Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: 25 Jahre nach dem Frauenstreik und 20 Jahre nach dem Gleichstellungsgesetz fordert der Gewerkschaftsbund (SGB) Lohnkontrollen, damit Schweizer Frauen endlich anständig bezahlt würden.
Trotz 20 Jahren Gleichstellungsgesetz verdienten Frauen immer noch rund einen Fünftel weniger als ihre männlicher Kollegen, sagte SGB-Zentralsekretärin Regula Bühlmann am Montag vor den Medien in Bern. «Etwa die Hälfte des Unterschieds ist wohl diskriminierend - immer noch.»
Gesetz genügt nicht
Das heutige Gesetz genügt aus Sicht des SGB nicht, um Lohngleichheit zu erreichen: Der noch von Bundesrat Pascal Couchepin angestossene Lohngleichheitsdialog zwischen Bund und Wirtschaft musste 2015 von Bundesrätin Simonetta Sommaruga für gescheitert erklärt werden, da sich nur etwa 50 Unternehmen beteiligt hatten.
Auch der Klageweg ist dornig. «Lohnklagen verlangen einen langen Atem.» Zudem seien sie ein Risiko für Karriere und Finanzen der Betroffenen.
Der SGB verlangt, dass im Gleichstellungsgesetz auf Firmenebene sich regelmässig wiederholende Lohnkontrollen festgeschrieben werden. Bei Verstössen brauche es Sanktionen wie hohe Bussen oder eine Klagerecht.
Letzteres sieht der Vorschlag des Bundesrats nicht vor. Dieser möchte Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden dazu verpflichten, alle vier Jahre ihre Löhne zu analysieren. Ohne «abschreckende» Strafen für säumige Unternehmen werde das nichts, zeigte sich Bühlmann überzeugt.
Frauenrechte vs. Frankenschock
Doch gegen solche Schritte wehrten sich SVP und FDP. «Nach dem Frankenschock fordern sie Deregulierung - und wollen auf diesem Altar die Frauenrechte opfern», sagte Bühlmann.
«Die Arbeitgeber sprechen von Lohnpolizei und bürokratischen Aufwand», dabei sei der Aufwand minimal, sagte Unia-Geschäftsleitungsmitglied Corinne Schärer. Die Analyseinstrumente würden bereits eingesetzt, um Aussagen über machen Lohnunterschiede für einzelne Branchen zu machen. Dasselbe Tool könne auch eine einzelne Firma auf Lohnungerechtigkeiten abklopfen - «wenn der Wille des Arbeitgebers vorhanden ist».
«Unerhörte Provokation»
Die SGB-Frauen lassen nun die Muskeln spielen: Am (morgigen) Dienstag, dem 25. Jahrestag des Frauenstreiks, planen sie schweizweit verschiedene Aktionen. Vorgesehen sind unter anderem Bummelstreiks.
An der Medienkonferenz nahm auch Elfie Schöpf teil, die 1991 für den SGB den Frauenstreik koordiniert hatte. Schöpf liess «diese damals unerhörte Provokation, in einem Land, das lange Zeit keine Streiks gekannt hatte», Revue passieren.
«Ein neuer Frauenstreik wäre super», sagte sie, denn «noch heute lassen wir Frauen uns zu viel bieten.» Aber sie glaube nicht, dass ein solcher nochmals auf die Beine gestellt werde, «denn die Frauen sind zu resigniert».
Armut nach hartem Arbeitsleben
Die Lohnungleichheit hat Langzeitfolgen, was viele Frauen nicht bedenken. Im Alter erhalten sie weniger AHV und Pensionskasse als ihrer besser bezahlten Kollegen, weil die Frauen weniger einzahlen und ansparen konnten.
Wird eine Frau invalide noch während des Erwerbslebens, fällt ihre IV-Rente tiefer aus. Dies gilt besonders dann, wenn sie während einiger Jahre zugunsten der Kinder aus dem Erwerbsleben ausgestiegen ist oder nur Teilzeit gearbeitet hat. Solche Frauen sind auch besonders häufig von Altersarmut betroffen.
Hart trifft es auch Geschiedene oder Verwitwete mit Kindern sowie alleinerziehende und kranke Frauen. Ihnen bleibt - obwohl sie ihr Leben lang gearbeitet haben - im Alter oft nur der Gang zur Sozialhilfe.
Je höher Lohn und Vermögen, desto geringer die Armutsgefahr. Wer rasch vergleichen möchte, kann dies mithilfe des Lohnrechners «Salarium» des Bundesamt für Statistik (BSF) im Internet tun. Seit Montag ist die neue Version aufgeschaltet, die auf der Lohnstrukturerhebung 2014 basiert, wie das BSF mitteilte. (sda)