Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Die Troll-Fabrik «Forest Echo News» wurde im September 2015 eröffnet und twitterte schon Monate vor der Fussball-EM haarsträubenden Blödsinn und üble Verleumdungen über Fussballer und Trainer der verschiedenen National-Teams. Um den Schein zu wahren, twittert «Forest Echo News» dazwischen immer wieder echte Nachrichten.
Hinter «Forest Echo News» steckt gemäss der gleichnamigen Website «eine Gruppe unabhängiger und reputierter Fussball-Journalisten aus der ganzen Welt». Das Medienunternehmen werde «finanziert von der Metropolis Arab Group (MAG), die sehr grosse Summen investiere», damit Forest Echo News brandheisse Geschichten über Fussballer-Transfers etc. publizieren kann.»
Das Bild des Investors ist allerdings das Agenturfoto eines südafrikanischen Fotografen. Der «arabische Scheich» auf dem Bild ist ein Fotomodell und damit genauso ein Fake, wie alle «Fussball-Journalisten» der Troll-Fabrik und die fiktive Metropolis Arab Group.
Zu den aktivsten Fake-Accounts von «Forest Echo News» zählt Simon Rowntree. Am 10. Juni 2016 twitterte er, der spanische Torhüter David De Gea sei wegen Sex-Parties mit minderjährigen Mädchen aus der Nationalmannschaft geworfen worden:
BREAKING: David De Gea has been removed from the #ESP squad following allegations of sexual assault. Adrian San Miguel to replace him
— Simon Rowntree (@Simon_Rowntree) 10. Juni 2016
Der spanische Fussballverband dementierte umgehend, das Gerücht über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen war aber kaum noch aus der Welt zu schaffen.
Doch damit nicht genug: Simon Rowntree macht sich zwischendurch sogar lustig über die Zweifel und Kritik an den Fake-Accounts von «Forest Echo News»:
When he says @ForestEchoNews is fake. pic.twitter.com/jZvqVjTR9J
— Simon Rowntree (@Simon_Rowntree) 2. Juni 2016
Viele Twitter-User und Fussball-Fans merken dies aber nicht und verbreiten seine Lügengeschichten tausendfach und weltweit.
Während Beobachter lange glaubten, «Forest Echo News» sei ein Satire-Account, vermutet man spätestens seit Beginn der Fussball-EM in Frankreich hinter der aufwändig inszenierten Troll-Fabrik eine Hidden Agenda aus Russland.
Seit die EM begonnen hat, relativieren die Fake-Accounts nämlich die wüsten Schlägereien der russischen Hooligans und geben umgekehrt allen anderen Beteiligten die Schuld. Und sie heizen die aufgebrachten Hooligans auf beiden Seiten über Twitter sogar noch an:
BREAKING; The man, unnamed, lost his head underneath the train. Awful news. Cancel the tournament. #EURO2016
— David Smith (@DavidSmithFEN) 11. Juni 2016
Now it's all kicking off here in #Marseille. #ENG and #RUS fans have teamed up to attack French-Arab Muslims. This is absolutely disgusting.
— Simon Rowntree (@Simon_Rowntree) 11. Juni 2016
Diese Falschmeldungen der Fake-Accounts von «Forest Echo News» wurden tausendfach auf Twitter geteilt – und leider auch von echten Journalisten für bare Münze genommen.
Bemerkenswert ist aber, dass die russischen Staatsmedien und sogar der russische Aussenminister die Falschmeldungen immer wieder ausführlich zitieren und dabei «Forest Echo News» und seine Fake-Profile in Twitter konsequent als seriöse Quelle zitieren.
So zitiert der Auslandsender «Russia Today» (RT) das Fake-Profil Simon Rowntree:
Chants of "Commie scum, Putin stole Crimea" and "Sharapova takes dope up the arse" being heard and #RUS fans then beat up #ENG supporters
— Simon Rowntree (@Simon_Rowntree) 11. Juni 2016
Engländer hätten die russischen Fans als «kommunistischen Abschaum» beschimpft und mit Sprechgesängen über die russische Tennisspielerin Maria Scharapowa provoziert, welche sich «mit Drogen den Hintern vollgestopft» habe.
«Russia Today» zitiert auch den Tweet des «Chief Football writer for Forest Echo News» Martyn Macintyre, dass «zwei englische Hooligans ihre Ärsche mit einer russischen Flagge gewischt haben. Kein Wunder, dass die russischen Fans so wütend reagieren.»
Russlands Aussenminister Sergej Lawrow war sich darauf nicht zu schade, die russischen Hooligans in Schutz zu nehmen. Er habe «empörende Aufnahmen gesehen, auf denen die russische Fahne mit Füssen getreten wurde und Beleidigungen an die Adresse von Russlands Führung geschrien wurden». Was natürlich ein ehrbarer Grund wäre, dass russischen «Fussball-Fans aus patriotischer Notwehr» ihre englischen Rivalen auf die Intensivstation prügeln dürfen.
In den letzten Tagen kamen weitere Fake-Accounts dazu, einige mit den Profilfotos von westlichen Russland-Journalisten. Heute Nachmittag zum Beispiel der (inzwischen gelöschte) Account eines @_DylanWhitfield. Gemäss Twitter-Biographie ist Dylan Whitfield «European football correspondent for @ForestEchoNews». Natürlich gibt es diesen Dylan Whitfield nicht, und schon gar nicht als europäischen Fussball-Korrespondenten.
Trotzdem hatte der Fake-Account mit nur vier Tweets innert weniger Minuten 52 Follower. Was aber noch mehr erstaunt, als die blitzschnell hinzugekommenen Follower, ist das Profilfoto: Es ist mein Porträt, das die Troll-Fabrik aus Wikipedia kopiert hat. «Ich bin sicher, dass Jürg Vollmer hocherfreut sein wird, dass der neueste Troll von Forest Echo News sein Porträtfoto verwendet», twitterte der Russland-Journalist Thomas C. Theiner @noclador ironisch am Donnerstag Nachmittag:
I am sure @juergvollmer will be delighted to see that @ForestEchoNews' newest troll @_DylanWhitfield uses his photo.@support.
— Thomas C. Theiner (@noclador) 16. Juni 2016
Ich intervenierte natürlich sofort bei Twitter – schon wenige Minuten später war der Fake-Account gelöscht.
Andere Fake-Accounts bleiben aber aktiv, zum Beispiel jener des «Chief Football writer for Forest Echo News» Martyn Macintyre. Dessen Profilfoto zeigt Beau Willimon, Produzent der in Russland sehr beliebten Fernsehserie «House of Cards».
Doch das alles ist kein Grund für die Redaktoren der russischen Staatsmedien, die Tweets der Troll-Fabrik «Forest Echo News» nicht mehr zu zitieren. Die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Novosti haut sogar noch einen drauf: «Wenn russische Fans die englischen Hooligans zusammenschlagen, und die europäische Polizei Angst hat, sich uns Russen in den Weg zu stellen, dann empfinden wir wenn schon nicht Stolz auf die Russen, so doch Befriedigung!»