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Liebe Kafi, glaubst du an Monogamie? Sue, 24

Viele Hühner. Viel Ärger.
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Liebe Kafi, glaubst du an Monogamie? Sue, 24

04.05.2016, 10:4807.02.2017, 08:36
Kafi Freitag
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Liebe Sue

Die Gretchenfrage! 39 Jahre lang hat sich kein Schwein für meinen Glauben interessiert. Und jetzt scheint es das Thema Nummer 1 zu sein. Zumindest im Aargau, ganz hinten links. Ob ich an Monogamie glaube? Ist das eine neue Religion? Reicht es nicht, dass ich als Atheistin für das refomierte Kirchenmagazin «bref» schreibe und am 29. Mai eine Predigt in der reformierten Kirche in Wettingen halten werde? Muss ich jetzt auch noch an ein bestimmtes Paarungsverhalten glauben? Und was kommt danach? Der Glaube an ein bestimmtes Bügeleisendampfsystem? Würde sich das mit meinem Vertrauen in meine Automarke vertragen oder entstünde, wie so oft in der Geschichte, alsbald ein wüster Glaubenskrieg und 80 % der lebenden Bügeleisendampfsysteme in der Region würden brutal niedergemetzelt, dahingerafft? Wäre das mit der neusten Sicherheitstechnologie der Schweden überhaupt möglich, oder mache ich mir diese Sorgen vollkommen unbegründet? Was sagt der Kollege Stamm dazu und könnte es vielleicht der Startschuss für die Sekte sein, die ich schon länger zu planen plane, wofür mir aber die Zeit in letzter Zeit etwas knapp war?

Fragen über Fragen, kein einfaches Thema, Sie sehen selber. Ich habe darüber schon mehrfach geschrieben. (Hier und hier) Ich glaube, dass die Monogamie ein Konstrukt ist was prima funktioniert hat, solange man nicht allzu alt wurde. Die durchschnittliche Lebenserwartung im 19. Jahrhundert betrug für Männer 35,6 Jahre und für Frauen 38,4 Jahre, so habe ich recherchiert. Da war der Schwur «bis der Tod uns scheidet» dann doch recht überschaubar. Heute werden wir knapp 50 Jahre älter und die Sache etwas komplizierter.

Ich interessiere mich sehr für andere Lebensentwürfe und unter diesem Deckmantel darf ich stundenlang Dokusoaps schauen, die sich um die Sorgen und Nöte von Polygamisten drehen. Und ich rede nicht von so Hobbypolygamisten die unter dem Begriff Polyamory querfeldein rummachen, ich meine Familien, die aus einem Mann und 4 oder 5 Frauen bestehen und aus gefühlten 76 Kindern, das Kabelfernsehen, es gehört heilig gesprochen! Was ich vom Studium dieser Lernsendungen mitnehme, wollen Sie wissen? Eine ganze Menge! Ich anerkenne, dass es verschiedene Beziehungsmodelle gibt und keines wirklich zu 100 % funktioniert.

Dennoch bin ich überzeugt, dass der gute Kody Brown und seine 4 Damen mehr Sex haben, als die meisten Päärli mit 5 Kindern und nach 20 Jahren Ehe. Wenn man als Mann zwischen 4 Frauen bestehen will, dann muss man in erster Linie schauen, dass sich alle gleichberechtigt fühlen. Dazu gehört auch die Aufmerksamkeit im Bett, die Frauen, die ihren Typ nur jede 5. Nacht bei sich und einen ständig erhöhten Eifersuchtspegel haben, vermutlich einfordern. Diese Dynamik scheint der Trägheit, die sich nach einer gewissen Zeit in Paarbeziehungen einschleicht, einen Strich durch die Rechnung zu machen. Dass bei diesem System aber kaum eine wirkliche Intimität und Nähe entstehen kann, ist aber auch klar.

Mir wäre das alles viel zu anstrengend, schon logistisch. Ich persönlich bevorzuge darum die serielle Monogamie. Diese wurde mir von meinen Eltern vorgelebt und ich habe sie wohl unbewusst übernommen. Den Anspruch an ewige Liebe hatte ich noch nie, den an Treue und Intimität aber sehr wohl. Mit einem einzigen Mann bis zu meinem Lebensende glücklich zu sein, scheint für mich nicht zu funktionieren. Dafür entwickle und verändere ich mich wohl zu rasant, ich bin nicht mehr die Gleiche, die ich vor 15 Jahren war. Wenn eine Beziehung diese Prozesse überlebt, ist es etwas sehr Schönes und wertvolles. Wenn nicht, dann eben nicht. Was für Sie funktioniert, werden Sie im Laufe Ihres Lebens noch herausfinden. Und auch, dass es mit dem Glauben so eine Sache ist.

Mit herzlichem Gruss. Ihre Kafi

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Kafi Freitag (40!) beantwortet auf ihrem Blog Frag Frau Freitag Alltagsfragen ihrer Leserschaft. Daneben ist sie Mitbegründerin einer neuen Plattform für Frauen: Tribute.

Im analogen Leben führt sie eine Praxis für prozessorientiertes Coaching (Freitag Coaching) und fotografiert leidenschaftlich gern. Sie lebt mit ihrem 11-jährigen Sohn in Zürich.

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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Luca Brasi
04.05.2016 11:07registriert November 2015
Das mit der Lebenserwartung im 19. Jahrhundert ist aber so eine Sache. Bedenken Sie Frau Freitag, dass die Kindersterblichkeit äusserst hoch war und somit die Lebenserwartung bei Erwachsenen dann doch etwas höher war.
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Bruno Wüthrich
04.05.2016 11:58registriert August 2014
Monogamie ist eigentlich keine Glaubensfrage, sondern viel mehr eine Frage des Willens, der Umstände, des eigenen Charakters, des Partners oder der Partnerin, der Versuchung, der Gelegenheit und wohl noch von vielem mehr.
Wir sehen, es bei jedem Menschen anders.
Wer an etwas glaubt, wird sich wohl etwas mehr an seinem Glauben (z.B. Monogamie) ausrichten.
Fraglich ist, was einer Beziehung mehr schadet: Etwas ausserhalb am Laufen zu haben oder die Eifersucht. Meines Erachtens am schlimmsten ist es, wenn jemand von Eifersucht getrieben ist, und gleichzeitig Versuchungen nicht widerstehen kann.
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oldman
05.05.2016 08:25registriert Oktober 2015
Ach Kafi, Verfechterin der Spassgesellschaft. Monogamie ist kein - unnatürliches - Konstrukt, sondern eine Lebenseinstellung. Sie fordert aber, Auseinandersetzung mit sich selbst! Sie geht davon aus, dass ich, was ich von meinem Partner erwarte, selber auch einhalte. Den Menschen auf seine Sexualität zu reduzieren, greift zu kurz. Das funktioniert bei den Bonobos zum Abbau sozialer Spannungen. Ein Mensch aber bietet viel mehr, eine Beziehung daher auch. Sie ist es wert, nicht jeder Versuchung nachzugeben. Das erfordert Arbeit an der Beziehung und an sich selbst!! "Ewig"? Grüsst das Murmeltier.
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Darf ich den Baum des Nachbars zurückschneiden?
«My home is my castle, my garden is my paradise». In den helvetischen Gärten Eden setzt das Nachbarrecht der Gestaltungsfreiheit jedoch die eine oder andere Grenze.

Während sich in Australien 3.4 Personen einen Quadratkilometer teilen, leben in der Schweiz etwa 212 Personen auf derselben Fläche. Das ist eng und bereits ein Ast, der vom nachbarlichen in den eigenen Garten ragt, kann zu viel des Guten sein. So dürfen denn die Kantone auch Vorschriften erlassen, wie nah an deinem Grundstück der Nachbar Büsche und Bäume pflanzen darf.

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