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Edelweiss fliegt 16-stündigen Rundflug in die Arktis

Ein Airbus 340-300 von Edelweiss Air ueberfliegt nach dem Start den Flughafen Zuerich, am Dienstag, den 14. November 2017, in Kloten. (KEYSTONE/Christian Merz)
Ein A340 der Edelweiss Air ist bald auf dem Weg in die Arktis. Bild: KEYSTONE

Edelweiss fliegt 16-stündigen Rundflug in die Arktis – jetzt laufen Klimaschützer Sturm

Für eine deutsche Firma fliegt die Schweizer Ferien-Airline einen Sonderflug zum Nordpol, damit sich die Passagiere den Hotspot der Klimaerwärmung anschauen können. Der umstrittene Arktis-Flug erhitzt die Gemüter. 
03.11.2018, 15:5804.11.2018, 14:45
benjamin weinmann / schweiz am wochenende
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Ein Artikel von Schweiz am Wochenende
Schweiz am Wochenende

Buenos Aires, Dubrovnik oder La Palma – so lauten normalerweise die warmen Destinationen der Lufthansa-Tochter Edelweiss. Doch am 10. Mai 2019 fliegt eine A340-Maschine der Ferien-Airline in den Norden. Weit, weit in den Norden. Edelweiss führt einen Flug zum nördlichsten Punkt der Erde durch. Es lockt der Blick auf schneebedeckte Berge, Treibeis und Fjorde sowie die kürzeste mögliche Weltumrundung am Polpunkt, bei der alle 360 Längengrade der Erde innerhalb weniger Minuten durchflogen werden.

Hinter dem Angebot steht die deutsche Firma Air Event, die neu mit der Schweizer Airline zusammenspannt und dies in einer Medienmitteilung bewirbt: «Mit Edelweiss Air von Zürich zum Nordpol». Sie bietet Tickets ab 499 Euro an. Gemäss Programmbeschrieb startet der Edelweiss-Airbus A340 von Zürich aus zu einem 16-stündigen Sonderflug über die Arktis und den Nordpol zu einer Jahreszeit, in der die Mitternachtssonne herrscht. Für eine «themengerechte Unterhaltung und Vermittlung von Hintergrundinformationen» würden Polarforscher und Wissenschafter den Flug begleiten.

nordpol
Ein Flugzeug überfliegt den Nordpol.Bild: wikimedia

Es sind zwei Sinnbilder der Klimaerwärmung, die bei diesem Angebot zusammenkommen: Einerseits die schmelzenden Eisberge, andererseits das kerosinfressende, CO2-ausstossende Flugzeug. Diese symbolische Kollision kommt nicht überall gut an. Florian Brunner, Projektleiter Fossile Energien und Klima bei der Schweizerischen Energie-Stiftung, bezeichnet das Angebot als unnötig. «Es widerspricht der aktuell herrschenden Debatte rund um die Umweltschäden, welche die boomende Aviatikbranche verursacht.» Ändert sich daran nichts, selbst wenn die Passagiere auf diese Negativfolgen während des Fluges von den Experten hingewiesen werden? «Dann ist der Flug erst recht widersprüchlich», sagt der Klimaexperte der gemeinnützigen Organisation.

Edelweiss distanziert sich

Ähnlich tönt es bei Greenpeace Schweiz. «Dieses Angebot zielt definitiv in die falsche Richtung, es ist ein NoGo», sagt Georg Klingler, Leiter Klima bei der Umweltorganisation. Es handle sich zwar um ein kleines Nischenangebot, sei aber symptomatisch für die rasant wachsende Airline-Industrie. Schliesslich würden Schweizer doppelt so viel fliegen wie Menschen in den benachbarten Ländern. Statt solcher Angebote seien von den Airlines viel eher Lösungen für einen effizienteren Kerosineinsatz gefragt. Und wer den Gletscherschwund aus nächster Nähe betrachten wolle, könne dies problemlos in der Schweiz tun. Greenpeace biete zudem bei Veranstaltungen und Strassenständen ein Virtual-Reality-Erlebnis an.

Vom Ende der Ewigkeit – eine Reise durch bedrohte Polarwelten

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Die Fotografin Camille Seaman hat über zehn Jahre lang die Arktis sowie die Antarktis fotografiert.
quelle: dukas/catersnews / camille seaman
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«Damit zeigen wir filmisch den Arktisschwund aus nächster Nähe.» In der Medienmitteilung betont «Air Event» den neuen Partner stark: «Die Crew der Edelweiss Air sorgt in der gewohnt hohen Qualität der Schweizer Airline mit einem eigens für diesen Sonderflug zusammengestellten Menü natürlich auch für das leibliche Wohl der Gäste an Bord.» Doch die Schweizer Fluggesellschaft distanziert sich nun so weit als möglich vom Angebot: Man sei nicht die Initiantin des Fluges, sagt ein Sprecher. Die kommerzielle Verantwortung, die Auswahl der Flugroute und die Vermarktung des Fluges würden zu 100 Prozent bei «Air Event» liegen, mit der man einen Vollcharter-Vertrag abgeschlossen habe.

Passagiere werden zu «Botschaftern der Arktis»

Ein Sprecher von «Air Event» sagt, dass man diesen Flug bereits seit zehn Jahren anbiete, maximal einmal pro Jahr. Da der bisherige Partner Air Berlin jedoch pleite ging, benötigte die Firma einen neuen Partner und wurde bei Edelweiss fündig. Von der Kritik der Umweltschutz-Organisation zeigt sich der Sprecher enttäuscht. Der Flug ziele in dieselbe Richtung wie die Arbeit der Umweltschützer.

Modeschau einer Edelweiss-Crew mit neuen Uniformen bei der Taufe eines A340, dem juengsten Flottenzuwachs der Edelweiss Air, auf den Namen "Melchsee Frutt", auf dem Flughafen Zuerich Kloten, ...
Ein langer Einsatz für die Edelweiss-Crew. Bild: KEYSTONE

Er schaffe Bewusstsein über die Treibhauseffekte mithilfe eines populärwissenschaftlichen Bordprogramms: «Die Erderwärmung und die Effekte in der Arktis werden offen angesprochen und detailliert erklärt.» Den Teilnehmern vermittle man ein klares Verständnis für die Verletzlichkeit der Erde und sie würden symbolisch zu «Botschaftern der Arktis» ernannt, die ihr neu erlangtes Wissen über die Erde verbreiten sollen. Ausserdem würden die CO2-Emission über die Organisation Myclimate kompensiert. Wie viele Tickets bereits verkauft wurden, gibt die Firma nicht bekannt. Man stellte aber ein «durchaus angemessenes Interesse» fest.

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52 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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LarsBoom
03.11.2018 16:16registriert November 2016
Naja, Edelweiss und Swiss fliegen ja auch mit ihren Flugzeugen nach Slowenien oder Jordanien für die Wartung. Da ist dieses 16 Stunden flügli nur ein Tropfen auf den heissen Stein.
30045
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El Vals del Obrero
03.11.2018 16:36registriert Mai 2016
Etwa so, wie wenn man für die Anreise an ein Naturschutzgebiet eine Autobahn und ein Parkhaus baut. Die Natur profitiere nach dieser Logik davon, da dann mehr Leute das Naturschutzgebiet sehen ...
17737
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ARoq
03.11.2018 17:48registriert September 2014
Noch ein paar Ausreden für die Edelweiss PR-Abteilung:
- "Wir verlieren Arbeitsplätze, wenn wir nicht Fliegen"
- "Wenn wir nicht Fliegen, macht's ein anderer"

(Inspired by RUAG)
204107
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