Eine einfache Faustregel im politischen Campaigning lautet: Es gibt während eines Abstimmungs- oder Wahlkampfes fünf matchentscheidende Events, die die Mehrheit auf die eine oder andere Seite kippen lassen können. Wer von drei dieser Events profitieren kann, der geht höchstwahrscheinlich als Sieger aus einer Abstimmung oder Wahl hervor.
Die Kampagne für die Beschaffung des schwedischen Kampfflugzeuges Gripen als Ersatz für die veralteten Tiger hat bereits drei Wochen vor der Abstimmung am 18. Mai bei weit mehr als fünf Gelegenheiten so schlecht ausgesehen, dass angesichts der weit fortgeschrittenen Meinungsbildung und der gemäss jüngsten Umfragen knappen Mehrheitsverhältnisse mit einer Annahme der Vorlage eigentlich nicht mehr zu rechnen ist.
In der Rückschau stellt sich dem geneigten Stimmbürger die Frage, ob eine dermassen katastrophale Kampagnenführung allein auf Unvermögen zurückzuführen ist. Oder ob sie den Befürwortern nicht doch ganz gelegen kommt, weil sie den Gripen gar nicht wollen:
1. Noch bevor das Geschäft überhaupt in die Räte gekommen ist, drangen aus dem Inneren des VBS die Details des Gripen-Evaluationsberichtes an die Öffentlichkeit. Sie sollten illustrieren: Der Gripen genügt bloss den finanziellen Rahmenvorgaben. Aber das Flugzeug ist schlecht.
2. Während des Abstimmungskampfes warb Saab bei öffentlichen Anlässen für den Gripen, mischte sich so als fremdes Staatsunternehmen in einen Schweizerischen Abstimmungskampf ein und verteidigte diese Aktionen auch noch. In der Folge gab die CVP die Koordination der Abstimmungskampagne entnervt ab.
3. Vor drei Wochen sagte Thomas Hurter, der ehemalige Militärpilot, SVP-Nationalrat und ehemalige Präsident der für die Jet-Evaluation zuständigen Subkommission des Nationalrates, sinngemäss folgenden Satz in ein Radiomikrofon: Wenn die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger am 18. Mai Nein sagen zur Vorlage, dann meinen sie damit nur den Finanzierungsfonds und nicht die Kampfflugzeugbeschaffung an sich. Man könne in diesem Fall das Geld über das ordentliche Armeebudget zurückstellen und gestaffelt neue Kampfflugzeuge kaufen. Sowohl das VBS als auch die sicherheitspolitische Komission des Ständerates pfiffen ihn zurück. Die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates konnte das nicht - weil Hurter diese präsidiert.
4. Am Wochenende bezeichnete Verteidigungsminister Ueli Maurer auf Pro-Gripen-Veranstaltungen die zu ersetzenden Tiger-Kampfjets als Gebrauchtgegenstände und fragte die Zuhörer, was bei ihnen daheim nach 30 Jahren noch funktioniere. Bei ihm sei es nur noch die Frau, die den Haushalt schmeisst.
5. Und heute gelangten die vor Selbstgefälligkeit strotzenden Berichte des schwedischen Botschafters über das Vote-Whipping (Stimmen-Akquise) in den zuständigen Parlamentskommissionen an die Öffentlichkeit.
Von diesen fünf öffentlichkeitswirksamen Events, die dem Gripen massiv schaden, sind für mindestens zwei der Parlamentspilot Hurter und der Verteidigungsminister Maurer direkt verantwortlich. Die frühen Leaks über den schlechten Evaluationsbericht (den Hurter verantwortet hatte) kamen ebenfalls aus dem VBS oder der Luftwaffe. Und den Eingriff der schwedischen Saab in den eidgenössischen Abstimmungskampf hatten die gleichen Kreise zumindest nicht verhindert.
Es sind nur die Botschafter-Leaks, die nicht den Verdacht aufkommen lassen, dass jene, die nun die grössten Befürworter des Gripen-Kaufs spielen, seine effizientesten Gegner sind und schon immer waren.
Ob die PR-Sabotage-Akte geplant waren oder die Akteure Opfer von unbewussten Männerfantasien nach einem potenten Flieger wurden, ist einerlei. Den Gripen haben sie so gut wie erledigt.
Weil ihnen der Plan B besser gefällt. Weil sie lieber irgendwann den Eurofighter wollen als den Gripen jetzt.
Natürlich würde sich in so einem Szenario nicht nur die SP und die EDK mit ihrem Präsidenten lächerlich machen, sondern auch jeder, der deren Vorgehen auch noch in den Kommentarspalten verteidigt...
Nun liebe Gripen-Befürworter... merkt Ihr was?