Claudio Pizzarro, Toni Kroos, Mario Mandzukic, Mario Gomez, Xherdan Shaqiri, Bastian Schweinsteiger: Am 25. Juni 2013 steht Pep Guardiola in der Bayern-Kabine stolz vor den Wandporträts seiner Schützlinge – es ist der Tag des Amtsantritts des Katalanen. Der Trainer ist bis heute geblieben, die sechs Spieler auf den Fotos im Hintergrund sind gegangen. Sogar der Spind von Identifikationsfigur Bastian Schweinsteiger ist seit einigen Tagen leer.
Beim deutschen Rekordmeister findet momentan ein Umbruch statt, und das bringt manch ein Bayern-Fan auf die Palme. «Identifikationsfiguren kann man nicht einfach so auf dem Transfermarkt kaufen», so der Tenor.
Was die Fans damit meinen, ist klar: In der Saison 2013/2014 wurde das Bayern-Mittelfeld noch von Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos orchestriert, in der kommenden Saison werden auf dieser Position voraussichtlich Xabi Alonso, Thiago Alcantara und Javi Martinez das Sagen haben. In der Münchner Schaltzentrale spricht man nicht mehr Deutsch, sondern Spanisch. Aus «Mia san mia» wird «Nosotros somos nosotros».
Ihr zerstört unsere Identität-Spruchband beim #FCBayern #München nach #Schweinsteiger Wechsel: http://t.co/rH7O5owtFX pic.twitter.com/dXM4xDggaK
— Faszination Fankurve (@FasziFankurve) 13. Juli 2015
Freude daran hat der Bayern-Anhang wenig: An der Teampräsentation am vergangenen Wochenende wurde die Verkündung des Schweinsteiger-Transfers mit einem gellenden Pfeifkonzert goutiert. «Leider ist auch bei jeder Identifikationsfigur die Karriere irgendwann zu Ende», sagte Karl Heinz Rummenigge über das Mikrofon der Allianz Arena.
Buhrufe und Pfiffe für #Rummenigge bei der Saisoneröffnung. #Schweinsteiger Wechsel wird hier negativ aufgenommen #FCBday1
— Heike Gallery (@HeikeGallery) 11. Juli 2015
Pep Guardiola hat im Nu Deutsch gelernt, in seiner ersten Saison das Double geholt und wurde auch in der vergangenen Spielzeit wieder Deutscher Meister. Trotz Sommerhitze weht dem Katalanen dieser Tage aber ein eisiger Wind entgegen. Mit dem zweimaligen Verpassen des Champions-League-Titels hat die Kritik der Fans wenig zu tun. Erfolg ist bei Bayern zwar wichtig, aber nicht um jeden Preis.
Die Bayern-Fans sind stolz darauf, den europäischen Topteams die Stange halten zu können, ohne dabei massenweise Personal aus dem Ausland einkaufen zu müssen. Wenn schon Einkaufstour, dann meistens nur innerhalb der heimischen Bundesliga.
Doch das Trio um Vorstandschef Karl Heinz Rummenigge, Sportvorstand Matthias Sammer und Coach Pep Guardiola scheint nun einen anderen Weg einzuschlagen. Nur zwölf der aktuell 27 Spieler im Bayern-Kader sind Deutsche, wovon lediglich Manuel Neuer, Philipp Lahm und Jérôme Boateng wohl eine Stammplatzgarantie haben.
Statt eine Dynastie um Weltmeister wie Mario Götze, Thomas Müller, Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos aufzubauen, holt sich Pep Guardiola lieber Spieler wie den brasilianischen 30-Millionen-Mann Douglas Costa an Bord.
Pep Guardiolas Vertrag bei Bayern München läuft bis nächsten Sommer. Die Zeichen stehen seit dem vorzeitigen Pokal- und Champions-League-Aus von diesem Frühjahr stark auf Abschied. Doch eine Saison bleibt dem Katalanen noch, um mit einem Sieg in der Königsklasse dennoch in die Annalen der Münchner Klubgeschichte einzugehen.
Für dieses Ziel geht er über Leichen. Wenn es sein muss, wird sogar der Teamarzt suspendiert. Dass die Identität so verloren geht, wird stillschweigend akzeptiert. In der Abwesenheit von Uli Hoeness – und das ist angesichts der Unzufriedenheit der Fans etwas heiss – heisst es zurzeit auch bei den Bayern: Erfolg um jeden Preis.