Am Mittwoch präsentierte das niederländische Start-up Fairphone sein neues Smartphone-Flaggschiff Fairphone 5. Das so fair wie möglich hergestellte und auf Langlebigkeit getrimmte Handy bringt zeitgemässe Technik, ansprechendes Design und Nachhaltigkeit unter einen Hut.
Das neue Fairphone bietet erstmals Oberklasse-Technik wie OLED-Display, gleich drei 50-MP-Linsen und 256 GB Speicher. Auch der Prozessor ist deutlich schneller als im Vorgänger. Die Hauptgründe für das Fairphone bleiben aber die vorbildliche Reparierbarkeit, die laut Hersteller so weit wie möglich konfliktfrei gewonnenen Rohstoffe sowie faire Löhne und sichere Arbeitsbedingungen für die Angestellten in den Minen und Montagefabriken. Einzigartig in der Branche ist die Update-Garantie für 8 Jahre bis 2031, die später gar bis 2033 verlängert werden soll.
Gegenüber anderen Smartphones, die oft nur drei Jahre genutzt würden, verringerten sich die Umweltbelastung und der Ressourcenverbrauch mit einem doppelt so lange genutzten Fairphone 5 um bis zu 50 Prozent, hiess es bei der Präsentation.
Das Fairphone 5 ähnelt optisch dem Fairphone 4. Es ist fast gleich gross und trotz des grösseren Akkus etwas dünner und leichter. Dank der schmaleren Displayränder wirkt es moderner und bietet bei ähnlichen Massen ein etwas grösseres und vor allem besseres 6,46-Zoll-OLED-Display. Das OLED-Display soll ein Wunsch vieler Kundinnen und Kunden gewesen sein.
Wer ein möglichst kleines Handy sucht, wird mit dem Fairphone 5 aber kaum glücklich; verglichen mit anderen Smartphones ist es weiterhin vergleichsweise dick und schwer.
Der Hersteller empfiehlt für das Fairphone 5 einen unverbindlichen Preis (UVP) von 629 Euro (rund 600 Franken). Mit dem garantierten Software-Support bis mindestens 2031 stimmt der Preis. Der Hersteller offeriert zudem fünf Jahre Garantie; bei anderen Marken sind zwei Jahre üblich.
Das ältere Fairphone 4 (Testbericht) gibt es inzwischen für unter 500 Franken.
Das Fairphone 5 kommt am 14. September 2023 in den Handel. Es kann ab dem 30. August auf der Fairphone-Webseite vorbestellt werden. In der Schweiz ist es verfügbar bei Brack, Fust, Digitec, Interdiscount, Mobilezone und Circle Shop.
Das Fairphone 5 kommt in Mattschwarz, Himmelblau und einer Transparent-Edition.
Gegenüber den bisherigen Fairphones wurde die Kamera nochmals deutlich aufgewertet. Erstmals hat ein Fairphone eine überzeugende Kamera, mit der Schnappschüsse und Videos in 4K-Qualität bei einigermassen guten Lichtbedingungen zuverlässig gelingen.
Einige Beispielfotos finden sich in der folgenden Slideshow.
Tippe auf Pfeile oben rechts in der Slideshow, um die Bilder grösser anzuschauen.
Diese zehn Module können online nachbestellt werden und sind von den Nutzenden selbst wechselbar:
Die Ersatzteile können auch von Laien ausgetauscht werden. Dazu ist lediglich ein kleiner Schraubenzieher notwendig. Für den Akkutausch ist nicht einmal ein Schraubenzieher erforderlich. Kostspielige Reparaturen mit Einsenden des defekten Gerätes entfallen.
Es kann nicht kabellos geladen werden und durch die reparaturfreundliche, modulare Bauweise ist es mit 9,6 Millimetern ein bis drei Millimeter dicker als viele andere Smartphones. Zudem ist es trotz abnehmbarer Rückseite staubdicht, aber nicht komplett wasserdicht. Es sollte nicht untertauchen, Wasserstrahlen (starker Regen etc.) sind aber kein Problem.
Ein modulares Design ist anspruchsvoll und das Fairphone wird nicht in Mengen wie Apples iPhone oder Samsungs Galaxy hergestellt. Dies sowie Kosten für faire Arbeitsbedingungen und Löhne sowie die Beschaffung von konfliktfreien Rohstoffen machen sich letztlich auch beim Preis bemerkbar.
Über 500'000 Fairphones wurden seit dem ersten Fairphone von 2013 verkauft. Aber sind die fairen Phones wirklich fair?
Erstens: Das 212 Gramm schwere Fairphone 5 ist laut Hersteller «Elektromüll neutral». Das heisst, für jedes produzierte Fairphone werden 212 Gramm Elektromüll recycelt. Fairphone strebt also eine Kreislaufwirtschaft an, sagte aber 2021, dass das bislang nicht Realität sei. Auch Fairphone ist weiterhin auf den Abbau von Rohstoffen angewiesen.
Zweitens: Im Vergleich zu früheren Fairphones und insbesondere Smartphones anderer Marken enthält das Fairphone 5 mehr recycelte Materialien und sogenannte konfliktfreie Rohstoffe. Aber auch hier kommen nicht alle Mineralien aus fair abgebauten Quellen.
Daher gilt nach wie vor:
Drittens: Das Engagement für das Wohlergehen der Arbeitskräfte, sei es in afrikanischen Rohstoffminen oder chinesischen Montagefabriken, wird von Fairphone transparent dokumentiert. Man sollte allerdings realistisch sein: Auch Fairphone kann schwarze Schafe in den komplexen Lieferketten nicht ausschliessen.
Viertens: Kein anderes Smartphone lässt sich leichter reparieren. Dass Kundinnen und Kunden fünf Jahre Garantie und acht bis zehn Jahre Software-Support erhalten, ist vorbildlich. Das setzt Anreize, das Gerät länger zu behalten, und dies wiederum relativiert den vergleichsweise hohen Preis von rund 600 Franken.
Dies zeigt: Manche Versprechen von Fairphone (z. B. die Update-Garantie oder die einfache Reparatur) sind leicht überprüfbar. Bei anderen wird es schwieriger. Wie soll man wissen, ob der Fairphone-Akku wirklich «mit Abstand der fairste Smartphone-Akku auf dem Markt» ist, wie die Niederländer behaupten?
Das wird unser kommender Test beantworten. Aufgrund der Spezifikationen und unseren ersten Eindrücken lässt sich sagen: Es ist technisch das mit Abstand beste Fairphone. Es läuft flüssig und insbesondere Display und Kamera haben einen grossen Sprung gemacht. In Sachen Reparierbarkeit, fairer Produktion und Software-Support spielt es in einer eigenen Liga. Geblieben ist das relativ klobige Design, was vermutlich einige Interessierte abschrecken wird.
Da wireless charging nicht nachhaltig ist, ist dies auch nicht verwunderlich.