Brasilien: Lula muss sich wegen Behinderung der Justiz verantworten

Brasilien: Lula muss sich wegen Behinderung der Justiz verantworten

30.07.2016, 01:52

Brasiliens früherer Präsident Luiz Inácio Lula da Silva muss sich wegen Behinderung der Justiz vor Gericht verantworten. Dem linken Politiker wird vorgeworfen, die Ermittlungen zur Korruptionsaffäre rund um den staatlichen Ölkonzern Petrobras behindert zu haben.

Lula wurde zusammen mit sechs weiteren Verdächtigen angeklagt, darunter dem früheren Senator Delcidio do Amaral, der im Petrobras-Skandal zum Hauptzeugen geworden ist, wie ein Sprecher des Justizministeriums am Freitag der Nachrichtenagentur AFP sagte. Der Ex-Präsident (2003-2011) soll an dem Versuch teilgenommen haben, einen Zeugen des Korruptionsskandals um den Erdölkonzern mit Zahlungen zum Schweigen zu bringen.

Lula und seine Mitangeklagten hätten dem zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilten ehemaligen Petrobras-Direktor Nestor Cerveró Geld angeboten, damit er nicht gegen führende Politiker der Arbeiterpartei (PT) Lulas aussagt. Amaral wurde verhaftet, nachdem der Staatsanwaltschaft eine Aufzeichnung eines Zahlungsangebots an den Sohn Cerverós zugeleitet wurde. Amaral wiederum hat Lula bezichtigt, den Bestechungsversuch angestiftet zu haben. Lula bestreitet jegliche Teilnahme.

«Dünne Beweislage»

Ein Sprecher Lulas sagte, die Beweislage sei dünn und beruhe vorwiegend auf Beweisen aus einer Vereinbarung der Justiz mit Amaral. Lula habe die Ermittlungen niemals behindert, erklärte der Sprecher des früheren Präsidenten. Auch seine Anwälte bekräftigten das erneut.

Lula selbst sagte zu dem bevorstehenden Prozess bei einer Veranstaltung in São Paulo, er sei «müde» angesichts der Vorwürfe. «Alles, was ich möchte, ist Respekt», sagte er und bezeichnete sich selbst als äusserst gesetzestreu. Er wolle nicht von den Medien verurteilt werden, fügte er hinzu.

Lula hatte am Donnerstag eine Beschwerde beim UNO-Menschenrechtskomitee in Genf eingereicht wegen «Machtmissbrauchs» zu seinen Ungunsten. Seine Anwälte warfen bei einer Pressekonferenz in London dem ermittelnden Richter im Petrobras-Skandal, Sergio Moro, vor, gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte verstossen zu haben.

Abstimmung im August

Lula wird beschuldigt, die zentrale Figur im Petrobras-Skandal zu sein. Gegen ihn wird unter anderem wegen des Verdachts auf Begünstigung durch einen Baukonzern ermittelt. Als Präsidentin Dilma Rousseff im März ihren langjährigen Freund und Mentor zum Stabschef der Regierung ernannte, wurde dies von der Justiz blockiert, da der Posten ihm Immunität und damit Schutz vor einem drohenden Korruptionsverfahren verschafft hätte.

Inzwischen wurde Rousseff selbst im Zuge eines Amtsenthebungsverfahrens als Präsidentin suspendiert und durch ihren Vize Michel Temer abgelöst. Ende August steht eine Abstimmung im Senat über ihre endgültige Amtsenthebung an. Lula war von 2003 bis 2010 Präsident und erwarb sich durch umfangreiche Sozialprogramme bleibende Popularität. Sein Erbe ist jedoch durch den Korruptionsskandal verdunkelt.

In die Korruptionsaffäre um den Ölkonzern Petrobras sind Geschäftsleute und Politiker verschiedener Parteien verwickelt. Von 2004 bis 2014 sollen mehr als zwei dutzend Firmen, zumeist grosse Baukonzerne Schmiergelder an Petrobras gezahlt haben, um an lukrative Aufträge zu kommen. Petrobras wiederum zahlte ebenfalls Bestechungsgeld an Politiker. Allein Lulas Arbeiterpartei soll bis zu 200 Millionen Dollar erhalten haben. (sda/afp/dpa)

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