» Wir tickern das Champions-League-Gruppenspiel zwischen dem FC Basel und Paris St-Germain heute ab 20.45 Uhr live.
Zugegeben, es ist vermessen, mich ins selbe Boot zu setzen wie Eric Cantona. Denn der frühere Star-Fussballer ist eine andere Nummer. Er kann besser Französisch, besser kicken, besser Kung-Fu, hat den schöneren Bart, mehr Geld und Renommee. Etwas verbindet uns gleichwohl: die Liebe für das Schöne im Fussball. Und das hat einen Namen: Javier Pastore.
Javier Pastore – der beste Fussballer der Welt. Das kann nur ein Romantiker behaupten. Der Pragmatiker indes fragt: Was hat er denn schon gewonnen, dieser Pastore?
Mehrmals französischer Meister. Wobei das mit Paris Saint-Germain keine allzu grosse Kunst ist. Zudem haben das viele andere Spieler auch geschafft. Und diese anderen schubsten Pastore erst noch in den Schatten. Der egozentrische Zlatan Ibrahimovic beispielsweise. Oder der kräftige Edison Cavani. Oder der geniale David Luiz. Ausserdem: Was hat ein französischer Meistertitel schon für einen Wert, während die Pop-Figuren des Fussballs, Lionel Messi und Cristiano Ronaldo, die ganz grossen Trophäen abstauben?
Es geht jetzt gar nicht darum, Pastore mit seinen Schattenspendern zu vergleichen. Denn keiner von ihnen hat am Ball die unnachahmliche Grandezza von «el Flaco» (der Dürre).
Cantona umschreibt seine Begeisterung für den 27-jährigen Argentinier mit folgenden Worten: «Wegen Spielern wie Pastore ist der Fussball so populär. Er macht stets überraschende Dinge. Er ist der kreativste Spieler der Welt.»
Cantona hat sein Loblied auf den Argentinier vor eineinhalb Jahren gesungen. Ob es heute noch gleich tönt? Schliesslich hat Pastore gerade eine ziemlich verkorkste Saison hinter sich und ist auch in dieser Spielzeit noch nicht in die Gänge gekommen. Egal, ich bleibe dabei: Pastore ist der Beste.
Ich habe Verständnis für jene, die in Messi den Messias sehen, die Ronaldo vergöttern, Neuer bewundern, Iniesta huldigen, Buffon verehren oder Neymar anbeten. Schliesslich sind das die seit Jahren prägenden Figuren des Weltfussballs. Aber keiner von ihnen hat die Leichtigkeit eines Pastore. Keiner von ihnen hat die Unschuld des Kicks auf dem Pausenplatz so radikal auf die grossen Bühnen transferiert wie Pastore.
Das ist vielleicht nicht immer erfolgreich und erst recht nicht immer effizient. Nein, häufig sind seine Aktionen naiv, unberechenbar, verspielt – Freestyle halt. Was aber unglaublich schön anzuschauen ist.
Als Fussballer erinnert Pastore an ein Kind. Zeichnungen von kleinen Kindern erschliessen sich uns Erwachsenen auch nicht immer auf den ersten Blick. So ähnlich ist es wohl in der Beziehung zwischen Pastore und seinen Trainern. Nicht, dass die Trainer sein Potenzial verkennen würden. Im Gegenteil. Aber den Trainern fehlt aus nachvollziehbaren Gründen (Erfolgsdruck, Zeitmangel) oft die Musse, sich bedingungslos auf den Ballstreichler einzulassen.
Dieser garantiert zwar Spektakel, aber nicht zwingend die Resultate, die den Job sichern. Stattdessen präferieren die Trainer systemtreue Befehlsempfänger, die Stabilität und Sicherheit geloben. Für Künstler hingegen ist die Luft dünn. Erst recht, wenn der Körper so fragil ist wie bei Pastore.
42 Millionen Euro überwies Paris Saint-Germain 2011 für Pastore nach Palermo als Initialzündung für den Sturm auf den Champions-League-Thron. Und nun, mehr als fünf Jahre später? PSG hat noch nicht mal am Champions-League-Pokal geschnuppert und der Hype um Pastore ist längst abgeflacht.
Er hat zwar jüngst die prestigeträchtige Nummer 10 von Ibrahimovic geerbt. Aber seinen Platz im System des neuen Trainers Unai Emery hat er bislang noch nicht gefunden. Mitunter auch, weil er seit einem Monat wegen Wadenproblemen kein Spiel mehr bestritten hat.
Trotzdem verbinden Trainer, Manager, Präsidenten und Fans den Namen Pastores mit der Sehnsucht nach erfolgreichem Zirkus auf dem Rasen. Aktuell bekundet Chelsea grosses Interesse, den Spektakelspieler schon im Winter nach London zu transferieren.
«Ich werde sein erstes Training nie vergessen. Nach fünf Minuten hatte ich Tränen in den Augen», sagte Palermo-Präsident Zamparini und prophezeite vor sechs Jahren, dass Pastore in zwei Jahren so wertvoll sei wie Messi.
Diego Armando Maradona, sein früherer Nationaltrainer, schwärmte einst: «Er lässt drei Gegenspieler aussteigen und streichelt dabei den Ball mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte er schon vier Weltmeisterschaften gespielt.» Apropos WM: 2014 wurde Pastore von Nationaltrainer Alejandro Sabella nicht mal für das 23-Mann-Kader nominiert – welch kapitaler Fehler!
Tempi passati: Die Gegenwart heisst Basel. Doch es ist unwahrscheinlich, dass Pastore nach überstandener Verletzung spielen wird. Deshalb: Frühzeitig ins Stadion, vielleicht verzückt uns Pastore beim Warm-up mit seiner Kunst.