Es erscheint als eine Herkulesaufgabe, den Weltfussballverband auf Kurs zu bringen. Noch anspruchsvoller ist es derzeit für den frisch gewählten FIFA-Präsidenten Gianni Infantino, selber nicht vom Kurs abzukommen. Der umtriebige Italo-Walliser muss sich dabei fühlen wie in einem Minenfeld. Überall kann die nächste Explosion erfolgen. Heute noch Verbündeter, morgen schon Ganove.
So geschehen kürzlich in Uruguay, als Infantino gemeinsam mit Juan Pedro Damiani, einem bis dato ehrenwerten Gründungsmitglied der FIFA-Ethikkommission, auftrat. Einige Tage später war der Multimillionär durch die «Panama Papers» als Geschäftspartner von zwielichtigen und längst angeklagten FIFA-Funktionären überführt und trat überstürzt zurück. Vielleicht sollte der FIFA-Präsident bei künftigen Gruppenfotos mit vermeintlichen Fussballfreunden prophylaktisch aufs Lächeln verzichten.
Praktisch gleichzeitig knallte es in unmittelbarer Nähe des Blatter-Nachfolgers Infantino. Seine Unterschrift auf einem TV-Deal mit der Offshore-Firma «Cross Trading» der argentinischen Sportrechtehändler Hugo und Mariano Jinkins gab weltweit zu reden. Vater und Sohn Jinkins galten 2006 zwar noch als unverdächtig und Signaturen gehörten für den damaligen UEFA-Direktor der Rechtsabteilung Gianni Infantino zum Tagesgeschäft.
Aber inzwischen sind die Argentinier von der US-Justiz wegen Bestechung beim Erwerb von TV-Rechten angeklagt und es wurde dank den «Panama Papers» die ungewöhnliche Gewinnmarge der beiden Jinkins bei scheinbar genau diesem TV-Vertrag für die Rechte der Champions League in Ecuador publik. Infantino betonte diese Woche in markigen Worten, dass er sich in jeder Beziehung korrekt verhalten habe. Man mag ihm glauben – oder nicht.
Für Ersteres helfen würden Erklärungen über die damals vereinbarten TV-Deals und Antworten auf offene Fragen. Etwa von der in Luzern ansässigen «Team Television und Media Marketing AG», welche seit 1992 exklusiver Marketing-Partner der UEFA für alle internationalen Klubwettbewerbe ist.
Jetzt nimmt die Firma, die auch diesen Ecuador-Deal eingefädelt hat, erstmals ausführlich und exklusiv gegenüber der «Nordwestschweiz» Stellung. Martin Wagner, Delegierter des Verwaltungsrates, betont, dass es sich bei diesem Vertrag «in allen Bereichen um normale Vorgänge nach einem professionell standardisierten Verkaufsprozess handelte». «Team» handle im Auftrag der UEFA weltweit weit mehr als 200 solcher Verträge pro dreijährigem Verkaufszyklus aus und empfahl der UEFA in diesem Fall «nach Eingang der Offerten, das höchste Angebot anzunehmen. Dieses wurde 2006 von Cross Trading für den Kanal von «Teleamazonas» eingereicht. Es lag 20 Prozent höher als das zweithöchste und das Angebot entsprach dem damaligen Marktpreis», wie Wagner betont. Die gebotenen 111'000 Dollar seien auch absolut vergleichbar gewesen mit anderen Märkten in Südamerika. «Für Teleamazonas sprach auch, dass die TV-Anstalt bereits die Rechte für 2003 bis 2006 im ähnlichen finanziellen Rahmen erworben hatte und diese professionell und anstandslos verwertete.»
Unterzeichnet werden die Deals jeweils von einem zeichnungsberechtigten Vertreter der UEFA, in diesem Fall eben von Gianni Infantino. Den ersten Vertrag mit «Cross Trading» im Jahr 2002 unterschrieb gemäss Wagner ein anderer UEFA-Mitarbeiter.
Als weiteres Indiz für ein «einwandfreies» Geschäftsgebaren führt er ins Feld, dass 2009 nicht mehr Cross Trading zum Handkuss kam. «Für den Zyklus 2009 – 2012 reichte Televideo eine höhere Offerte für Ecuador ein als «Teleamazonas» und erhielt auf Empfehlung von Team von der Uefa den Zuschlag.»
Weiter betont Wagner, dass Cross Trading und Teleamazonas im Bieterprozess 2003 und 2006 jeweils als eine Partei aufgetreten seien. Die Vertretung durch Cross Trading sei ein ausdrücklicher Wunsch von Teleamazonas gewesen. Zudem habe die Firma der Jinkins für den ecuadorianischen Sender die TV-Rechte aller Sportübertragungen aus Europa eingekauft, nicht nur von Fussballspielen. Deshalb sei bei der Interpretation der kursierenden Geldbeträge auch Vorsicht geboten.
Für den angedachten Neuanfang der FIFA ist zu hoffen, dass die tätig gewordenen Schweizer Strafbehörden auf die gleichen Schlussfolgerungen kommen werden. Damit Gianni Infantino wieder bedenkenlos lächeln kann.