«Balboa» kam, sah und siegte: Gabi Timar holt mit gebrochener Nase den WM-Titel
Der Berner Kursaal ist prall gefüllt, die Spannung steigt: Nicht etwa aufgrund des Stephanstags, sondern aufgrund eines der wohl speziellsten Tage für die Basler Boxerin Gabi Timar. Der 39-Jährigen bot sich die Chance, den WM-Titel zu holen, den bislang noch keine Schweizerin errungen hat. Beim Erklingen des Gongs zur ersten Runde des Boxkampfes gegen Marina Loreto um 18.30 Uhr galt für die 39-Jährige demnach nur etwas: der Kampf um den Weltmeisterinnentitel.
Damit die gebürtige Rumänin mit dem Kampfnamen «Balboa» überhaupt an diesem Kampf teilnehmen konnte, wechselte sie sogar in eine tiefere Gewichtsklasse. Im Atomgewicht (bis 46,2 kg) wurde zugleich der Titel frei, weil die amtierende Weltmeisterin Tina Rupprecht im Oktober ihre Schwangerschaft und gleichzeitig ihr Karriereende verkündete. Dies öffnete Timar den Weg, um den wohl grössten Titel ihrer Karriere zu holen.
Ein Kampf, der Spuren hinterliess
Mit der motivierenden Stimme aus dem Boxfilm «Rocky» laufen Gabi Timar und ihr Team den Gang zum Ring: «Immer weitermachen», erklingt aus den Boxen. Dies schien auch das Motto von Timar im heutigen Kampf gewesen zu sein. Bereits nach der ersten Runde war klar, dass der Kursaal mit Timar-Fans gefüllt ist: Immer wieder erklingt aus dem Publikum «Gabi, Gabi, Gabi». Und diesen Schwung nimmt Gabi Timar auch in ihren Boxkampf: Gabi überzeugt mit ihrer flinken Art, wartet die Schläge von Loretto geduldig ab, ist jedoch im richtigen Moment bereit.
Nach der sechsten Runde kassierte Timar einen Schlag ins Gesicht und bricht sich dabei ihre Nase. Blutüberströmt kämpft die gebürtige Rumänin weiter, lässt sich nicht unterkriegen. Nach kurzer Pflege macht «Balboa» das, was sie am besten kann: Weitermachen.
Der Gürtel bekommt einen Ehrenplatz
Nach zehn Runden war es so weit, der WBO-Titel wurde in der Schweizer Hauptstadt verliehen: Um 19:05 Uhr kürte sich Gabi «Balboa» Timar zur Weltmeisterin. 98:92, 95:95, 97:93 Punkte vergaben die Punkterichter zugunsten von Timar: Die 39-Jährige schafft somit den Exploit und bezwingt die Japanerin Marina Loreto im Atomgewicht. Der Sieg von Timar versetzt nicht nur das Publikum in Hochstimmung, sondern auch ihr ganzes Team: Das Strahlen von Gabi Timar und ihrem Trainer Angelo Gallina ist bis in die Ränge zu erkennen. «Ich habe geschwitzt, geblutet für diesen Titel. Danke, dass wir heute Abend Geschichte geschrieben haben», äussert sich «Balboa» nach der Übergabe des Gürtels.
Auch Angelo Gallina kann es kaum fassen: «Sie hat die Balboa-Geschichte nochmals neu geschrieben», schwärmt ihr Trainer. Timar: «Er ist einfach mein Engel», schwärmt die Weltmeisterin und ehrt Gallina am Ende des Tages mit dem gerade erhaltenen Gürtel. Ein Weihnachtsabend der anderen Art.
