Alles ausser ein Blitz – Kugelstosser läuft die 100 m an der WM in 15,66 s
Die 13. Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2011 finden im südkoreanischen Daegu statt. Im Final über 100 Meter gewinnt Yohan Blake in 9,92 Sekunden vor Walter Dix und Kim Collins. Der Titelverteidiger Usain Bolt wird wegen eines Fehlstarts disqualifiziert.
Doch der absolute Publikumsliebling der WM ist schon drei Tage früher auf der Tartanbahn zu sehen: Sogelau Tuvalu aus Amerikanisch-Samoa. Dabei wollte Tuvalu eigentlich beim Kugelstossen teilnehmen. Was auch vernünftig ist, bei 130 Kilogramm Körpergewicht.
Sprint anstatt Kraft
Doch der 17-Jährige aus Amerikanisch-Samoa übersteht die Qualifikation für seine Paradedisziplin nicht. So entscheidet er nach Rücksprache mit dem Verband, sein Glück bei den Qualifikationsläufen über 100 Meter zu versuchen.
Eine besondere Regelung – in Samoa gibt es bei Ausscheidungskämpfen kein Zeitlimit – macht es dem leicht übergewichtigen Sportler möglich, in der Königsdisziplin teilzunehmen. Zum Glück für den Schüler gibt es in seiner Heimat keine wirklich schnellen Kandidaten, so kommt Tuvalu zum Handkuss.
Bestleistung trotz sechs Sekunden Rückstand
Schon kurz nach dem Startschuss liegt der 17-Jährige im Hintertreffen. Ob es daran liegt, dass Tuvalu nicht auf richtige Sprintschuhe zurückgreifen kann?
Mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von knapp 23 km/h und einer geschätzten Spitzengeschwindigkeit etwa 28 km/h – spurtet Tuvalu der Ziellinie entgegen. Die Konkurrenz reisst dabei eine Lücke von fast der halben Renndistanz zu Tuvalu auf, was den Teenager aber nicht daran hindert, eine persönliche Bestleistung von 15,66 Sekunden aufzustellen. Heat-Gewinner Mohammad Hadi ist fast sechs Sekunden schneller.
Nichtsdestotrotz freut sich ein glücklicher Tuvalu über seinen Auftritt: «Das ist ein Traum, der in Erfüllung geht. Ich habe an mich geglaubt». Insgesamt einen ganzen Monat lang habe er sich jeden Tag vier Stunden auf das Rennen vorbereitet, gibt er im Interview zu Protokoll.
Tuvalu ist nicht der erste Sprinter aus Amerikanisch-Samoa, der an einer WM für Aufsehen sorgt. 2001 rennt der 133 Kilogramm schwere Trevor «die Schildkröte» Misipeka die 100-Meter in 14,28 Sekunden.
Fünf Hundertstel schneller ist 2009 die 22-jährige Landsfrau Savannah Sanitoa, die sogar noch eine Gegnerin schlägt. Tioiti Katutu aus Kiribati, einem Inselstaat im Pazifik, braucht 14,38 Sekunden.
Langsamste 100-Meter-Sprinterin der Welt
Die schlechteste Zeit der Geschichte hat Sogelau Tuvalu aber nicht abgeliefert. Dieser unrühmliche Titel gehört einer Frau aus Somalia: Nasra Abukar Ali. Sie vertrat ihr Land an den Welt-Universitätsspielen in China, brauchte dort aber mehr als 20 Sekunden, um ihren Vorlauf zu beenden. Abukar Ali war im Gegensatz zu ihren Konkurrentinnen sichtlich untrainiert.
The Ministry of Youth and Sports should step down. It's disheartening to witness such an incompetent government. How could they select an untrained girl to represent Somalia in running? It's truly shocking and reflects poorly on our country internationally. pic.twitter.com/vMkBUA5JSL
— Elham Ishmael ✍︎ (@EIshmael_) August 1, 2023
Das Video der langsamsten Sprinterin der Welt machte im Internet die Runde – und hatte Konsequenzen. Weil Gerüchte aufkamen, dass Abukar Ali eine Verwandte der Präsidentin des nationalen Leichtathletikverbands sei, wurde diese nach einer entsprechenden Forderung des somalischen Sportministers Mohamed Barre Mohamud suspendiert.