Lange blieb es ruhig um die zwei «Maskenmillionäre». Doch eine Recherche des Tages-Anzeigers rückt die zwei Unternehmer der Emix Trading AG wieder in den medialen Fokus. Es stehen Fälschungsvorwürfe im Raum. Die Jungunternehmer vom Zürichberg werden verdächtigt, zu den teils gefälschten Masken auch gefälschte Herstellerzertifikate mitgeliefert zu haben.
Im Sommer 2020 hörte man zum ersten Mal von den Behörden in der Schweiz, Deutschland und anderen europäischen Ländern, wie zwei junge Schweizer Unternehmer Masken verkauften und damit Millionen verdienten.
Die damalige Berichterstattung legte den Fokus vor allem auf die teuren Autos, die sich die beiden leisteten: je einen Bentley zum Preis von 250'000 Franken pro Stück sowie einen Ferrari für über 2,5 Millionen Franken.
Bei den beiden Unternehmern handelte es sich um Luca Steffen und Jascha Rudolphi. Ihre Firma: die Emix Trading AG, gegründet 2016.
Sie verdienten ihr Geld ursprünglich mit dem Import von Softdrinks und Kosmetika. Sie wollten damit etablierte Lieferketten umgehen. Zu Beginn der Coronakrise hatten sie dann den richtigen Riecher und investierten direkt massiv in Schutzmasken – als eine der ersten Firmen in Europa. Die beiden verdienten damit pro Person zwischen 30 und 100 Millionen, wie Inside Paradeplatz damals schätzte.
Schnell wurde bekannt, dass Steffen und Rudolphi bis im März 2020 im Vorstand der Zürcher JSVP waren. Bemerkenswert ist das, weil mit Franz Grüter ein SVP-Nationalrat früh forderte, «dass die Eidgenössische Finanzkontrolle die Maskenbeschaffung durch die Armeeapotheke untersucht». Es dürfe nicht sein, dass sich junge Menschen an einer Notlage bereicherten.
Doch nur wenig später relativierte Grüter seine Aussage: «Ich fordere keine Untersuchung gegen die Jungunternehmer. Vielmehr gratuliere ich ihnen, sie sind schlaue Geschäftsleute.» Es sei nicht verwerflich, aus der Krise Profit zu schlagen. «Sie haben ein lukratives Geschäft gemacht, und das ist ihr gutes Recht», so Grüter.
Im Dezember 2020 erschien ein Interview mit Brigadier Markus Näf, der den Kauf der überaus teuren Masken seitens der Armee rechtfertigte. So habe die Armee für FFP2-Masken bis zu 9.90 Franken pro Stück bezahlt – auffällig war dabei, dass der Bund eine Obergrenze von 10 Franken pro Stück festgelegt hatte. Es stand also die Frage im Raum, ob die beiden Jungunternehmer davon Kenntnis hatten.
Eine Armeesprecherin sagte: «Ganz zu Beginn der Beschaffungen durch die Armeeapotheke zur Bewältigung der Corona-Pandemie hat diese von der Emix Trading GmbH 10 Millionen Hygienemasken und 500’000 FFP2-Masken gekauft.»
Im Januar 2021 wurde bekannt, dass sich Masken, die von der Emix Trading AG geliefert worden waren, einer Nachprüfung unterziehen mussten. Die eine Hälfte der an die Armee gelieferten Masken habe der chinesischen KN95-Norm entsprochen, die andere habe aus mutmasslichen Fälschungen von minderwertiger Qualität bestanden, die zum Teil von Schimmel befallen waren – dies deckte der Tages-Anzeiger auf. Kostenpunkt für die Armee: knapp eine Million Franken.
Weiter gab es eine Anzeige wegen Wuchers gegen die Emix Trading AG, zu der sich deren Verwaltungsratspräsident Peter Ackermann wie folgt äusserte: «Der Ankaufpreis im Herstellungsland einer Maske ist nur ein kleiner Teil der uns als Händler entstehenden Gesamtkosten. Hinzu kommen unter anderem Zoll, Abgaben, Fracht-, Fix- und weitere variable Kosten sowie Exportrisiken. Aufgrund zusammenbrechender Lieferketten zu Beginn der Corona-Krise sind insbesondere die Logistikkosten für alle Frachtarten explodiert.»
Ackermann äusserte sich damals auch zu den Vorwürfen der unzureichenden Qualität: «Die von Emix Trading gelieferten Masken wurden von der Armeeapotheke qualitativ geprüft. Die Armeeapotheke und das VBS haben zu keinem Zeitpunkt und in keinem einzigen Fall die gute Qualität der gelieferten Masken gerügt oder infrage gestellt.»
Ebenfalls im Januar 2021 nahmen Steffen und Rudolphi – damals beide 23 Jahre alt – zu den verschiedenen Vorwürfen erstmals Stellung. «Wir hatten einen zeitlichen Vorsprung auf alle anderen, das war das Entscheidende», erklärte Steffen die Tatsache, dass sie die Millionenaufträge des Bundes bekommen hatten. Sie hätten ihr ganzes Geld reingeworfen und die Gewinne reinvestiert. Masken bezogen sie laut eigener Aussage von etwa 100 Herstellern in China, wobei etwa 20 Prozent der Masken bereits dort aussortiert und vernichtet worden seien.
Sie wehrten sich gegen den Wuchervorwurf. Es sei sehr aufwendig gewesen, Ware in derart grossen Mengen produzieren und nach Europa schaffen zu lassen. Ausserdem hätten sie wertvolle Dienste geleistet: «In Italien starben Tausende von Menschen, es gab fast keine Masken, das war die Situation damals», so Rudolphi.
Die damalige Marge in der Schweiz liege bei maximal 20 bis 30 Prozent. Sie wiesen ausserdem die Vorwürfe zurück, sie hätten gefälschte oder verschimmelte Ware verkauft.
Es sei «ein Fehler» gewesen, das Geld gleich in Luxusautos zu investieren. Mit der SVP hätten sie auch nichts mehr am Hut.
Im Januar 2022 wurde bekannt, dass bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen unbekannt bzw. gegen leitende Personen im VBS im Kontext der Maskenbeschaffung eingegangen sei. Dem VBS sei schon im April 2020 durch Tests klar geworden, dass die von der Emix Trading AG gelieferten Masken mangelhaft seien. Sie böten wenig Schutz. Beim einen Maskentyp sei ein Viertel der im Labor Spiez getesteten Masken durchgefallen. Sie wiesen einen sogenannten Gesamt-Fit-Faktor von durchschnittlich 4,6 auf, wobei ein Wert von 13 nötig wäre. Eine weitere Maske sei wegen offensichtlicher Leckage gar nicht mehr für die Bewertung berücksichtigt worden. Bei einem anderen Maskentyp resultierten Gesamt-Fit-Faktoren zwischen 1,6 und 4,1.
Auch hier wiesen die beiden Jungunternehmer wieder alle Vorwürfe zurück und erklärten: «Die von Emix gelieferten Atemschutzmasken [...] waren in Ordnung, wie auch TÜV-Berichte sowie das VBS als Kunde bestätigen. Anderslautende Vorwürfe sind haltlos und können widerlegt werden.»
Das Verfahren der Bundesanwaltschaft wurde inzwischen eingestellt.
Im Juni 2022 macht das Bundesland Bayern Schlagzeilen, das seinerseits die dortige Maskenbeschaffung aufarbeitet und unter anderem zum Schluss kommt, die Preise der Zürcher Jungunternehmer seien «exorbitant» gewesen. Der bayerische Untersuchungsausschuss wollte Steffen und Rudolphi auch als Zeugen vorladen. Da die beiden dies ignorierten, ersuchte der Leiter des Ausschusses die Schweiz um Rechtshilfe in dem Fall. Das VBS war hingegen der Ansicht, die Masken «zu Marktpreisen» eingekauft zu haben.
Am Wochenende hat der Tages-Anzeiger über Ungereimtheiten bei den Maskenzertifikaten berichtet. Es geht konkret um Hygienemasken vom Typ II der Marke Sword. Brisant ist, dass der Hersteller bestreitet, dass die Masken aus seiner Fabrik stammen. Ein unabhängiges Gutachten habe zusätzlich Unregelmässigkeiten bei der beigelegten Herstellerzertifikaten festgestellt, so die Zeitung weiter.
Bei der Staatsanwaltschaft Zürich ist derweil noch ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf Wucher hängig. Ab Oktober läuft in Deutschland ein Prozess im Zusammenhang mit einem Emix-Deal. Gegen die «Maskenmillionäre» selbst läuft dort allerdings kein Verfahren. Neue Details dürften hingegen ans Licht kommen.
Es gilt die Unschuldsvermutung.
Heinz Grüter, Vizepräsident SVP
Das Parteiprogramm der SVP auf den Punkt gebracht. Der "Erfolg" der SVP basiert darauf Kapital aus Menschen in Not zu schlagen.
2. Sie wehren sich gegen den Vorwurf des Wuchers.
3. Die beiden waren bei der SVP und SVP Leute wie Franz Grütter und andere finden solche Geschäftspraktiken nicht verwerflich.
Da frage ich mich nur, wie gross der Aufschrei bei der SVP gewesen wäre, wenn die beiden Jungunternehmer anstatt Steffen und Rudolphi zum Beispiel Abubakar und Hasani geheissen hätten.
Da sollten aber bald ein paar mehr als nur die Köpfe der beiden " Jungunternehmer" rollen.