Ihr habt den SGDA-Award für das beste Schweizer Spiel gewonnen. Was nützt euch das?
Mike Huber, Game Director: Damit Leute wie du anrufen. Nein im Ernst, es sorgt für viel Aufmerksamkeit. Man kann nicht drei Jahre schuften, wenn einen niemand kennt. Sony hat uns an der Spielemesse Gamescom in Köln besucht und gemeint, das ist einzigartig, was ihr hier macht. Wenn du so etwas von Veteranen aus der Branche hörst, weisst du, du machst etwas richtig.
Was bedeutet euch diese Auszeichnung?
Mike: Einen Award zu gewinnen, ist immer etwas Bahnbrechendes. Für Philipp und mich ist es das erste Mal, dass wir für ein Game einen Award gewinnen. Die Resonanz ist gewaltig. Wir sind fast ein bisschen sprachlos. Es ist, wie wenn man nach einem Marathonlauf als erster durchs Ziel kommt, obwohl man selbst nicht daran geglaubt hat, es schaffen zu können.
Philipp Zünd, Produzent: Wir kommen beide aus dem Film-Bereich. Dort haben wir schon diverse Preise gewonnen. Umso mehr freut es uns, dass es nun auch im Game-Bereich geklappt hat, dort wo momentan unser Herzblut liegt. Egal ob in Köln an der Gamescom, an der Tokio Game-Show oder bei der SGDA. Es ist ein gutes Umfeld für die Schweizer Game-Szene und man spürt, da passiert etwas.
Ihr konntet den Preis nicht persönlich entgegennehmen, weil ihr in Tokio an der Game-Show seid. Was macht ihr dort?
Mike: Japan ist ein interessanter Markt und auch ein Türöffner zum asiatischen Markt. Viele Internationale Firmen und Publisher sind hier anzutreffen. Internationale Kontakte zu knüpfen ist gerade für eine kleine Schweizer Game-Firma enorm wichtig.
Hattet ihr Erfolg?
Mike: Sehr. Wir haben mit verschiedenen grossen Playern geredet. Der Gamemarkt hier ist riesig. Die Leute sind sehr interessiert und auf der Suche nach europäischen Games. «Perils of Man» funktioniert in Tokio genauso wie Zuhause. Mit Bill Tiller konnten wir auf die Unterstützung eines Veteranen im Adventure-Bereich zählen. Er hat an Lucas-Arts-Klassikern wie «Monkey Island» oder «Vollgas» mitgearbeitet. Er hat auch hier einen Namen. Japaner interessieren sich sehr für Games mit Highend-Grafik. Viele Titel setzen aber auf den typischen Manga-Stil. Unser Spiel fällt mit einem ganz eigenen visuellen Stil auf.
Wie ist es zur Zusammenarbeit mit Bill Tiller gekommen?
Mike: Wir haben als erstes ein Drehbuch für «Perils of Man» geschrieben. Tiller kannte so etwas überhaupt nicht, hat es dann aber gelesen und die Geschichte super gefunden. Dieser Weg ist für Games ziemlich untypisch. Normalerweise entwickelt man erst die Mechanik oder das Design. Unser unkonventionelles Vorgehen hat Bill imponiert und so hat er uns geholfen.
Schaut man sich bei «Perils of Man» die Credits an, hat man das Gefühl, ein riesiges Team war involviert.
Philipp: Wir holen Talente von überall her. Beispielsweise haben wir mit dem jungen Schweizer Studio Ateo zusammengearbeitet. Sie halfen uns beim Schlussspurt. Neben der lokalen Unterstützung haben wir uns aber auch im Ausland bedient. Jeder, der Zeit hat, hilft mit. Aus Fairness-Gründen haben wir jeden aufgelistet, der mitgeholfen hat. Zumindest fast, einige bekannte Namen aus den USA durften wir nicht nennen.
Wie profitiert die Schweiz von lokalen Game-Events wie Ludicious?
Mike: Es ist immer wichtig, so etwas auch im eigenen Land zu unterstützen. Eine Branche kann wachsen. Auch in der Filmindustrie war man skeptisch, heute ist aber etwas Gutes daraus entstanden. Mittlerweile können Unternehmen aus der Schweiz auf lokale Fachkräfte und Produkte im Film-Bereich zählen. Viele Werbekunden kaufen aber immer noch primär im Ausland ein und so sinkt die Qualität. Am Ende hat man international überhaupt kein Gesicht mehr.
Philipp: Auch inländische Medienbeiträge zeigen, dass Game-Produktionen aus der Schweiz noch teilweise belächelt werden, doch wenn ich mir die Qualität anschaue, die aus den einzelnen Studios kommt, können wir sicherlich international mithalten. Die Game-Branche in der Schweiz steht am Anfang, kann aber noch wachsen – das ist auch das Spannende daran. Ich finde, es wird viel gemacht und die Leute sind mit Begeisterung dabei. Oft vergisst man, dass Games auch aus der Privatwirtschaft heraus finanziert werden und nicht nur von Fördergeldern leben.
Wie schätzt ihr die Schweizer Szene ein, wie geht es weiter?
Mike: Selbst als Teil dieser Familie, staune ich über die Qualität, die geliefert wird. Was die jungen Köpfe hinter Studios wie Urban Games, Feinheit oder Ape Lab produzieren, ist beeindruckend. Gegen die sind wir schon fast alte Säcke. Die belächeln uns bestimmt und denken, was wollen die denn noch. Stattdessen haben wir auch mit Hilfe der Jungen Fuss fassen können. Für die Leute, die es jetzt packen, muss es sich anfühlen wie in Hollywood vor 50 Jahren. Jeder hat noch Chancen Games zu entwickeln und selbst zu verkaufen. Das Ganze ist nicht nur finanziell interessant, man hat auch direkten Kontakt zum Publikum. Hier an der Tokio Gameshow spürt man das besonders. Die Leute kommen an unseren Stand und quatschen mit uns.
Wenn die Leute in der Schweiz merken, was alles möglich ist und davon angetrieben werden, dann ist das Potential riesig.