Sie machen einfach weiter. Geben noch mehr Geld für neue Spieler aus. Obwohl immer noch keiner der Neuzugänge spielberechtigt ist. Obwohl der Klub mit über einer Milliarde Euro in der Kreide steht. Trotzdem will der FC Barcelona nun auch noch Bernardo Silva verpflichten. Für rund 55 Millionen Euro. Damit würden die Ausgaben in diesem Sommer auf über 200 Millionen Euro steigen. Demgegenüber stehen Transfer-Einnahmen von 23 Millionen Euro.
Als «imperialistisch und überheblich» bezeichnete Barça-Präsident Joan Laporta die Transferpolitik von Real Madrid einst. 2009 war das. 13 Jahre später klingt das mehr wie ein Selbstbeschrieb des Katalanen.
Denn Laportas Strategie, Geld auszugeben, das man nicht hat, und dann zu glauben, dass dies zu sportlichem Erfolg führt, der wiederum die Kassen füllt, ist genau das: überheblich. Laporta verhält sich wie ein verwöhntes Kind im Spielzeugladen. Was er will, das bekommt er.
Das sorgt für immer mehr Unverständnis. Bayern-Coach Julian Nagelsmann fasste treffend zusammen: «Barcelona ist der einzige Klub der Welt, der kein Geld hat, aber jeden Spieler kauft, den er will.» Und auch viele Fussballfans schütteln nur noch den Kopf, wenn sie hören, dass Barcelona schon wieder vor der Verpflichtung eines neuen Superstars steht.
So verspielt der Verein, dessen Motto «Mehr als ein Klub» ist, immer mehr Kredit bei den Fans. War der FC Barcelona einst ein bescheidener Klub ohne Trikotwerbung und Vorbild in Sachen Jugendarbeit, ist er heute Sinnbild dafür, was im Fussball falsch läuft.
Denn so sehr sich Laporta gegen Vereine wie Manchester City oder Paris Saint-Germain wehrt, sein eigener Klub ist keinen Deut besser. Nur weil Barça keine «Geldmaschine» hat und nicht «in den Händen von Staaten ist, die nicht zur Europäischen Union» gehören, wie es Laporta über die anderen beiden Vereine sagt, wird das Vorgehen des Klubs nicht zur moralischen Mission, zu welcher der 60-Jährige es gerne erheben würde.
«Wir werden gegen diese Vereine kämpfen», sagte er. «Wir» heisst in diesem Fall neben Barça auch Real Madrid und Juventus. Sie sind die drei verbleibenden Vereine, welche die Super League weiter vorantreiben. Jenes Gebaren von ursprünglich zwölf Superreichen, die das Ende des Fussballs sehen kamen und glaubten, ihn nur mit einer eigenen Liga retten zu können.
In Wahrheit zeugen die Aussagen Laportas aber nur von Scheinheiligkeit und davon, dass er jeglichen Bezug zur Realität des Fussballs und seinen Fans verloren hat. Denn die Transferpolitik seines Klubs schadet der öffentlichen Wahrnehmung des Sports mindestens so stark wie der Geldfluss aus den Golfstaaten.
Dass der FC Barcelona trotz seines riesigen Schuldenbergs einfach weiter investiert, zeigt, wie wenig sich die Vereinsführung für wirtschaftliche Gesetzmässigkeiten interessiert. Irgendwie wird es ja schon klappen, man ist schliesslich das Aushängeschild einer ganzen Region und einer der grössten Klubs der Welt.
Mit dieser «Too Big to Fail»-Arroganz agierte Barça auch in der aktuellen Transferperiode: Einfach mal Spieler kaufen und dann schauen, wie man die Finanzen regelt, um diese auch bei der Liga registrieren zu können. Die UEFA schert sich ja ohnehin nicht darum, ob ihre eigenen Vorgaben eingehalten werden.
Und wenn doch, hat der Klub auch andere Mittel, wie eine Episode, die im Buch «Barça» von Simon Kuper beschrieben wird, zeigt. Demnach habe sich ein Offizieller des FCB bei einem UEFA-Vertreter über den sanften Umgang der Financial-Fair-Play-Verantwortlichen mit ManCity und PSG beklagt. Dann habe er diesen gefragt, ob man jemanden im FFP-Departement bezahlen könne. Barça wollte ihn offensichtlich bestechen.
Wie skrupellos der Verein vorgeht, erfuhr zuletzt auch Frenkie de Jong. Weil sich der Niederländer weigerte, den Verein zu verlassen, droht ihm nun gar eine Klage. Aufgrund angeblicher krimineller Handlungen der Führung unter dem vorherigen Präsidenten Josep Bartomeu soll dieser annulliert werden und ab sofort wieder der alte, tiefer dotierte Vertrag gelten.
Zuvor wurde der 25-Jährige wochenlang zum Wechsel gedrängt und in den Medien öffentlich durch den Dreck gezogen. Einige Vertreter von Barcelona-Spielern vermuteten laut «The Athletic», dass Informationen aus dem Umfeld des Vereins an Medien weitergereicht wurden, um Druck auf die Spieler auszuüben.
Sollte dies wahr sein, wäre das ein Zeichen für die fehlende Wertschätzung seitens des Klubs. Immerhin verzichtete de Jong gemäss «Relevo» letzte Saison auf zwei Drittel seines Gehalts. Geld, das fällig gewesen wäre, hätte de Jong einem Transfer zugestimmt. Ein Schelm, wer nun denkt, dass Laportas Umschwenken vielleicht auch damit zusammenhängt. Denn plötzlich will der Präsident de Jong «unbedingt behalten», nur halt zu geringeren Bezügen.
Bisher scheint dies keinen Einfluss auf die Spieler zu haben, die Barcelona verpflichten möchte. Zu gross ist die Strahlkraft der Katalanen – noch.
Im Umgang mit den Spielern zeigen auch die Fans ein unentschuldbares Verhalten. Bei der Kadervorstellung wurde Martin Braithwaite ausgebuht und ausgepfiffen. Und weshalb? Weil er nicht wechseln will, nur damit es Barça finanziell besser geht? Weil er nicht auf einen Teil seines Gehalts (angeblich knapp 6 Millionen Euro) verzichten will?
whistles at Martin Braithwaite#Barca #Braithwaite #Gamper #Gamper2022 #Lewandowski pic.twitter.com/CMpiY6zRtb
— FUT (@Futboleer) August 8, 2022
Vielleicht müsste den Barça-Anhängern mal erklärt werden, wie das Geschäft im Fussball funktioniert. Denn es ist der Klub, der Braithwaite verpflichten wollte und ihm den Vertrag angeboten hat. Es ist also das gute Recht des Dänen, auf dessen Einhaltung zu pochen. Auch wenn der Präsident des FCB bei Unterschrift noch Bartomeu hiess.
Aber wahrscheinlich kann man von der Anhängerschaft eines Klubs nicht erwarten, dass sie das verstehen, wenn selbst der Präsident nicht ganz zu kapieren scheint, dass man Geld, welches man ausgeben will, vorher beschaffen sollte. Und nicht erst, wenn die Liga aufgrund der riesigen Schuldenberge damit droht, dass die teuren Neuzugänge vielleicht gar nicht spielen dürfen.
Wird definitiv zum ****Verein mit diesem Verhalten!