Die Schweiz hat schon wieder den Kriegsmaterial-Export eines Landes in die Ukraine gestoppt – nach Deutschland traf es nun auch Dänemark. Mit dem Entscheid aus Bern scheitert der Plan der dänischen Regierung in Kopenhagen: Sie wollte ursprünglich mehrere Panzer nach Kiew schicken, um die ukrainische Armee im Angriffskrieg durch Russland zu unterstützen.
Das «Njet» aus Bern kommt nicht überraschend, es sorgte trotzdem für Schlagzeilen am Mittwoch, nachdem SRF eine «Rundschau»-Recherche veröffentlichte. «Dänen bei Seco abgeblitzt», hiess es etwa beim Boulevardblatt «Blick». Empörung gab es in den Kommentarspalten von jenen, die sich von der Schweiz mehr Unterstützung für die Ukraine erhoffen.
Der Entscheid konnte erwartet werden, weil die geplante Kriegsmaterialspende nicht irgendeinen Panzer, sondern in der Schweiz hergestellte Radschützenpanzer vom Typ Piranha III betraf. Eine solche Ausfuhr durfte Dänemark gar nicht selbstständig anordnen. Grund dafür ist eine Vertragsklausel, die der Schweiz ein Veto ermöglicht: So soll ein Imageschaden der Schweiz und der Schweizer Rüstungsindustrie verhindert werden.
Diese sogenannte Nichtausfuhrklausel gilt bis heute, auch wenn sie seit bald 25 Jahren im Besitz des dänischen Staates sind. Sie wurden 1997 bestellt und wurden im schweizerischen Kreuzlingen durch die Mowag AG produziert. Die Panzer kamen jahrelang für Armeeübungen zum Einsatz und sind entsprechend in die Jahre gekommen. Für den Ukraine-Krieg erschienen sie aber funktionstüchtig genug. Zumindest scheint man sich das im April 2022 in Kopenhagen gedacht zu haben.
Damals wurden die Pläne der dänischen Regierung erstmals in Fachkreisen publik: «Dänemark schickt alte Schützenpanzer Piranha III in die Ukraine» berichtete ein renommierter dänischer Journalist im Onlinemagazin «Olfi». Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht, die ukrainischen Streitkräfte sahen die Pläne aber bereits als beschlossene Sache an und berichteten auf der offiziellen Militärwebsite vom Piranha-Export.
Die Nachricht ging um die Welt und wird bis heute in der russischsprachigen Wikipedia als Beispiel dafür erwähnt, wie Dänemark die Ukraine im Krieg unterstützt. Die Panzer-Spende durfte aber (noch) gar nicht erfolgen: Dänemark musste die «Nichtausfuhrerklärung» einhalten und entsprechend in Bern nachfragen.
Anfang Mai lag aber ein solches Gesuch gar nicht vor, wie das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) gegenüber «Blue News» mitteilte. «Sollte ein solches Gesuch eintreffen, behandeln wir dies auf dem üblichen Verfahrensweg», wurde damals ein Seco-Sprecher zitiert. Sprich: Dänemark schmiedete Pläne, der Ukraine mehrere Schweizer Piranha-Panzer zu spenden – ohne jedoch die Bewilligung bei den Berner Behörden ersucht zu haben.
Diese ist Mitte Mai von einer dänischen Behörde nachgereicht und Ende Mai entsprechend negativ beantwortet worden, wie die SRF-«Rundschau» am Mittwoch berichtet. Begründet wurde es – wie im Fall der verbotenen Exporten aus Deutschland – mit der Neutralität der Schweiz sowie dem Kriegsmaterialgesetz.
Für den dänischen Staat war diese Sache sichtlich unangenehm: Obwohl die Schweizer Behörden zur versuchten Panzerspende öffentlich Stellung beziehen und Fakten schaffen, schweigt das Verteidigungsministerium. Das zuständige sozialdemokratische Regierungsmitglied Morten Bødskov lehnte es aktiv ab, die Stellungnahme des Secos zu bestätigen oder zu dementieren. «Aus Gründen der Vertraulichkeit», wie es aus Kopenhagen heisst.
Für Dänemark kommt dies einer Blamage gleich: Die Schweiz hat zwar tatsächlich erst kürzlich die Bewilligungskriterien verschärft. Das Verteidigungsministerium in Kopenhagen hätte aber spätestens im April 2022 wissen müssen, dass die Schweiz einheimisch hergestelltes Kriegsmaterial nicht in Konfliktländern sehen möchte: Damals scheiterte bereits Deutschland mit dem Versuch, eine Munitionsspende an die Ukraine von Bundesbern bewilligen zu lassen.
Das Seco bestätigt gegenüber watson, dass das «Nein» an die dänischen Behörden aufgrund «zwingender Ablehnungskriterien der Schweizer Kriegsmaterialgesetzgebung» erfolgte.
Diese Verschärfung trat im Oktober 2021, also wenige Monate vor Kriegsausbruch, in Kraft. Sie wurden als Gegenvorschlag zur sogenannten Korrektur-Volksinitiative ins Kriegsmaterialgesetz hineingeschrieben, mit der die frühere legere Bewilligungspraxis der Schweiz gestoppt werden sollte. Die Initiative war eine Antwort auf Enthüllungen, die den Einsatz von Schweizer Kriegsmaterial in Bürgerkriegsgebieten und durch Rebellen offenlegten.
Tiana Moser, Fraktionschefin der Grünliberalen im Bundeshaus, unterstützte damals diese Verschärfung – und ist somit mitverantwortlich für das Veto an Dänemark. Von einem Fehlentscheid will sie jedoch nicht sprechen: «Die verschärften Ablehnungskriterien waren die politische Konsequenz einer zu lockeren Bewilligungspraxis des Bundes. Wir wollten klare Kriterien schaffen, damit nicht weitere Schweizer Kriegsmaterialien bei Rebellen, in Autokratien oder bei Staaten landen, die die Menschenrechte verletzen.»
Sprich: Das Szenario, dass ein Krieg unter «Freunden in Europa» entstehen könnte, wo demokratische Kräfte unterstützt werden müssten, habe man damals nicht für möglich gehalten. Oder in den Worten der GLP-Fraktionschefin Moser: «Die jetzige Ausgangslage ist eine andere. Ein demokratisches Land wurde von einem Aggressor angegriffen.» Zudem handle es sich um Export bereits verkaufter Rüstungsgüter an europäische Staaten.
Anders sieht es SP-Nationalrat Fabian Molina. «Die Verschärfung der Kriterien war nötig und richtig. Das Seco hat richtig gehandelt», sagt Molina. Emotional könne das Schweizer Veto unangenehm sein – Molina warnt jedoch davor, wegen des Ukraine-Kriegs nachzugeben: «Die Schweiz hat als neutraler Staat eine andere Rolle als etwa die USA. Deshalb waren die Anpassungen im Kriegsmaterialgesetz richtig. In der Vergangenheit landeten zu oft Schweizer Waffen und Munition in Kriegsgebieten.»
Wäre ja eine Schand wenn diese dann das Schweizer Kriegsmaterial für den Angriffskrieg (!) in Jemen brauchen würde.
(Das geht gerne vergessen in der Debatte um nöitralutdäd schweizer Prägung)
Gottlob haben wirs der Diktatur Dänemark gezeigt was Sache ist. Könnte ja jeder kommen und der Ukraine helfen.
So nicht meine Herren. Wir haben als Schweiz bereits eine kleine Spende ans IKRK gemacht. Das muss langen.
Meine Güte es ist Krieg in Europa und ein Bundesamt will Putin helfen.
Der fischige Radpanzer ist doch kein Angriffsfahrzeug. Aufklärung und Manschaftstransporter, ja. Ohne Begleitung von Kampfpanzern eher eine nette Zielscheibe.
Also warum das Theater?
Ein weiterer Punkt, rein wirtschaftlicher Art. Wer kauft schon Waffen die er nicht im Notfall einfach abgeben darf? Man überlege, VW verbietet mir meinen Oktavia, an Akadir zu verkaufen weil der ein Händler aus dem Kongo ist. Wie lang wird es VW noch geben mit dieser Politik?