In den Supermärkten quellen die Regale über vor Pflanzendrinks. Viele Menschen trinken statt Kuhmilch lieber diese Alternativen; sei es aus gesundheitlichen oder ethischen Gründen, also den Tieren oder dem Klima zuliebe.
Kühe sorgen in der Schweiz für 34 Prozent aller landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen. Beim Wiederkäuen stossen sie das klimaschädliche Gas Methan aus. Und auch die Produktion von Futtermittel für die Tiere sorgt für Emissionen, die dem Klima schaden. Die meisten wissenschaftlichen Studien stimmen darin überein, dass eine vegetarische oder vegane Ernährung für Menschen, die in westlichen Ländern leben, eine der wirksamsten Massnahmen ist, um ihren Klima-Fussabdruck zu reduzieren. Von Milch auf Pflanzendrinks umzusteigen, scheint also ein guter Schritt in diese Richtung zu sein. Wie viel bringt es aber konkret? Und wie steht es um die anderen Milchprodukte, die gerade in der Schweiz sehr beliebt sind?
Gemäss der Organisation Schweizer Milchproduzenten SMP ist der Gesamtverbrauch von Milch- und Milchprodukten in den vergangenen Jahren konstant geblieben und die Nachfrage nach Käse gestiegen. Der Konsum von Trinkmilch ist hingegen stetig gesunken. SMP-Statistiken zeigen: 1980 tranken Schweizerinnen und Schweizer jährlich 118 Liter Milch pro Person, im Jahr 2000 waren es 89 Liter pro Kopf und 2020 noch 51 Liter.
Heinz Minder, Kommunikationsmitarbeiter bei SMP, sagt zu diesem Trend: «Wir hoffen natürlich, dass er sich verlangsamt. Für uns ist aber der Gesamtverbrauch an Milch und Milchprodukten die wichtigere Grösse.» Die sinkende Nachfrage nach Trinkmilch führt er auf veränderte Ernährungsgewohnheiten zurück – aber er glaubt nicht, dass Pflanzendrinks ihr den Rang ablaufen werden. «Milch ist eine sehr gute Nahrungsquelle. Pflanzendrinks enthalten sehr viel Wasser», so Minder.
Und wie steht es um die Ökobilanz, wenn man die Produkte vergleicht? Meist werden CO2-Emissionen pro Kilogramm Produkt verglichen. Hier schneidet Milch deutlich schlechter ab. Heinz Minder gibt aber zu bedenken:
Um den CO2-Fussabdruck besser zu verstehen, wende ich mich an Matthias Stucki, Dozent am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen der ZHAW sowie Leiter der Forschungsgruppe Ökobilanzierung. «Der CO2-Fussabdruck oder das Treibhauspotenzial (THP) beschreibt den gesamten Beitrag eines Produkts zum Klimawandel aufgrund von Treibhausgasemissionen (CO2, Methan, Lachgas etc.). Dabei berücksichtigt man alle Abschnitte im Lebenszyklus eines Produktes, von der landwirtschaftlichen Herstellung über Verarbeitung, Transport und Verpackung bis hin zur Entsorgung.» Zur CO2-Bilanz von Milch vs. Pflanzendrinks sagt Matthias Stucki:
Er veranschaulicht den Sachverhalt anhand von konkreten Beispielen. Auf einen Liter Sojamilch würden rund die Hälfte weniger Treibhausgasemissionen als auf einen Liter Vollmilch entfallen. Auch bei den anderen Pflanzendrinks, zum Beispiel solchen aus Hafer oder Reis, seien die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu Kuhmilch deutlich reduziert.
Nebst dem CO2-Fussabdruck kann man auch die sogenannte Gesamtumweltbelastung messen. Wie beim CO2-Fussabdruck werden alle Prozesse im Lebenszyklus eines Produktes betrachtet. Bei der Gesamtumweltbelastung werden nebst dem Klimawandel aber zudem viele andere Faktoren, wie etwa Luftschadstoffe, Pflanzenschutzmittel, Energiekonsum, Wasserverbrauch und etliche mehr berücksichtigt. «Egal, welcher Methode man sich bedient, beim Vergleich pro Liter, haben Pflanzendrinks tiefere Umweltauswirkungen als Kuhmilch», sagt Stucki.
Berücksichtigt man auch den Nährstoffwert, sieht es wieder anders aus: «Milch hat den Vorteil eines hohen Proteingehaltes. Bei einem Vergleich bezogen auf die Proteinmenge sind daher nur bei Soja-Drink die Umweltauswirkungen deutlich tiefer als bei Kuhmilch, da auch Soja-Drink – im Unterschied zu anderen Pflanzendrinks – einen hohen Proteingehalt hat.» Es kommt also darauf an, welche Pflanzendrinks man mit Milch vergleicht und ob man dabei auch den Nährstoffgehalt mitberücksichtigt.
Mit dem steigenden Angebot der Milchalternativen mehrt sich auch das Halbwissen um deren Umweltfreundlichkeit. Viele denken, Milch sei nach wie vor besser fürs Klima. Hier die häufigsten Argumente, die dafür angeführt werden, und Antworten darauf.
Was ist also der Weisheit letzter Schluss? Welches Getränk ist der Sieger beim Rennen um die beste Ökobilanz? Für Heinz Minder von der Organisation Schweizer Milchproduzenten SMP ist und bleibt es die Milch, wegen ihrer hoher Nährstoffdichte. Matthias Stuckis Bilanz: «Drinks aus Soja und solche aus Hafer – am besten in der Schweiz angebaut – landen auf dem Siegerpodest.»
Feed no food!
In den Kommentaren wird z.B. geschrieben, dass sich viele die Milchalternativen nicht leisten können. Würde man aber die Subventionen welche vom Kunden via Steuern bezahlt werden auf den Milchpreis aufschlagen, würde dieser Vergleich anders aussehen.