Kürzlich unterhielt ich mich in einer Gruppe über den Autorenjob. Man fragte mich, ob ich denke, dass meine Ausbildung dabei ein Vorteil sei. Ich antwortete, dass man als Psychologe keine magischen Kräfte habe und auch nicht nonstop damit beschäftigt sei, das Gegenüber zu analysieren. Vielmehr sei ich der Auffassung, dass sowohl dem Wunsch, Psychologe zu sein, wie auch dem, zu schreiben, eine gewisse Faszination am Menschen zugrunde liege. Bei mir sei das jedenfalls so.
Ich freute mich auf eine angeregte Diskussion, als ich relativ harsch unterbrochen wurde. «Du meinsch als Psychologin, oder?» Erst wusste ich gar nicht, wovon die Dame sprach. Als ich nachfragte, was sie damit meinte, sagte sie «Du häsch gseit, ‹dass man als Psychologe keine magischen Kräfte habe› und du meinsch ja sicher als Psychologin, oder?» Ich erwiderte, dass es sich da meinerseits wohl um einen Versprecher gehandelt hat. Nun, das sage man ja immer, meinte da die Dame, Diskriminierung beginne im Kleinen. Blöderweise liess ich mich auf diese Diskussion auch noch ein und führte an, wir könnten wohl schlecht wissen, ob es mehr männliche oder weibliche Personen, welche Psychologie studiert hätten, gäbe, und deshalb könne man meine Aussage ja auch einfach neutral stehen lassen. «JÄNEEEEI, du häsch ja vo dir gredt und du bisch ja offesichtlich wiiblich …»
Aus solchen Diskussionen nehme ich mich dann relativ rasch raus, weil mein Gegenüber offensichtlich nicht schnallt, dass es gegen eine eigentlich Gleichgesinnte (Ha! Weibliches Nomen!) kämpft.
Erst später machte ich mir dazu vertiefte Gedanken. Ich bezeichne mich selber als sehr aufgeklärte und gleichgestellte Frau und selbstverständlich ist es eine grossartige Sache, dass sich der korrekte Gebrauch von dem Geschlecht angepassten Nomen hier in der Schweiz mittlerweile grösstenteils etabliert hat. Auch ich brauche normalerweise die angepasste Variante eines Substantivs. Offensichtlich aber nicht immer.
Was sagt das nun über mich und über meine Überzeugungen bezüglich der Gleichstellung von Mann und Frau aus?
Ganz ehrlich? Absolut rein gar nichts. Ich habe mich verplappert. My bad. Next.
Was mich viel eher beunruhigt an diesem Vorkommnis, ist, dass offensichtlich noch immer Schlachten gekämpft werden, wo sie in meiner bescheidenen Meinung nicht mehr nötig wären. Niemand wehrt sich mehr dagegen, dass eine Frau, die Psychologie studierte, sich Psychologin nennt. Und genauso ist es kein Statement gegen das Women’s Rights Movement, wenn sich eine emanzipierte Frau mal verplappert.
Im Gegenteil: Meiner Meinung nach sollten wir die Gleichstellung mittlerweile als so selbstverständlich wahrnehmen, dass so ein Versprecher absolut null Relevanz mehr hat. Wenn Männer und Frauen nämlich gleichgestellt sind, dann macht es doch auch nichts aus, wenn eine Frau mal ein männliches Nomen braucht, sie wertet sich dadurch ja weder ab noch auf.
Verstehen Sie mich nicht falsch, Männer und Frauen sind noch immer nicht komplett gleichgestellt – und es gibt auf beiden Seiten noch immer Baustellen mit grossem Ausbaubedarf.
Ich rede dabei aber von Löhnen oder vom Scheidungsrecht – und sicher nicht von einzelnen Ausrutschern im Sprachgebrauch (der nun wirklich grösstenteils sehr gleichgestellt ist). Ich bin sogar der Meinung, dass durch solch überstarres Beharren und Aufmerksammachen auf solche Regeln der Unterschied zwischen Mann und Frau erst recht wieder hervorgehoben wird – und haben wir nicht genau dagegen eigentlich gekämpft?
Ich finde es grossartig, dass die Basisarbeit der Gleichstellung von vielen Frauen und auch von vielen Männern geleistet wurde und ich heute relativ selbstverständlich als gleichgestellte Frau leben kann. Und wenn wir weiter Energie investieren wollen (was wichtig ist), dann doch an den heute aktuellen Krisenherden und nicht, indem wir Peanuts zu Wassermelonen machen – und zwar zusammen.
Männerinnen und Frauer. Ihr wisst schon.
Schade auch um die ganzen Steuergelder, die dafür verschwendet werden.