«Es ist höchste Zeit von der Theorie in die Praxis überzugehen», ruft Augustin Carstens, General Manager der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), am Mittwoch in Basel den Teilnehmenden einer Konferenz zum Thema «Big Tech im Finanzgeschäft» zu.
Konferenzveranstalterin war die Bank der Notenbanken selbst – aus gutem Grund. Apple, Google, Microsoft, Facebook oder Amazon sind längst Realität im Finanzgeschäft. In gewissen Ländern wie China haben solche Unternehmen den alltäglichen Zahlungsverkehr schon fest im Griff.
Auch in den hiesigen Märkten befinden sich Bezahlformate wie Apple Pay, Google Pay oder Amazon Pay auf dem Vormarsch. Und wenn diese Technologiekonzerne in einem Geschäftsfeld Tempo aufnehmen, dann kann es plötzlich sehr schnell gehen.
Im Online-Handel und in vielen anderen internetbasierten Geschäftsmodellen spielen die sogenannten Netzwerkeffekte: Sie führen dazu, dass die Attraktivität eines Anbieters zunimmt, je mehr Daten er über seinen Kundenkreis sammeln kann. Es kommt zu einer starken Marktkonzentration, die bis zu Monopolen führen kann.
So weit sind die Big Techs im Finanzgeschäft noch nicht gekommen, aber deren Eintritt ins Finanzgeschäft hat das Potenzial, die Branche rasch zu verändern – mit Risiken für die Sparer und die Konsumenten.
Carstens und die Notenbanken interessieren sich primär für mögliche Gefährdungen der Finanzstabilität und solche sind im Urteil der BIZ durchaus vorhanden. Carstens spricht die Tatsache an, dass sich viele grosse Banken inzwischen auf die Datenspeicherkapazitäten grosser Technologiekonzerne wie Microsoft, Amazon oder Google abstützten. Kommt es in deren Datenwolken (Cloud) zu Störungen, sei die Funktionsfähigkeit des ganzen Bankensystems gefährdet.
Carstens spricht aber auch die undurchsichtige Verteilung der Verantwortung bei Partnerschaften zwischen Banken und Technologiefirmen im Vertrieb von Produkten an. Und er erwähnt die eigenen Bezahlsysteme der Big-Tech-Konzerne, die in Konkurrenz zu den etablierten Banken stehen.
Beides sind Quellen von Risiken, welche die Stabilität des bestehenden Bankenmarktes unterlaufen und die Stabilität des Gesamtsystems gefährden könnte, glaubt die BIZ. Vor diesem Hintergrund sei eine Regulierung der im Finanzgeschäft tätigen Technologiefirmen von grosser Dringlichkeit.
Carstens plädiert dafür, die bestehenden Vorschriften beispielsweise im Bereich des Konsumentenschutzes mit Ansätzen einer sogenannten Gruppenaufsicht für die Technologiekonzerne zu verbinden.
Einer solchen Aufsicht unterstehen die Banken schon längst. Auflagen zum Eigenkapital und spezifische Anforderungen an die Liquidität und das Risikomanagement sollen einen Schutz für die Einleger und Kunden der einzelnen Banken bilden und gleichzeitig das Finanzsystem stabil halten. Die BIZ will verhindern, dass neue Anbieter aus dem Techsektor diese fragile Balance gefährdet.
(aargauerzeitung.ch)