Die reichweitenstärksten amerikanischen Social-Media-Plattformen haben die Accounts des amtierenden US-Präsidenten für 12 bis 24 Stunden blockiert. Donald Trump kann vorläufig keine neuen Postings mehr veröffentlichen. Derweil werden die Forderungen nach einer dauerhaften Verbannung, respektive Sperre seiner Social-Media-Kanäle, lauter.
Der deutsche Journalist und ARD-Digitalexperte Dennis Horn zieht einen eindrücklichen Vergleich:
Noch deutlichere Worte findet Techjournalist Tobias Költzsch von golem.de in seinem Kommentar. Nach Jahren der Aufwiegelung und der Pflege einer rechtsradikalen Basis brauchte es einen bewaffneten Putschversuch, damit Donald Trump wenigstens vorübergehend gesperrt wurde.
Jahrelang hätten sich die Verantwortlichen der Social-Media-Konzerne damit herausgeredet, dass für die Profile von Prominenten andere Regeln gelten würden als für normale User. Trump wusste das zu missbrauchen und gewann allein bei Twitter fast 90 Millionen Follower, denen er fast ungefiltert seine Lügen und Hetzereien auftischen konnte.
Die traurige vorläufige Bilanz des Social-Media-Amoks: Vier Tote, über 50 Verhaftungen, ein unterbrochener politischer Prozess sowie eine schockierte Weltöffentlichkeit.
Tatsächlich haben Twitter, aber auch der Facebook-Konzern und andere werbefinanzierte Online-Plattformen (und Medienhäuser), in den letzten Jahren massiv profitiert von Trump. Seine umstrittenen Äusserungen bescherten den Betreibern viele Klicks und User-Interaktionen. Gleichzeitig wurde die Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben.
Im Gegensatz zu journalistischen Medien-Plattformen stellten sich Facebook und Co. aber lange auf den (für sie) bequemen Standpunkt, sie wollten inhaltlich möglichst wenig eingreifen. Dazu kommentiert Digitalexperte Dennis Horn:
Als Konsequenz nahm die Verbreitung von Hasskommentaren und demokratiefeindlichen Postings ein Ausmass an, das wohl selbst den Plattformbetreibern unheimlich wurde.
Als vor der US-Präsidentschaftswahl 2020 der politische Druck auf die Konzerne wuchs, trafen Facebook und Twitter halbwegs ernsthafte Vorkehrungen, um die Verbreitung von Fehlinformationen und Propaganda einzudämmen.
Da war der Schaden natürlich schon längst angerichtet, wie Dennis Horn kommentiert:
Dass es Mark Zuckerberg nun wirklich ernst ist, muss bezweifelt werden. Als die Trump-Anhänger das Kapitol stürmten und Facebook-Mitarbeiter im Intranet ihre Ängste ausdrückten und verlangten, Trump von der Plattform zu verbannen, reagierte die Unternehmensführung – indem sie die betriebsinternen Diskussionen abwürgen liess.
Gleichzeitig bleiben zahlreiche «Stop the Steal»-Facebook-Gruppen, aber auch YouTube-Kanäle unangetastet, in denen Trump-Anhänger ihren Wahnsinn verbreiten.
Facebook-intern dürfte es gewaltig brodeln. Laut Berichten soll es demnächst eine interne Aussprache geben. Zudem wird der öffentliche Druck wachsen, die unkontrollierbaren Internet-Konzerne an die Leine zu legen.
Dass die Konzerne einer strengeren Regulierung entgehen, indem sie Donald Trump dauerhaft von ihren Plattformen verbannen, ist allerdings nach den jüngsten bedenklichen Vorkommnissen in Washington, D.C. zu bezweifeln.
Es bleibt das grundsätzliche Problem, dass die Plattformen mit ihren auf möglichst grossen «Impact» programmierten Algorithmen gefährliche Brandbeschleuniger bleiben.
Sollten Twitter und Co. Trump ganz verbannen, wird ihnen in ihren eigenen Netzwerken die Wut von Millionen Trump-Anhängern entgegenschlagen. Falls man ihn aber online weiter zündeln lässt, ist mit dem Schlimmsten zu rechnen.
Die grossen von US-Konzernen betriebenen Social-Media-Plattformen haben verschiedene Massnahmen ergriffen nach der Stürmung des Kapitols durch Trump-Anhänger.
Das Weisse Haus hat auch noch die Kontrolle über den @Potus-Account (33,4 Millionen Follower), dies allerdings nur noch bis zur Amtsübergabe am 20. Januar. Ob dieses Twitter-Profil ebenfalls blockiert wurde, ist unklar. Dort wurden keine problematischen Trump-Postings veröffentlicht.
Facebook und Twitter hatten in den vergangenen Monaten zahlreiche Beiträge Trumps mit Warnungen vor falschen Informationen versehen und zum Teil auch deren Verbreitung über die Online-Plattformen eingeschränkt.
Update 17.30 Uhr: Mark Zuckerberg hat verlauten lassen, dass Trumps Facebook- und Instagram-Accounts bis nach der Amtsübergabe am 20. Januar blockiert bleiben.
Mark Zuckerberg hat eben erklärt, die Accounts von Trump werden auf Instagram und Facebook bis zur vollständigen Amtsübergabe an Joe Biden in 2 Wochen gesperrt. pic.twitter.com/0hJlOjW7nj
— Katharina Nocun (@kattascha) January 7, 2021
Mit Material der Nachrichtenagentur SDA
Was passiert aber künftig?
Wer hat die Deutungshoheit bei Themen, die nicht 200% wissenschaftlich belegt sind?
Darf man böse Dinge nett verpackt sagen?
Wer entscheidet das aufgrund welcher Richtlinien? Der Mainstream?
Vergesst nicht, in China sieht die Wahrheit anders aus als hier und nochmals anders als in Washington.
Sollen die sozialen Medien Selbstzensur betreiben anhand dieses Mainstreams? Anhand der populären Meinung?
Trump hätte sich eine Alternative zu Twitter gesucht (sowas wie Telegram Gruppenchat), wo primär er und seine Follower miteinander kommunizieren.
Der Grossteil der Welt hätte davon nichts mitbekommen.
Wäre es wirklich soviel besser gewesen, wenn die Hirnfürze eines Irren nicht mehr problemlos öffentlich einsehbar gewesen wären?
Haben die ganzen öffentlichen Tweets nicht auch viele unentschlossene oder sogar republikanische Wähler dazu motiviert, Trump abzuwählen?