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Warum die mächtige Gesundheitslobby im Bundeshaus ein Problem ist

Eine Auswertung der Sonntagszeitung zeigt, dass 90 Parlamentarierinnen und Parlamentarier ihren Teil dazu beitragen, dass die Krankenkassen-Prämien stetig steigen. Quer durch die Parteien sind sie ver ...
Eine Auswertung der Sonntagszeitung zeigt, dass 90 Parlamentarierinnen und Parlamentarier ihren Teil dazu beitragen, dass die Krankenkassen-Prämien stetig steigen. Quer durch die Parteien sind sie verbandelt mit Spitälern, Ärzten oder der Pharmaindustrie.

Warum die mächtige Gesundheitslobby im Bundeshaus ein Problem ist

Die steigenden Gesundheitskosten sind eine der grössten Sorgen der Schweizerinnen und Schweizer. Ideen zur Entlastung gibt es, doch die haben es in der Politik oftmals schwer. Gleichzeitig ist wohl kaum eine Branche so gut in Bern vernetzt, wie das Gesundheitswesen.
01.10.2023, 08:1901.10.2023, 17:07
Oliver Schneider / ch media

Insgesamt 113 mit der Gesundheitsbranche verbandelte Personen gehen während der Sessionen im Bundeshaus ein und aus. Neben 23 vollamtlichen Lobbyisten gehören dazu auch 90 gewählte Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Jeder dritte Abgeordnete ist demnach auch Gesundheitslobbyist. Zusammen üben sie insgesamt 200 Mandate aus. Mehr als die Hälfte davon sind bezahlt.

Dieser Lobbyismus ist ein Problem, wie eine Auswertung der «Sonntagszeitung» zeigt. Im Gesundheitsbereich habe die Interessenbindung bedenkliche Ausmasse erreicht und Reformen blockiert, heisst es darin. In den letzten Jahren seien immer wieder Vorlagen bachab gegangen, die das Potenzial zur Kostensenkung im Gesundheitswesen hatten. Etwa billigere Medikamente durch ein Referenzpreissystem, Hausärzte als erste Anlaufstelle oder die Vereinfachung der Parallelimporte für Arzneimittel.

Gesundheitsbranche hat, was den Prämienzahlern fehlt

Kommt hinzu: Im Bundeshaus gibt es weitaus mehr Lobbyisten für Ärzte, Spitäler oder die Pharmaindustrie, als Vertreter der Prämienzahlerinnen und Prämienzahler. 21 Parlamentarier üben gemäss der Auswertung ein Mandat für eine Ärzteorganisation aus, 27 setzen sich für die Interessen der Spitäler ein, 12 vertreten die Pharmabranche. Dazu kommen 21 Parlamentarier mit Mandaten für Heime und Spitex. Sie kommen aus allen Parteien und hätten wenig Interesse an tiefen Gesundheitskosten.

Die Prämienzahler hingegen haben im Parlament kaum eine Lobby. Die Krankenkassen mit insgesamt 16 Vertretern im Parlament gebaren sich zwar als Kämpfer gegen steigende Gesundheitskosten. Doch unumstritten sind die Krankenkassen nicht. Wegen zu hoher Verwaltungskosten und unnötiger Werbung seien sie mitverantwortlich für die steigenden Prämien, monieren viele Kritiker.

Neuer Vorstoss will für mehr Transparenz sorgen

Wie viel die Gesundheitslobbyisten mit ihrer Interessenarbeit verdienen, ist kaum bekannt. Es gibt keine Kontrollinstanz, die das Lobbying überwacht. Interessenbindungen müssen selbst deklariert werden. Es gab in der Vergangenheit immer wieder Abgeordnete, die angeblich vergessen hatten, ihre Mandate auszuweisen. Diese Intransparenz kritisiert Transparency International seit längerem.

Immer wieder gibt es deshalb Bestrebungen, die Lobby an die Leine zu nehmen. Die Vorstösse fanden allerdings nie eine Mehrheit. Der jüngste Anlauf stammt von der grünen Ständerätin Lisa Mazzone. Sie fordert, dass bezahlte Mandate transparenter ausgewiesen werden müssen. Der Vorschlag lautet, dass wenigstens eine gewisse Spannbreite der jährlichen Entschädigungen offengelegt werden muss.

(osc)

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