Bereits in der Gruppenphase riss die Vorstellung der Gauchos niemand aus den Sitzen. Gegen Bosnien-Herzegowina legt ein Eigentor von Sead Kolasinac den Grundstein zum 2:1-Erfolg. Bosniens Trainer Safet Susic beklagt fehlendes Glück und sagt trotzig, dass sie sich «gut verkauft haben».
Die zähen Iraner werden durch den Geniestreich von Lionel Messi in der Nachspielzeit erst spät bezwungen, nachdem die Perser zuvor teils hochkarätige Chancen ausliessen.
Der Kommentar von Iran-Trainer Carlos Queiroz: «Wir haben in diesen 90 Minuten mit Argentinien mitgehalten, nur der Schiedsrichter war nicht auf dem gleichen Niveau.»
Nachdem die Argentinier nach dem zweiten Gruppenspiel bereits vorzeitig für die Achtelfinals qualifiziert gewesen sind, können sie auch gegen Nigeria trotz fehlendem Druck nicht auftrumpfen und geben zweimal die Führung aus der Hand, ehe Verteidiger Marcos Rojo den Siegestreffer erzielt.
Auch die Schweizer haderten nach dem Gegentreffer zwei Minuten vor Schluss der Verlängerung mit dem Schicksal. Granit Xhaka meint: «Wir hatten Argentinien 118 Minuten lang ganz gut im Griff, liessen kaum Torchancen zu.» Verteidiger Ricardo Rodriguez pflichtet Xhaka bei: «Wir hätten das Weiterkommen genauso verdient gehabt». Xherdan Shaqiri spricht nach der Rückkehr sogar davon, «klar besser» als die Argentinier gewesen zu sein.
Auch Belgien, das den entscheidenden Treffer von Gonzalo Higuain früh nach acht Minuten einstecken muss, spricht davon, die Gauchos unter Kontrolle gehabt zu haben. Zumindest Trainer Marc Wilmots erklärt nach dem Spiel: «Wenn wir das ganze Spiel betrachten, dann muss man sagen: Wir hatten es immer im Griff. Argentinien wollte nicht mitspielen, sie wollten nur Zeit schinden.» Und weiter: «Heute waren wir weniger gut, weil Argentinien nicht mitspielen wollte.»
Arjen Robben, der im Halbfinal gegen die gut organisierte Defensive der Südamerikaner nur wenige Bälle bekommt und so wenig zu sehen ist wie nie zuvor im Turnier, ist trotzdem nicht beeindruckt von dem Gegner:« Wir hatten es eigentlich mehr verdient.» Mittelfeldspieler Wesley Sneijder bläst ins gleiche Horn: «Ich denke, dass wir doch mehr verdient hatten. Heute gab es nur ein Team, das es auf Penaltys anlegte, das war Argentinien.»
Jetzt wartet also Deutschland im Finale. Die DFB-Elf ist nach dem 7:1-Erfolg gegen Brasilien klarer Favorit, zeigt aber dennoch Demut. Trainer Löw warnt gegenüber bild.de: «Man sollte das Ergebnis nicht zu hoch hängen.»
Die Bundesliga-Legionäre Arjen Robben und Daniel van Buyten sehen das definitiv anders: «Deutschland wird Weltmeister. Das steht für mich fest», sagte der 30-jährige Holländer, «die Argentinier werden keine Chance haben.»
Teamkamerad van Buyten ist bereit, viel Geld zu investieren: «Es ist nicht so schwer, gegen Argentinien zu spielen. Uns hat nur die Erfahrung gefehlt. Spielt Deutschland gegen Argentinien, dann setze ich alles, was ich habe, auf Deutschland. Deutschland würde Argentinien locker schlagen.»
Die Ausgabe 2014 der «Albicelseste» spielt zugegebenermassen nicht spektakulär. Die vielen ungefährlichen Ballstafetten und der tiefe Spielrhythmus erinnern stark an eine «Light-Ausgabe» der in der letzten Dekade so erfolgreichen Spaniern. Entgegen aller Prognosen vor Turnierbeginn, die Torhüter Sergio Romero und die Verteidigung als Achillesferse des Team ausgemacht haben, ist die Defensive bis anhin erstaunlich stabil geblieben.
Javier Mascherano glänzt als Taktgeber im Mittelfeld, und vorne ist Lionel Messi immer für eine Überraschung gut. Die Deutschen tun also sicher gut daran, sich nicht vom Spiel der Argentinier einschläfern zu lassen. Schon viele sind danach jäh aufgewacht und haben sich nachher über den «Sandmann Argentinien» beschwert. Doch dass das «Einschläfern» des Gegners eine erfolgreiche Taktik ist, haben viele Gegner (bis jetzt) noch nicht begriffen. Jogi Löw muss also den geeigneten Wachmacher finden, damit nach dem Final nicht auch er sagen wird: «Eigentlich waren wir besser.»