Von 1998 bis 2007 spielte Charlton Athletic in der Premier League. An diese Zeiten erinnert man sich beim Klub im Herzen Londons aber nur noch mit grosser Wehmut. Die «Addicks» (ihr Spitzname lautet wirklich so) sind letzte Saison zum zweiten Mal in den letzten zehn Jahren in die League One, die dritthöchste Liga Englands, abgestiegen und dort aktuell in der unteren Tabellenhälfte klassiert.
Dieser sportliche Misserfolg hat natürlich seinen Einfluss auf das Umfeld des Klubs. Die Fans sind wütend und der Zuschauerschnitt in den Heimspielen ist drastisch zurückgegangen. Gut 11'000 verkaufte Tickets pro Spiel mag für Schweizer Verhältnisse dennoch nach viel tönen, nicht aber für den Traditionsverein.
Genau zu dieser Tradition gehören bei Charlton auch Fanproteste. Diese gab es bereits Ende der 80er/Anfangs der 90er, um den Klub zurück in das angestammte Heimstadion «The Valley» (Kapazität: 26'875 Zuschauer) zu holen, was gelang. Hier das Video dazu:
Heute aber protestieren die treuen Addicks-Anhänger nicht für etwas, sondern gegen – gegen Roland Duchâtelet. Der belgische Multimillionär ist seit 2014 der Besitzer des Vereins und wird für die desaströse sportliche Lage verantwortlich gemacht.
Absentee #cafc owner Roland Duchatelet last watched a game at The Valley two years ago this month. #FansUnited to demand more from owners pic.twitter.com/FCJlZ75pXP
— CARD (@CharltonCARD) 13. Oktober 2016
Bei ihren Aktionen gegen den sturen Machthaber, der sein Geld in der Elektro-Industrie gemacht hat und noch vier weitere Fussballvereine besitzt, sind die Londoner wesentlich origineller als andere Fangruppen, die die Besitzer ihres Klubs vom Acker treiben wollten. Beispielsweise flogen letztes Wochenende kurz nach dem Anpfiff im Meisterschaftsspiel gegen Coventry City kurz nach Spielbeginn 5000 rosarote Kunststoff-Schweinchen aufs Feld.
Typisch britisch die Reaktion von offizieller Seite: «Spiel unterbrochen. Schweine auf dem Feld.»
1' Play is stopped. Pigs on pitch. #cafc #CAFCLive
— Charlton Athletic FC (@CAFCofficial) 15. Oktober 2016
Die Schweinchen sind nicht die ersten Gegenstände, die bei einem Charlton-Heimspiel einen Spielunterbruch erzwungen haben. Das haben die Fans in der Vergangenheit bereits zweimal geschafft, einmal mit Stress- und einmal mit Strandbällen.
ICYMI: CARD announces resumption of *full* range of matchday protest activity from Coventry on October 15th -> https://t.co/Vs0z41SYU2 #cafc pic.twitter.com/QA97snbIIv
— CARD (@CharltonCARD) 29. September 2016
Der Protest beschränkt sich aber keineswegs auf das Stadion. Die Bewegungen (ja, Plural) gegen die aktuelle Klubführung haben in der Stadt schon mehrere Demos und Sitzstreiks organisiert.
ICYMI: History to be made as #cafc & Coventry fans ready to unite in protest v. respective owners: https://t.co/PuAlJcCOyH #pusb #FansUnited pic.twitter.com/wfKiXFPuNW
— CARD (@CharltonCARD) 15. Oktober 2016
Charlton and Coventry fans march together #cafc #pusb @BBCLondonSport pic.twitter.com/cIeoQ8cbrT
— Louis Mendez (@LouisMend) 15. Oktober 2016
Watch #Coventry City and Charlton Athletic fans march together in protest against owners https://t.co/mN2H5N7pAA #Warwickshire pic.twitter.com/VQKFGbz2RU
— WARWICKSHIRE (@DailyWARKS) October 18, 2016
So Roland wants football fans to mingle at games. Well, #cafc & Burnley fans joined forces last season to chant "We want #RolandOut!" pic.twitter.com/fegdn64TOP
— CARD (@CharltonCARD) 22. September 2016
Auffällig dabei, dass sich die Protestler ausschliesslich auf verbale Gewalt beschränken. Anstatt Duchâtelet an die Gurgel zu gehen, wird stattdessen zum Beispiel das Herz und die Seele des Klubs formell in einem Sarg zu Grabe getragen.
Unter den Fans hat sich sogar eigens eine Band gegründet, die diese schöne Protest-Hymne aufgenommen hat:
Bei all dem Aufwand wäre es den Addicks zu wünschen, dass dieser bald Früchte tragen wird – auch wenn nicht garantiert ist, dass unter einem allfälligen neuen Besitzer alles besser wird. (drd)