Laut Bundespräsident Ignazio Cassis hat eine Überlastung der Spitäler mit den bestehenden Corona-Massnahmen bisher verhindert werden können. Falls sich die Situation in den kommenden Tagen und Wochen verschlechtern würde, werde der Bundesrat «sofort handeln».
Vorderhand verzichte die Regierung aber auf eine Verschärfung der bestehenden Massnahmen, sagte Cassis am Mittwoch vor den Medien in Bern. Das habe auch damit zu tun, dass die Omikron-Variante gemäss aktuellen Erkenntnissen etwas weniger schwere Covid-Verläufe verursache.
«Der Bundesrat beobachtet die Lage genau und kontinuierlich», hielt Cassis weiter fest. Klar sei, dass das Virus die Bevölkerung im Alltag bremse, die Gesellschaft als Ganzes und auch jeden Einzelnen fordere. «Wir können uns schützen, wenn wir uns verantwortungsvoll verhalten.» Cassis erwähnte etwa das regelmässige Testen, das Impfen und das Abstandhalten.
Gesundheitsminister Alain Berset hat am Mittwoch dazu aufgerufen, in Anbetracht der hohen Corona-Infektionszahlen weder Entwarnung zu geben noch in Alarmismus zu verfallen. Die Verkürzung von Quarantänedauer und Gültigkeit des Zertifikats führte er auf die Eigenschaften der Omikron-Variante zurück.
«Es gibt eine kürzere Ansteckungszeit mit Omikron», sagte Berset am Mittwoch vor den Medien in Bern. Deshalb sei es angezeigt, die Quarantänedauer auf fünf Tage zu reduzieren. Zudem will er im Rahmen der Konsultation der Kantone bezüglich Verlängerung der geltenden Corona-Massnahmen auch die Frage nach einer totalen Aufhebung der Quarantänepflicht stellen.
Auch die Verkürzung der Gültigkeit des Covid-Zertifikats von 365 auf 270 Tage führt Berset auf die Eigenschaften von Omikron zurück: «Der Impfschutz nimmt schneller ab als mit früheren Virusvarianten.»
Insgesamt sei die Situation «unsicher und schwierig zu deuten», sagte Berset. «Omikron ist sehr ansteckend, aber es gibt keinen Grund für Alarmismus oder Entwarnung.»
Berset hat bekräftigt, dass der Bundesrat bei seiner Corona-Strategie gewisse Risiken eingehe. «Wir versuchen, ein Optimum zu finden für den Gesundheitsschutz, ohne die Wirtschaft und die Gesellschaft zu fest zu beeinträchtigen.»
Der Bundesrat habe in den vergangenen Monaten immer ein gewisses Risiko in Kauf genommen, sagte Berset am Mittwoch vor den Medien in Bern. «Wir müssen aber wach bleiben.»
Er habe in der Pandemie gelernt, dass Prognosen sehr schwierig seien, sagte Berset weiter. Die meisten Worst-Case-Szenarien der Taskforce hätten sich nicht bewahrheitet. Das habe auch damit zu tun, dass die aktuelle fünfte Corona-Welle anders als die vier vorangegangenen sei. «Man hat uns gesagt, Mitte Dezember, Ende Dezember wird es nicht mehr gehen. Jetzt ist es der 12. Januar, es bleibt nicht einfach, aber es geht.» Die Taskforce ging gestern von 80 bis 300 zusätzlichen Patienten auf den Intensivstationen aus.
In der Mitte der bisher höchsten Welle der Coronapandemie sei nicht der richtige Moment, um die Regeln zu ändern. Dies sagte Berset auf Journalistenfragen nach Aufhebung von 2G- und Zertifikatspflicht.
Auf diese Massnahmen verzichten wolle man «von Anfang» an, sagte Berset sichtlich belustigt vor den Bundeshausmedien. Aber jetzt, in der bisher grössten Welle der Pandemie, sei «nicht der Moment, um die Regeln zu ändern».
Zwei Medienschaffende aus der Romandie hatten den Gesundheitsminister gefragt, ob er eine Abschaffung von 2G und Zertifikatspflicht in Erwägung ziehe - unter anderem, weil dadurch Teile der Bevölkerung «diskriminiert» würden.
Cassis und Berset verneinten am Mittwoch vor den Medien in Bern die Frage, ob der Bund mit der Verkürzung der Isolations- und Quarantänefrist nun auf eine Durchseuchungsstrategie setze. Mit der Verkürzung gehe es darum, Kollateralschäden zu verhindern.
Eine Durchseuchung sei überhaupt nicht die Strategie des Bundesrats, sonst würde es keine Masken- und Zertfikatspflicht und keine 2G-Regel mehr geben, sagte Cassis. Die kürzere Zeit der Isolations- und Quarantänedauer habe mit der kürzeren Inkubationszeit und der kürzeren Ansteckungszeit von Omikron zu tun. Es seien sehr viele Arbeitskräfte, die jetzt fehlten, erläuterte Berset.
«Das, was wir machen, ist das Virus ausbremsen», damit es genügend Arbeitspersonal und auch Pflegekräfte gebe. Man vergesse häufig, dass es auch Kollateralschäden gebe, die man nicht wolle, sagte Cassis. Aus diesem Grund müssten die Massnahmen «neu kalibriert» werden. Es sei wie bei einem Medikament: «Eine zu niedrige Dosis wirkt nicht, eine zu starke Dosis tötet.» Darum gehe es - es sei die Frage nach der guten Wirkung und den unerwünschten Nebenwirkungen.
Berset sagte zudem, dass 97 Prozent der 80-Jährigen und älteren Menschen immunisiert seien. Auch bei den Jungen sei die Immunität sehr hoch. Bei einer sehr hohen Immunitätsrate zirkuliere das Virus wie andere Viren. Ob das dann verhindere, dass eine nächste Mutation gefährlicher werde, wisse man nicht. Aber in der Regel würden neuere Mutationen zunehmend ungefährlicher. Es könnte also der Anfang davon sein, «dass wir von der Pandemie zu einer Endemie gehen».
90 Prozent der Fälle basieren derzeit auf Omikron, 10 Prozent seien noch Delta, sagte Virginie Masserey, Leiterin der Sektion Infektionskontrolle beim Bundesamt für Gesundheit. (cma/sda)
Was ich nicht mag ist wischiwaschi, kein Übernehmen von Verantwortung und Konsequenzen und Widersprüche.
Natürlich ist das jetzt eine Durchseuchungsstrategie, was sonst? Einfach eine mit Leitplanken, damit das System nicht zusammenkracht. Was daran so schwierig ist das zu benennen erschliesst sich mir nicht.