Thomas Bickel, wie haben Sie am Donnerstag nach der Niederlage von Xamax in Schaffhausen den Aufstieg des FCZ gefeiert?
Thomas Bickel: Gar nicht. Es ist eine Genugtuung da, aber persönlich bin ich nicht in Feierlaune.
Weshalb nicht?
Es gibt keinen Grund dafür. Ja, wir sind aufgestiegen. Aber für mich ist dies nichts anderes als die Korrektur der letzten Saison. Wir sind uns bewusst, dass dies lediglich ein erster Schritt auf unserem Weg ist und die Arbeit erst richtig begonnen hat. Wir wollen bescheiden und demütig bleiben.
Es wird keine Aufstiegsparty geben?
Beim letzten Spiel wird schon gefeiert. Die Spieler verdienen das auch. Die Zielsetzung war der Aufstieg, und diesen haben sie geschafft. Ich selber schaue aber lieber von Spiel zu Spiel, versuche Erkenntnisse zu gewinnen und seriös und selbstkritisch zu analysieren. Was am Samstag beim 0:2 gegen Wil geschah, darf nicht passieren.
Wie sehr ärgert Sie diese erste Heimniederlage?
Ich habe sie nur aus der Ferne miterlebt, da ich im Ausland weilte. Aber sie macht mich stinksauer. Genau das wollen wir vermeiden. Es braucht in jedem Spiel die entsprechende Seriosität. Diese DNA müssen wird im Verein umsetzen. Da ist ein solches Spiel wie gegen Wil ein herber Rückschlag. Klar, es ging nicht mehr um den Aufstieg, aber wir in der Führung nehmen jedes Spiel sehr wichtig. Für uns gibt es nicht wichtige und weniger wichtige Spiele. Nein, bei uns gibt es keine Selbstzufriedenheit.
Es war trotz allem ein souveräner Aufstieg. Ist er ein Ausdruck für die gute Arbeit des FCZ oder einfach nur die logische Konsequenz davon, dass – überspitzt ausgedrückt – das Budget mit 20-Millionen Franken so gross ist, wie jenes der neun Gegner zusammen?
Erfolg kann man sich nicht kaufen. Aber es braucht gewisse Investitionen, wenn man erfolgreich sein will. Es war ein wichtiges Zeichen des Präsidenten-Ehepaars, direkt nach dem Abstieg zu sagen, es gebe keine Budgetkürzungen. Es war wichtig, die Geldmittel für seriöse Arbeit zur Verfügung zu haben. Es wurden gute Voraussetzungen geschaffen.
Was hat Ihnen sonst gefallen?
Ich habe extrem hohe Ansprüche. Deshalb bin ich selten zufrieden gewesen. Ich möchte tollen, mutigen und furchtlosen Fussball sehen, eine absolute Intensität in jedem Spiel. Es gab Momente, die mir gefallen haben. Aber auch viele andere.
Sie haben beim Cupspiel gegen Basel und beim «Endspiel» um den Einzug in die K.o.-Phase der Europa League gegen Osmanlispor den Hunger vermisst.
Das sind Beispiele für Spiele, die zu einem besonderen Moment hätten führen können. Den absoluten Ehrgeiz und Hunger braucht es einfach, wenn man nahe an einem Ziel ist, um es dann auch zu erreichen. Wenn wir mehr Willen als der Gegner gehabt hätten, wären die Überraschungen möglich gewesen. Wir hatten insgesamt einen tollen Auftritt in der Europa League, aber wenn es eng wird, entscheidet nun mal die Winner-Mentalität. Das haben wir nicht hingekriegt. Das soll jetzt aber kein Vorwurf an die Mannschaft sein.
Weshalb lief es dem FCZ im Frühjahr nicht mehr so gut?
Wir sind dabei, es zu analysieren. Wir hatten uns etwas anderes vorgenommen. Ich dachte sogar, wir könnten uns in der Rückrunde noch einmal steigern. Das ist nicht gelungen.
War man sich des Aufstiegs zu sicher und verlor die Spannung?
Die Spieler sind auch nur Menschen. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht gegen die Genügsamkeit ankämpfen. Es geht um eine erfolgreiche Zukunft.
War es ein grosser Vorteil, schon früh für die Super League planen zu können?
Ich bin immer auf dem Boden geblieben. Das Unentschieden zu Hause gegen Winterthur Mitte März war eine klare Warnung. Wir haben immer zweigleisig geplant.
Ist es ein Problem oder ein Segen, dass nur die Verträge von Buff, Kecojevic und Chiumiento auslaufen?
Weder noch. Ich halte mich an Fakten.
Was passiert mit dem an Lugano ausgeliehenen Armando Sadiku?
Er hat Ambitionen für einen Wechsel ins Ausland. Wir legen ihm keine Steine in den Weg.
Ist die Mannschaft überaltert?
Nein, das nicht. Aber wir werden sie dennoch verjüngen.
Wie im Winter mit dem 21-jährigen Stürmer Raphael Dwamena. Da konnte der FCZ ein Juwel in den Letzigrund holen.
Das ist ein kompletter Spieler. Ich bin sehr froh, dass es geklappt hat. Wir gaben mit Sadiku einen Stürmer ab und konnten ihn 1:1 ersetzen. Dwamena entspricht unserer Strategie, qualitativ gute Spieler zu holen, die auch von der mentalen Seite her alle Voraussetzungen mitbringen, um erfolgreich zu sein.
Wie viel wird investiert, um die Mannschaft zu verstärken? Es ist von drei bis vier Spielern die Rede.
Wir haben klare Budgetvorgaben. Grosse Überraschungen wird es nicht geben. Wir haben nicht die Mittel anderer Vereine aus der Super League. Wenn wir unsere Wunschvorstellungen umsetzen wollten, befänden wir uns in der Grössenordnung einer Transfersumme von 30 bis 40 Millionen. Da müssen wir gewisse Abstriche machen …
Will der FCZ den FCB angreifen?
Nein, das wäre absolut nicht realistisch. Unsere Strategie ist nicht der totale Angriff auf die Spitze der Liga schon in der nächsten Saison. Es folgt eine Kaderbereinigung von Sommer 2017 bis Sommer 2018. Ich will andererseits auch nicht von einer Übergangssaison sprechen, denn man weiss ja nie …
Aber die Europacup-Qualifikation wird der FCZ schon anpeilen?
Das sind immer unsere Ansprüche. Wir wollen eine gute Saison spielen.
Was unternimmt man beim FCZ, damit künftig Talente wie Grgic, Janjicic, Oberlin und Sow den Verein nicht mehr so früh verlassen?
Wir tun alles dafür, damit dies nicht mehr passiert. Wir bieten den Jungen schon in dieser Saison vieles. Ich denke, dass nicht ein Einziger von ihnen jetzt schon weg will. Sie bekommen nun ihre Chance, sich in der ersten Mannschaft zu präsentieren.
Präsident Canepa hat davon gesprochen, das «Wir-Gefühl» sei zurück beim FCZ. Er spüre eine Aufbruchstimmung. Wie ergeht es Ihnen?
Ich möchte nicht überschwänglich emotional werden. Es war sicher wichtig, dass nach dem Abstieg wieder eine gute Stimmung in den Verein kam. Wir arbeiten sehr gut zusammen.
Canepa hat im Zusammenhang mit Ihnen von einer Trouvaille gesprochen, die der FCZ gefunden habe.
Auch ich nehme Komplimente gerne an. So eitel bin ich schon. Aber nach nur einem Jahr bilde ich mir noch nichts ein. Ich kann das Ganze richtig einschätzen. Ich habe meinen Teil zum Erreichen der Zielsetzung beigetragen. Wir haben eine gute Basis gelegt. Aber die wirklich schwierigen Aufgaben und Herausforderungen beginnen erst. Doch darauf freue ich mich.