«Ich bin froh, muss ich mich selber nicht mehr so verdammt oft reden hören», sagte Barack Obama bei seiner letzten Pressekonferenz im Weissen Haus. Er werde seine Stimme nur erheben, wenn er das Gefühl habe, dass «amerikanische Grundwerte» in Gefahr seien. Zum Beispiel «wenn er systematische Diskriminierung sehe».
Gerade mal zehn Tage nachdem Obama das Weisse Haus verlassen hat, ist dieser Fall offenbar bereits eingetroffen.
«Es geht dem Ex-Präsidenten ans Herz, wie viele Menschen sich derzeit bei Demonstrationen und in Sozialen Netzwerken für politische Werte, Demokratie und den Schutz der Verfassung engagieren», liess Obama am Montagabend durch seinen Sprecher Kevin Lewis mitteilen.
Obama kritisierte indirekt den Einreisestopp für Muslime, den sein Nachfolger Donald Trump am vergangenen Freitag verhängt hatte. «Der Präsident (Obama) ist fundamental dagegen, Menschen wegen ihres Glaubens oder ihrer Religion zu diskriminieren.»
Kevin Lewis teilte mit, Obama sei «ermutigt», durch das politische Engagement, das sich jetzt im Land zeige: «Bürger, die ihr Grundrecht wahrnehmen, sich zu versammeln und sich zu organisieren: Das ist genau das, was wir in Zeiten erwarten, in denen amerikanische Werte auf dem Spiel stehen.»
Widerstand gegen das von Trump verhängte Einreiseverbot für Bürger aus mehreren muslimischen Staaten formiert sich nun auch ausserhalb den USA. In London und anderen Städten in Grossbritannien sind gestern zehntausende Demonstranten auf die Strasse gegangen.
Vor dem britischen Regierungssitz in der Londoner Downing Street versammelten sich Tausende mit Schildern und Bannern. Sie forderten Premierministerin Theresa May auf, sich deutlicher von der Einreisepolitik des US-Präsidenten Donald Trump zu distanzieren.
Zuvor hatte sogar der britische Aussenminister Boris Johnson das Einreiseverbot als «spaltend und falsch» bezeichnet. Er versicherte im Parlament, britische Staatsbürger seien nicht betroffen.
Viele Abgeordnete wollten sich damit jedoch nicht zufrieden geben. Sie forderten, die Einladung an Trump zum Staatsbesuch zu überdenken oder ihm zumindest eine Rede vor dem Parlament zu versagen.
Eine Petition, die geplante Staatsvisite des US-Präsidenten abzusagen, erhielt bis zum Abend rund 1,5 Millionen Unterschriften.
Die Regierung hält jedoch an ihrer Einladung für Trump fest. Premierministerin Theresa May liess wissen, sie sei «sehr glücklich gewesen», den US-Präsidenten nach Grossbritannien einzuladen.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel erklärte derweil: «Das Vorgehen widerspricht nach meiner Auffassung dem Grundgedanken der internationalen Flüchtlingshilfe und der internationalen Kooperation».
Auch in den USA selber wird die Kritik immer lauter. Mitarbeiter des US-Aussenministeriums haben in einem internen Schreiben Kritik an dem von Präsident Donald Trump verhängten Einreiseverbot für Bürger aus bestimmten Staaten geübt. Trumps Erlass sei kontraproduktiv und könne dem Ansehen der USA im Ausland schaden.
Das Dokument wurde über einen sogenannten Dissens-Kanal verbreitet, über den abweichende Meinungen zum Minister und zu anderen führenden Mitarbeitern des Ministeriums geschickt werden können. «Das Ergebnis wird kein Rückgang der Terroranschläge in den Vereinigten Staaten sein, sondern weniger internationales Wohlwollen gegenüber Amerikanern und eine Gefahr für unsere Wirtschaft», heisst es in dem Dokument, das die Nachrichtenagentur Reuters am Montag einsehen konnte. Die Beziehungen zu den betroffenen Staaten würden sich verschlechtern und die anti-amerikanischen Vorbehalte wachsen.
WH @PressSec Sean Spicer says career diplomats with criticism about travel ban "should either get with the program or they can go." pic.twitter.com/6krLj43vkR
— CBS News (@CBSNews) 30. Januar 2017
Trumps Sprecher Sean Spicer sagte, ihm sei das Dokument bekannt. «Haben diese Karriere-Bürokraten etwa ein Problem», fragte er. «Ich glaube, sie sollten das Programm akzeptieren oder sie können gehen.» (cma/sda/afp/reu/dpa)