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ZHAW-Professorin befreit Ukraine-Flüchtlinge von Deutschdiktat

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ZHAW-Professorin befreit Ukraine-Flüchtlinge von Deutschdiktat

Oft werde erwartet, dass alle Menschen, die in der Deutschschweiz lebten, Deutsch lernen sollten, sagt die Winterthurer Professorin Liana Konstantinidou. Dies sei aber nur nötig, wenn diese Sprache für sie relevant sei. Auch Englisch reiche.
20.09.2024, 04:0520.09.2024, 08:30
Bettina Zanni / ch media
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Frau Konstantinidou*, manche Ukrainerinnen und Ukrainer mit Schutzstatus S mühen sich mit der deutschen Sprache ab. Gleichzeitig gibt es Expats, die problemlos mit Englisch durch den Alltag kommen. Wäre dies auch eine Option für Ukrainerinnen und Ukrainer?Es wird oft erwartet, dass alle Menschen, die in der Deutschschweiz leben, Deutsch lernen sollen. Sie sollen aber nur dann Deutsch lernen, wenn die deutsche Sprache für sie relevant ist.

Was heisst das?Wenn sie die deutsche Sprache brauchen, um Probleme im Beruf und im Alltag zu lösen. Wenn sie zum Beispiel beim Arzt oder bei einer Behörde oder in der Schule der Kinder gut mit Englisch zurechtkommen, dann ist die deutsche Sprache für sie nicht relevant und müssen sie diese deshalb auch nicht lernen.

Machen Deutschschweizerinnen und -schweizer einen Fehler, wenn sie mit einer Ukrainerin oder einem Ukrainer Englisch statt Deutsch sprechen?Die Entscheidung, welche Sprache gesprochen wird, sollte man den Kommunikationspartnern überlassen. Es gibt keine richtige und keine falsche Sprache. Die Gesprächspartner sollen diejenige Sprache wählen, welche die Kommunikation erleichtert.

Laut einer Statistik des Bundesamts für Statistik sprechen im Kanton Zürich bereits über 10 Prozent hauptsächlich Englisch, im Kanton Zug sind es sogar fast 15 Prozent. Wäre es deshalb nicht umso wichtiger, dass Menschen aus dem Ausland Deutsch sprechen?Das Sprachenlernen soll nie und für jemanden eine Pflicht sein. Wir wissen aus der Forschung, dass Migrantinnen und Migranten gerne die lokale Sprache lernen, wenn diese für sie relevant ist. Es müssen nur die richtigen Bedingungen geschaffen werden.

Welche sind das?Dazu gehören gute Sprachkursangebote, gegebenenfalls mit Kinderbetreuung und Gelegenheiten des Austausches mit der einheimischen Gesellschaft. So macht das Sprachenlernen Sinn und sogar Freude. Es ist deshalb wichtig, dass Migrantinnen und Migranten nicht gezwungen werden, die Sprache zu lernen, sondern dass sie den Sinn dahinter sehen. Wie bereits gesagt, die Motivation ist bei den Migrantinnen und Migranten da. Sie wollen die lokale Sprache lernen, nicht nur, um den Alltag zu bewältigen, sondern auch, um am Diskurs der Aufnahmegesellschaft teilzunehmen. So verstehen sie die Aufnahmegesellschaft besser.

Was antworte Sie Leuten, die sich über englische Menükarten und englisch sprechendes Personal in Zürcher Restaurants aufregen?Es ist ein Fakt, dass Englisch im Alltag immer mehr eingesetzt wird und Sprachen gemischt werden. Das ist eine normale Entwicklung in einer globalisierten, mehrsprachigen und multikulturellen Gesellschaft.

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