Bild: ABDALRHMAN ISMAIL/REUTERS
In Syrien nichts Neues. Aber dieser Bericht aus Aleppo ist herzzerreissend
«Medecins sans Frontières beklagen Angriffe auf Spitäler in Aleppo» oder «MSF warnt vor Not in belagerter syrischer Stadt», «250'000 Menschen in Aleppo eingeschlossen» oder aber «Hilfsorganisation fordert Ende von Beschuss in Aleppo»: Hand aufs Herz, wer liest nach solchen Schlagzeilen über die Lage in Syrien noch weiter nach fünf Jahren Bürgerkrieg im Land?
Die Hilfsorganisation Medecins sans Frontières (MSF) hat am Donnerstag eine Mitteilung veröffentlicht, die sich mit all diesen Schlagzeilen überschreiben liesse:
Update: #Syria #Aleppo 250,000 people are trapped, under attack, & struggling to survive https://t.co/R9uo7eLmY7 pic.twitter.com/5RlPSD4kRo
— MSF International (@MSF) 28. Juli 2016
So meldet die Hilfsorganisation etwa:
- Die Kämpfe in Aleppo haben sich in den letzten drei Wochen intensiviert.
- Die seit langem leidende Zivilbevölkerung trägt die Last der Zerstörung.
- Anhaltende Luftangriffe treffen den Osten der Stadt, auch der Westen ist unter Beschuss, viele Tote und Verletzte sind zu beklagen.
- Wegen der Belagerung sind in Ost-Aleppo rund 250'000 Menschen eingeschlossen. Sie kämpfen ums Überleben. Die einzige Strasse in nicht von der Regierung gehaltenes Gebiet ist abgeschnitten.
- Die Menschen können das Kriegsgebiet nicht verlassen, Nahrung und medizinische Versorgung können sie nicht erreichen.
- Spitäler beklagen Angriffe und fehlenden Nachschub.
Wer bis hier gelesen hat, dürfte das eine oder andere Déjà-vu erlebt haben. «Alleine in dieser Woche», schreibt MSF weiter, wurden vier Spitäler bei Bombenangriffen beschädigt. Auch das gab es in dem Konflikt bereits zu oft.
Gleichzeitig beschossen
Eines dieser Spitäler, das auf allgemeine und Gefässchirurgie spezialisiert ist, war schon vor einem Monat getroffen worden und musste den Betrieb einstellen. MSF unterstützte den behelfsmässigen Wiederaufbau der Einrichtung, welche vor zwei Wochen wieder öffnen konnte. Doch was dann am letzten Samstag in Aleppo passierte, deutet an, in welcher Verzweiflung sich Bevölkerung und Hilfskräfte wiederfinden:
«Am 23. Juli, nur Tage später, wurde das Spital durch einen Luftangriff auf ein benachbartes Gebäude erneut getroffen. Das Personal begann damit, Patienten in ein anderes Spital zu überführen, welches kurz darauf ebenfalls getroffen wurde. Während der ersten Minuten des Chaos' wiesen sich die beiden Spitäler gegenseitig Patienten zu, während sie gleichzeitig beschossen wurden.»
Bild: ABDALRHMAN ISMAIL/REUTERS
Pablo Marco von MSF berichtet von steigenden Opferzahlen. Eines der Spitäler habe in den letzten Monaten bis zu 50 Verwundete täglich aufgenommen, bevor es getroffen wurde und schliessen musste. «Wohin werden diese Menschen jetzt gehen?»
Aleppo ist seit Monaten heftig umkämpft. Vor Beginn des Krieges vor fünf Jahren war es die grösste Stadt des Landes. Sie ist seit 2012 zwischen Armee und Rebellen geteilt. Seit 17. Juli werden die von Rebellen beherrschten östlichen Stadtteile von der Regierungsarmee belagert.
Zuletzt gelang es der Armee nach eigenen Angaben, alle Versorgungsrouten der Aufständischen in den Ostteil Aleppos zu kappen. Laut staatlichen Medien eroberte die Armee zudem mit Unterstützung verbündeter Milizen und russischer Luftangriffe auch Gelände am nördlichen Stadtrand zurück. (kad)