waren die USA zu diesem Zeitpunkt noch nicht aktive Kriegspartei im Ersten Weltkrieg, belieferten allerdings das Vereinigte Königreich, Frankreich und Russland mit Waffen und Munition.

Was steckte hinter der Katastrophe?

Verbindungen nach Deutschland

Zunächst gingen Ermittler von einem Unfall aus. Doch aufgrund der Brisanz der Ware, die bei dem Brand vernichtet wurde, vermutete man schnell einen Anschlag. Die Spuren führten dabei immer wieder nach Deutschland. Trotz einer nicht ganz eindeutigen Beweislage erklärte daher 1939 eine Kommission, dass Deutschland für den Angriff verantwortlich gewesen sei.

Das FBI vermutet den damaligen Botschaftsmitarbeiter Franz von Rintelen als Strippenzieher hinter der Aktion. Dieser habe drei Männer rekrutiert, um eine Waffenlieferung nach England zu verhindern, heisst es.

Der deutsche Lothar Witzke habe dann, laut dem US-Inlandsgeheimdienst, gemeinsam mit dem in die USA eingebürgerten Kurt Jahnke und dem österreichischen Immigranten Michael Kristoff die Tat begangen.

Besuch der Freiheitsstatue bis heute eingeschränkt

Die Explosionen hinterliessen enorme Schäden. Unter anderem gingen fast alle Scheiben am berühmten Times Square zu Bruch. Aber auch die Freiheitsstatue trug Schäden davon. Diese waren so schwer, dass sie Besucher der Statue bis heute einschränken.

Liberty Island, die Insel, auf der die Freiheitsstatue steht, liegt direkt gegenüber von Black Tom Island. (Created with Datawrapper)
Bild: Niclas Staritz / T-Online

Liberty Island, die Insel, auf der die Freiheitsstatue steht, liegt direkt gegenüber von Black Tom Island, die eigentlich eine Halbinsel am Ufer von New Jersey ist. Daher blieb auch das berühmteste Wahrzeichen von New York nicht von der Explosion verschont. Besonders die Fackel der Statue wurde in Mitleidenschaft gezogen. Umherfliegende Teile beschädigten die Flamme und die Aussichtsplattform.

Daher entschied man sich nach der Renovierung, keine Gäste mehr auf die Aussichtsplattform auf der Fackel zu lassen. Obwohl man die Fackel im Jahr 1984 komplett austauschte, besteht diese Regelung bis heute fort. Besuchern bleibt der einmalige Ausblick aus der Fackel vorenthalten. Aber auch eine weitere Regelung, die bis heute besteht, geht auf den 30. Juni 1916 zurück.

Versicherer weigern sich zu zahlen

Denn infolge der Explosion wollten viele Menschen ihre Versicherung nutzen, um Kosten wie die Reparatur zerbrochener Fensterscheiben erstattet zu bekommen. Doch die Versicherer weigerten sich. Sie bezeichneten das Ereignis als eine Kriegshandlung. Diese sei nicht von der Versicherung gedeckt gewesen.

Der Streit konnte erst vor dem obersten US-Gerichtshof geklärt werden. Dieser bestätigte, dass es sich bei den Angriffen um eine Kriegshandlung gehandelt habe und diese nicht von der Versicherung abgedeckt gewesen sei. In der Folge boten Versicherer daher Kriegsrisikoversicherungen an. Diese werden bis heute in den USA verkauft.

Die «Black-Tom-Explosionen» haben also bis heute Einfluss auf das Leben in den Vereinigten Staaten. Und auch als Tourist in New York City spürt man noch die Folgen des Anschlags, der mittlerweile mehr als 100 Jahre zurückliegt.

Insgesamt 1'000 Tonnen Munition, darunter 45'000 Kilogramm TNT, gingen an diesem Tag in die Luft. Sieben Menschen wurden dabei getötet. Die Gesamtschäden beliefen sich Schätzungen zufolge auf 20 Millionen US-Dollar. Das entspricht heute etwa einem Wert zwischen 365 und 440 Millionen US-Dollar. Zwischen 1953 und 1979 leistete Deutschland daher eine Kompensationszahlung in Höhe von 50 Millionen US-Dollar.

Quellen

(t-online/dsc)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Wenn aus Hakenkreuzen Friedensbotschaften werden
1 / 21
Wenn aus Hakenkreuzen Friedensbotschaften werden
Hakenkreuze sind Schandmale. Anstatt die Nase zu rümpfen, kannst du sie aber auch kreativ bekämpfen. Hier einige Beispiele!

Bild: instagram
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Scholz biegt auf rotem Teppich falsch ab – und andere Politiker auf «Abwegen»
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
8 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Peter Vogel
22.10.2023 13:39registriert Juni 2020
Dem Text nach sprengten sie ein Waffenlager in 2 km Entfernung der Freiheitsstatue. Aber ja, fast.
212
Melden
Zum Kommentar
8
Der «kalte Mond» im Dezember – und 12 weitere, spannende (Voll)mond-Fakten
Der nächste Vollmond tritt am Sonntag, 15. Dezember 2024 um 10:00 Uhr ein. Er wird auch der kalte Mond genannt. Wieso das so ist – und was du sonst schon immer über den Voll(mond) wissen wolltest, erfährst du hier.

Der Mond beeinflusst die Erde auf verschiedene Arten, die bekannteste ist sein Einfluss auf die irdischen Gezeiten. Das ist aber noch längst nicht alles: Wusstest du zum Beispiel, dass unsere Tage ohne Mond kürzer wären?

Zur Story