Apple lässt in der Europäischen Union künftig auch die Installation von Apps zu, die nicht aus dem eigenen App-Store stammen.
Die bekannte Spielefirma Epic will die neuen Möglichkeiten nutzen, um ihr vor mehr als drei Jahren von Apple aus dem App-Store verbanntes Battle-Royale-Spiel «Fortnite» wieder aufs iPhone zurückzubringen.
Zudem öffnet Apple auf der Druck der EU die NFC-Schnittstelle der Mobilgeräte für Bezahl-Apps von Dritten. Und auch der Standard-Browser soll neu schon bei der Inbetriebnahme eines iPhones frei gewählt werden können.
Schweizer User sollen nicht von den angekündigten Änderungen profitieren.
Nicht freiwillig, sondern auf Druck der EU hin.
Apple reagiert mit den Änderungen auf rechtliche Vorgaben durch das neue EU-Gesetz für Digitale Märkte, den sogenannten «Digital Markets Act», kurz DMA.
Demnach müssen grosse und dominante Anbieter, sogenannte Gatekeeper, App-Stores anderer Anbieter zulassen. Bisher konnte man auf iPhones nur Apps von der hauseigenen Download-Plattform des Konzerns laden.
Apple behält auch künftig teilweise die Kontrolle über die Installation von Apps, selbst wenn diese ausserhalb des eigenen App-Stores stattfindet.
Die Apps können nicht wie beim Google-System Android einfach mit dem Browser heruntergeladen und auf eigenes Risiko installiert werden. Vielmehr müssen die User dafür «beglaubigte» Marktplätze verwenden. Das sind iPhone-Anwendungen, die mit dem Segen von Apple wiederum andere Apps installieren dürfen.
Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur verwies Apple-Topmanager Phil Schiller auf die Risiken, die mit einer direkten Installation verbunden seien.
Mit dem Beglaubigungsprozess erfülle man auch die Anforderungen des EU-Gesetzes. Insgesamt seien User in Europa allerdings durch die mit dem DMA erzwungenen Massnahmen einem höheren Risiko ausgesetzt als solche ausserhalb der EU, warnt das Unternehmen.
Mit der verkündeten Umsetzung ist Apple künftig in der Lage, auch bei alternativen Marktplätzen sämtliche Apps auf Schadsoftware und andere Sicherheitsbedrohungen automatisiert zu überprüfen. Nicht gecheckt werden dagegen die mit den Apps verbundenen Geschäftspraktiken oder die dort gezeigten Inhalte.
Der US-amerikanische Spieleentwickler Epic, der mit Apple im Clinch liegt, kündigte gleich nach Bekanntgabe der neuen Regeln einen eigenen App-Store für das iPhone für dieses Jahr an.
«Fortnite» kann seit über drei Jahren nicht auf iPhones geladen werden. Apple hatte das Spiel im August 2020 aus seinem App-Store entfernt, nachdem Epic mit einem Trick die Abgabe von 30 Prozent beim Kauf digitaler Inhalte umgehen wollte. Epic zog gegen den Rauswurf vor Gericht, verlor aber.
Epic-Chef Tim Sweeney warf Apple zugleich vor, mit der geplanten Umsetzung des DMA den Wettbewerb zu untergraben. Er verwies unter anderem darauf, dass Apple mit der «Beglaubigung» von Marktplätzen konkurrierende App Stores etwa von Epic oder Microsoft blockieren könne. Das alles hielt Epic jedoch nicht davon ab, den eigenen App-Store für iPhones anzukündigen.
Parallel zu den Anpassungen bei den App-Stores führt Apple auch weitere Änderungen ein, um Monopolvorwürfen der EU entgegenzutreten. So können europäische Anwenderinnen und Anwender künftig den Standard-Browser im iPhone bereits beim Einrichten frei festlegen.
Bislang öffnet der vorinstallierte Apple-Browser Safari automatisch alle Web-Links. Diese Aufgabe kann aber auch von Browsern wie Google Chrome, Firefox, Microsoft Edge, Brave, Opera oder DuckDuckGo übernommen werden.
Die Safari-Konkurrenten werden auch nicht mehr gezwungen, in ihren Apps die von Apple favorisierte Technik «WebKit» zur Darstellung von Webseiten zu verwenden, sondern dürfen ihre eigenen «Web-Engines» benutzen.
Um die neuen Möglichkeiten nutzen zu können, muss auf dem Gerät die (derzeit noch nicht verfügbare) Betriebssystem-Version iOS 17.4 installiert sein.
In den Genuss der Änderungen kommen also User aus Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.
Ausserhalb der EU muss Apple «Fortnite» weiterhin nicht in den App-Store lassen.
Auch bei den anderen Änderungen bleiben Schweizer User aussen vor, App-Entwickler hingegen nicht. Auf Anfrage von watson verweist das Unternehmen auf die ausführliche Dokumentation (siehe Quellen). Darin heisst es:
Auch das Apple-Monopol bei kontaktlosen Zahlungstransaktionen mit dem iPhone fällt in der EU.
Bislang konnte nur der hauseigene Bezahldienst Apple Pay die NFC-Funktion («Near Field Communication») des iPhones nutzen, um eine Bezahlung an der Supermarktkasse oder anderen Bezahlterminal vorzunehmen. Die Nutzerinnen und Nutzer können künftig selbst festlegen, welche Bezahl-Anwendung standardmässig starten soll.
Nur wenig Entgegenkommen zeigt Apple bei der umstrittenen Umsatzbeteiligung für Bezahl-Apps oder In-App-Käufe.
Bislang verlangt Apple von kleineren Entwicklern und bei Langfrist-Abos 15 Prozent Umsatzbeteiligung. Anbieter mit einem Umsatz von über einer Million Dollar im Jahr müssen sogar 30 Prozent abführen. Diese Provisionen werden nun auf 10 Prozent und 17 Prozent gesenkt. Wenn die Entwickler die Zahlungsabwicklung des App-Stores nutzen, werden zusätzlich drei Prozent fällig.
Als Zugeständnis gegenüber der EU ermöglicht Apple den Entwicklern nun, einen alternativen Zahlungsdienstleister in ihrer App zu verwenden oder die User auf eine Website zu verlinken, um Zahlungen ohne zusätzliche Gebühren von Apple zu verarbeiten.
Neu eingeführt wird eine «Kern-Technologie-Gebühr» für Apps, die sehr oft installiert wurden. Die Abgabe wird fällig, nachdem eine App in einem Zeitraum von zwölf Monaten auf eine Million Erstinstallationen kommt – spätere Updates zählen nicht. Nach Erreichen der Millionen-Marke werden für jede weitere Erstinstallation der App in dem Zeitraum 50 Euro-Cent fällig.
Apple geht davon aus, dass weniger als ein Prozent der Entwickler diese Gebühr für ihre EU-Apps zahlen müssen. Entwickler können sich auch an die bisherigen App-Store-Konditionen halten.
Apple stellt online einen Gebührenrechner und neue Berichte zur Verfügung, mit denen Entwickler die potenziellen Auswirkungen der neuen Geschäftsbedingungen auf ihr App-Geschäft abschätzen können.
(dsc/sda/dpa)
Viel zu gross die Cyberrisiken.