
Sag das doch deinen Freunden!
Herr Somuncu, das Schweizer Fernsehen zeigt Ihren Auftritt am Arosa-Humorfestival nicht, sind Sie enttäuscht?
Ja, klar. Die Aufnahmen für das SRF sind extra vor der Soloshow gemacht worden. Elf Künstler sind aufgeboten worden und haben einen Teil ihres Programms für die Kameras gespielt. Es ist mir bewusst, dass meine Inhalte kontrovers sind, aber ich habe trotzdem dieses Stand-up gespielt, das bei allen Beteiligten auch sehr gut angekommen ist. Der Veranstalter hat sogar gesagt, es sei ihm nicht hart genug gewesen. Auch sonst gab es kein negatives Feedback. Jetzt ist mein Beitrag aber entgegen aller Verlautbarungen aus dem Sélection-Programm gekippt worden.
Wundert Sie das? Sie bezeichnen die Schweizer als Nazis und einen ehemaligen demokratisch gewählten Volksvertreter als Arsch. Das ist ein bisschen plump.
Das können Sie so sehen, aber ich frage mich, warum man einen politischen Kabarettisten einlädt, wenn man dann nicht ertragen kann, was der sagt? Der Vorgang ist schon seltsam. Während der Aufnahmen hat niemand etwas an meinem Stand-up auszusetzen gehabt, nach der Soloshow zwei Tage später auch nicht. Und noch am letzten Sonntag, nachdem alle Aufnahmen längstens hätten gesichtet werden können, habe ich keinen Hinweis, kein negatives Feedback erhalten. Mit dem Veranstalter habe ich mich im besten Einvernehmen getrennt, mit Option auf einen erneuten Auftritt im 2016.
Gut, der Veranstalter ist Frank Baumann vom Arosa-Humorfestival, der mag solche Sachen. Das SRF offenbar nicht so sehr. Haben die Verantwortlichen beim Fernsehen die Aufnahmen allenfalls zu spät gesichtet?
Hören Sie, ich mache seit 30 Jahren Comedy, auch im Fernsehen, und wenn das Fernsehen solche Veranstaltungen begleitet, dann ist da immer ein Redaktor der Sendung oder der Abteilung dabei. Die Sender geben ihr Programm, für das sie letztlich verantwortlich zeichnen, keine Sekunde aus der Hand. Kommt hinzu, dass ich ja nicht ein Überraschungsgast war. Man hat mich eingeladen und gewusst, wer ich bin, da kann man nicht im Nachhinein kommen und sagen: «Sorry, wir haben uns geirrt, du fliegst raus.»
Das SRF rechtfertigt Ihre Nichtberücksichtigung mit Zeitproblemen, es seien auch andere Künstler nicht selektioniert worden.
Das sind Ausflüchte. Es waren fünf Minuten Stand-up vereinbart und ich habe nur 4 Minuten und 48 Sekunden gebraucht. Diese Aufnahmen sind im Voraus ganz genau getimed, die entsprechenden Dispo-Plakate hängen an der Wand. Da kann man sogar mitlesen, welches Wort wann gesagt wird. Dass andere Künstler nicht selektioniert worden sind, mag sein, aber es sind alle Künstler, die für die Seléction-Aufnahmen aufgeboten worden sind, in der Mediathek von SRF mit Namen aufgeführt. Nur ich werde totgeschwiegen.
Ist Ihnen bewusst, dass die SRG und damit die Dachgesellschaft des SRF unter massivem Beschuss der SVP steht?
Ja, klar. Deswegen nenne ich es ja auch Zensur. Ich verstehe, dass es da beim Fernsehen politische Befindlichkeiten gibt, die es vielleicht gerade ein wenig unopportun finden, über die SVP herzuziehen, aber sehen Sie: Wir haben in Dresden regelmässig Volksmassen, die auf die Strasse gehen und «Lügenpresse» schreien. Genau diesen Leuten spielt man doch in die Hände, wenn man kritische Stimmen totschweigt. Genau das Gegenteil muss man machen, alles andere ist Diktatur.
Diktatur? Sie richten Ihre Vorwürfe ein bisschen gar deftig an, nicht wahr?
Was das SRF da macht, ist Meinungs-Diktatur, nennen Sie es, wie sie wollen, aber es ist eine Diktatur. Sie würden auch an die Decke gehen, wenn ich Ihnen die Hälfte aus dem Interview rausstreichen würde, einfach, weil es mir nicht mehr passt, was ich mal geplant habe zu sagen.
Sie können nichts streichen, Sie verlieren sonst grad ein bisschen Glaubwürdigkeit.
Ihr Glück.
Werden Sie etwas gegen Ihre Nichtberücksichtigung in der Seléction unternehmen?
Nein. Ich werde weiter nichts tun, der Ausschnitt wird ja über die sozialen Medien früher oder später sowieso an die Öffentlichkeit gelangen. Ich fand einfach, dass ich das öffentlich machen muss, dass mein Beitrag zensiert wurde. Das bin ich meinen Fans schuldig und den Leuten, denen ich gesagt habe, dass ich im Schweizer Farbfernsehen erscheinen werde. Ich bin oft in der Schweiz gewesen und schätze das hiesige Publikum und die lebendige Cabaret-Kultur sehr. Aber wenn man das Arosa-Humorfestival als kabarettistische Vermarktungsbeilage zu einem Tourismusprojekt auslegt, dann muss irgend jemand das den Leuten auch klar sagen.