Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat einen seiner Kritiker entlassen: Verteidigungsminister Joav Galant. Als Grund nannte Netanjahu, dass sein Vertrauen in Galant «erodiert» sei. Galant habe Entscheidungen getroffen und Erklärungen abgegeben, die nicht den Entscheidungen des Kabinetts entsprachen.
Netanjahu hatte Galant im März vergangenen Jahres schon einmal entlassen, nachdem dieser öffentlich zu einem Stopp der umstrittenen Pläne für einen Justizumbau aufgerufen und davor gewarnt hatte, dass die nationale Sicherheit schweren Schaden nehmen könnte. Auf seine Entlassung folgten heftige Proteste und ein Generalstreik. Der Regierungschef setzte damals die Pläne aus, Galants Entlassung wurde rückgängig gemacht.
Nun wurde Joav Galant durch den Hardliner Israel Katz ersetzt, der über die Landesgrenzen hinaus für seine umstrittene Politik sowie extrem konfrontative Posts in sozialen Medien gegen ausländische Regierungschefs und Staatsvertreter bekannt ist.
Zu seinen jüngsten Posts gehört eine Fotomontage von António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, der vor Ali Chamenei, dem Obersten Führer des Iran, auf die Knie geht.
Five citizens were murdered this morning by direct fire from Hezbollah towards the Israeli town of Metula, including an Israeli farmer and four foreign workers. I send my condolences to the families.
— ישראל כ”ץ Israel Katz (@Israel_katz) October 31, 2024
UN Secretary-General @antonioguterres did not bother to condemn Hezbollah or… pic.twitter.com/5at8sCnbcS
Katz erklärte Guterres zur «Persona non grata» und verweigerte ihm die Einreise, weil dieser die iranischen Raketenangriffe nicht energisch verurteilt hatte. «Jeder, der den abscheulichen Angriff Irans auf Israel nicht eindeutig verurteilen kann, wie es fast alle Länder der Welt getan haben, verdient es nicht, israelischen Boden zu betreten», schrieb Katz in einer Stellungnahme.
Daran glauben müsste auch schon der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell. Dieser wurde in einer Montage ebenfalls mit Ali Chamenei zu einem Oktopus verschmolzen, dessen Tentakel den langen Arm des iranischen Regimes darstellen sollen. Katz warf Borrell vor, den Iran und dessen Achse des Bösen gegen Israel zu unterstützen, da er die EU nicht dazu gedrängt habe, sich den Sanktionen gegen den Iran anzuschliessen.
In the same week that the U.S., Germany, France, and the UK imposed sanctions on Iran's aviation ties following missile supplies threatening Europe, the outgoing EU High Representative of the Union for Foreign Affairs @JosepBorrellF is busy with hate campaigns against Israel.… pic.twitter.com/Ft8dlEyxQX
— ישראל כ”ץ Israel Katz (@Israel_katz) September 13, 2024
Katz ist kein Politik-Neuling. Seit 1988 ist er Mitglied der Knesset und hat in verschiedenen Regierungspositionen im Finanz-, Verkehrs-, Energie- und Landwirtschaftsministerium gearbeitet.
Doch im Gegensatz zu Galant, der lange als General diente, hat Katz noch nie eine militärische Position eingenommen. «Obwohl Katz langjähriges Mitglied des Sicherheitskabinetts ist, fehlt ihm jegliche Erfahrung auf den entsprechenden Gebieten», schreibt die israelische Tageszeitung Haaretz.
Genauso wie Netanjahu ist Katz seit Jahrzehnten Mitglied der Likud-Partei, der grössten konservativen Partei Israels, und ein engagierter Unterstützer der Siedlerbewegung.
Der Wechsel erfolgte mitten in einem Mehrfrontenkrieg. Galant warnt nach seiner Entlassung vor einer «moralischen Finsternis» in seinem Land.
Er nannte drei Streitpunkte mit Netanjahu als Auslöser seiner Entlassung. Dabei handle es sich um seinen Widerstand gegen ein Gesetz, das viele orthodoxe Männer in Israel vom Wehrdienst befreien soll, seine Forderung nach einem Deal zur Freilassung der Geiseln in der Gewalt der Hamas sowie nach der Einrichtung einer staatlichen Kommission zur Untersuchung des Massakers im israelischen Grenzgebiet am 7. Oktober vergangenen Jahres.
Die Entlassung hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Der ehemalige israelische Ministerpräsident Naftali Bennett sagte, Israel habe eine «kranke und verrückte Führung». Analysten beschreiben Katz vor allem als Ja-Sager. «Er ist ein Leichtgewicht, dessen einziger Zweck darin besteht, Netanjahu wie eine gehorsame Marionette zu dienen», schreibt die regierungskritische Zeitung Haaretz. In Tel Aviv löste die Entlassung heftige Demonstrationen aus – wie damals, als Galant das erste Mal entlassen wurde.
Lob bekam Netanjahu hingegen vom rechtsextremen Polizeiminister Itamar Ben-Gvir, der schon wiederholt die Entlassung des Verteidigungsministers gefordert hatte. Mit Galant sei es «unmöglich, einen vollständigen Sieg zu erringen», sagte er.
Die Entlassung während der laufenden Präsidentschaftswahl in den USA sei kein Zufall, davon geht der US-Bürochef der Zeitung «The Times of Israel», Jacob Magid aus. Netanjahu wolle damit einem Rüffel aus Washington aus dem Weg gehen, schrieb Magid unter Berufung auf einen Vertrauten von US-Präsident Joe Biden auf X. Der wichtigste Verbündete Israels sei von dem Schritt völlig überrumpelt worden.
(Mit Material der sda/dpa)