Nun ist es also endlich so weit: Bei YouTube beginnt die neue Staffel von «7 vs. Wild», der als «grösstes Survival-Abenteuer Europas» angepriesenen Reality-TV-Show.
watson hat die ersten Folgen schon gesehen, denn diese waren vorab bei Freevee verfügbar, aber nur in Deutschland, respektive für Leute, die einen VPN-Dienst nutzen.
Dieser Beitrag enthält keine Spoiler. Aber so viel lässt sich an dieser Stelle bereits verraten: Die Organisatoren haben dem vielversprechendsten deutschsprachigen Outdoor-Projekt mit den neuen Spielregeln und dem neuen Austragungsort (Vancouver Island) keinen Gefallen getan.
Tatsächlich hat auch der Vater des Formats, der erfolgsverwöhnte, deutsche YouTuber Fritz Meinecke, die neuen Serien-Macher bereits unerwartet scharf attackiert.
Im Folgen erfährst du, wie das Projekt wegen Versäumnissen und Fehleinschätzungen in gefährliche «Untiefen» geriet und warum sich das Anschauen trotzdem lohnt.
Fritz Meinecke gilt als Erfinder von «7 vs. Wild».
Tatsächlich hat sich der deutsche Outdoor-Influencer massiv von der amerikanischen Survival-Serie «Alone» «inspirieren» lassen (und dies auch öffentlich eingeräumt).
Letzte Woche platzte dem 34-Jährigen wegen eines «Behind The Scenes»-Videos (BTS), das die Produzenten der 3. Staffel bei YouTube veröffentlicht haben, der Kragen. Denn in dem BTS wurden nicht nur Blicke hinter die Kulissen gewährt, es wurden auch Fehlinformationen verbreitet.
Kein Scherz: Die Organisatoren wollten allen Teilnehmenden der «grössten Survival-Show Europas» einen Gasgrill mitsamt Kartusche mitgeben
Begründet wurde der unerwartete Schritt mit der Waldbrandgefahr, die im September 2023 in Kanada herrschte.
Auf der Streaming-Plattform Twitch nahm Meinecke kein Blatt vor den Mund. Er habe den Organisatoren damit gedroht, die Show kurz vor Beginn platzen zu lassen. Und er stellte in Aussicht, weitere brisante Enthüllungen zu machen, wenn «7 vs. Wild: Teams» bei YouTube offiziell gestartet sei.
Hierzu muss man wissen, dass sich Meinecke und die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer verpflichten mussten, sich erst zu den Vorkommnissen in der Wildnis zu äussern, wenn die entsprechenden YouTube-Folgen verfügbar sind.
Zwar hat sich Meinecke bereits sehr kritisch über ein BTS-Video geäussert. Der richtig grosse Radau wird aber erst mit den Reaktionen-Videos zu den einzelnen Folgen losgehen. Und dies gilt für alle Teilnehmer, die angedeutet haben, dass seitens der Organisatoren einiges falsch lief.
Das YouTube-Publikum kann sich also auf den einen oder anderen (verbalen) Schlagabtausch gefasst machen.
Man kann es nicht genug betonen: «7 vs. Wild: Teams» ist keine Survival-Show im engeren Sinn, sondern Unterhaltung. Die 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind definitiv keine Survival-Fachleute. Das sagt übrigens inzwischen auch Fritz Meinecke, den die anhaltenden Diskussionen rund um die Bezeichnung «Survival-Profi» sichtlich nerven.
Wer in der Wildnis überleben will, braucht theoretisches Wissen und praktische Erfahrung. Im Ernstfall können dumme Fehler (wie etwas Falsches essen) böse enden.
Leider kommen die «7 vs. Wild»-Macher ihrer grossen Verantwortung gegenüber dem mehrheitlich jungen bis sehr jungen Publikum nur in Teilen nach. Oder gar nicht.
watson hatte bereits bei der 1. Staffel bemängelt, dass sehr wenig verlässliche Informationen vermittelt werden. Etwa, was die Pflanzen- und Tierwelt vor Ort betrifft, aber auch die sinnvollen Verhaltensweisen in einer Survival-Situation. Dies hat sich leider nicht wirklich verbessert, obwohl das Produktionsteam inzwischen über viel mehr Geld verfügt.
Es ist das Eine, wenn unerfahrene Influencer, die Hunderttausende oder gar Millionen junge Fans haben, in der Wildnis Fehler begehen. Wichtig wäre aber, potenziell verheerende Behauptungen (etwa zu Nahrung und Trinkwasser) dann zumindest in Texteinblendungen zu berichtigen.
Gemäss dem ursprünglichen Sendungs-Konzept geht es darum, dass Menschen in der Wildnis ausgesetzt werden und sich in völliger Isolation behaupten sollen. Wobei ihnen abgesehen von den wichtigsten Bekleidungsstücken und Schuhen nur sehr wenig Ausrüstung zur Verfügung steht.
In der ersten Staffel durften die Teilnehmer 7 individuelle Gegenstände mitnehmen. In der zweiten Staffel wurde die Anzahl Gegenstände weiter beschränkt, abhängig von den Survival-Skills. Und in der dritten Staffel wurden die Spielregeln erneut geändert: Nun darf alles mit, was in eine 1-Liter-Flasche passt – ob dies eine zusammenklappbare Säge, ein Feuerzeug, ein Wasserfiltersystem oder Bouillon-Pulver ist.
Leider verpassten es die Serien-Macher (in der Freevee-Version), das «Survival aus der Flasche»-Konzept so weiterzuführen, dass für das Publikum ein gewisser Informationswert besteht. Tatsächlich gingen die unterschiedlichen Packlisten der Teams, die im Vorfeld viel zu diskutieren gaben, fast vergessen. Sie wurden lediglich in einem BTS-Video kurz eingeblendet. Update: In der YouTube-Version werden die mitgenommenen Tools sauber aufgelistet.
Interessierten ist der Subreddit zu 7 vs. Wild mit über 150'000 Mitgliedern zu empfehlen, dort finden sich immer wieder interessante Diskussions-Beiträge (siehe Quellen).
«7 vs. Wild» strotzt von Maulhelden. Dies galt insbesondere für die lange Vorbereitungsphase, die geprägt war von männlichem Imponiergehabe bei YouTube und Co.
Wenn aber die Aussetzung der 2 Teilnehmerinnen und 12 Teilnehmer erfolgt, zeigt «Mutter Natur» den frechsten Aufschneidern gnadenlos schnell ihre Grenzen auf.
Unter besonderer Beobachtung stehen die einzigen Frauen, die sich der Herausforderung stellen, respektive eingeladen wurden: Die 31-jährige Hannah Assil aus Graz ist Naturpark-Rangerin, Wildtierfotografin und Bergwanderführerin. Sie bildet mit der deutschen Motorrad-Weltreisenden, Influencerin und Autorin Ann-Kathrin Bendixen ein ungewöhnliches Duo. Letztere wird irritierenderweise nur «Affe» genannt, denn sie betätigt sich bei Social Media als «Affe auf Bike» .
Vor der 2. Staffel hatte es heftige Diskussionen darüber gegeben, ob die weiblichen Kandidaten dank der mitgeführten Tampons einen unfairen Survival-Vorteil hätten.
Wer gepflegte deutsche Sprache mag oder gar liebt, muss bei «7 vs. Wild» ganz tapfer sein. Die teilnehmenden, jungen Menschen sprechen ein übles Influencer-Denglish.
Dann ist da noch Jens «Knossi» Knossalla, ein 37-jähriger TV-Promi und Entertainer, der die langweilige 2. Staffel im Alleingang aus dem Stimmungstief holte. Und Knossi erweist sich auch in der Fortsetzung als, äh, Sprachakrobat.
Weisst du, wer Joey Kelly ist?
Das am meisten unterschätzte Mitglied der «Kelly Family» nimmt tatsächlich an der Reality-TV-Show teil. Falls dir die irische Familien-Musikband nichts sagen sollte, hast du vielleicht schon mal einen ihrer grössten Hits aus den 90ern gehört, den selbstgeschriebenen Song «An Angel».
Nun denn, seither ist viel Wasser den Rhein hinuntergeflossen: Und um Joey, den ehemals sehr bekannten deutschen TV-Promi, wurde es medial ziemlich ruhig, und heute wird er wohl von den meisten Leuten unterschätzt.
Tatsache ist: Der mit 50 Jahren älteste Teilnehmer von «7 vs. Wild: Teams» hat einen eisernen Durchhaltewillen und sehr viel Outdoor-Erfahrung. Einst liess er sich vom legendären Überlebenskünstler Rüdiger Nehberg († 2020) zu einem Marsch quer durch Deutschland inspirieren, auf dem er lediglich das ass, was er entlang der Strecke fand. So ernährte er sich von unreifen Äpfeln, Pizza-Resten aus dem Mülleimer und einem (frisch) überfahrenen Feldhasen. Als praktische Vorbereitung auf sein jüngstes Abenteuer hat er mit dem erfahrenen deutschen Survival-Experten Joe Vogel trainiert.
Sein Markenzeichen: ein irres Lachen. 😅
Joeys grösste Schwachstelle ist sein unerwarteter Partner bei «7 vs. Wild»: Es ist der gerade mal halb so alte Extremsportler Jan Lange (25), aka Freerunning Schlappen. Er hat den bekannten Tierdokumentarfilmer Andreas Kieling ersetzt, der wegen eines Übergriffs auf eine Teilnehmerin noch während der Vorbereitungsphase rausgeworfen wurde.
Die erste Staffel von «7 vs. Wild» war 2021 der Überraschungshit im deutschsprachigen Raum. Der Erfolg hatte vor allem mit dem kleinen, hoch motivierten Team zu tun. Fast alle Beteiligten wuchsen über sich hinaus und das YouTuber-Projekt liess massiv teurere TV-Produktionen alt aussehen.
Die zweite Staffel sollte 2022 ein noch grösseres Publikum anlocken und wurde darum aufwendiger konzipiert und mithilfe von Sponsorengeldern in der Karibik durchgeführt. Doch der exotische Austragungsort halft nicht, schwere Fehler in der Konzeption und Umsetzung zu übertünchen.
Der Hype war riesig und für Meinecke – das Gesicht von «7 vs. Wild» – wurde der Druck, eine noch bessere Fortsetzung auf die Beine zu stellen, zu gross. So verkaufte er die Namensrechte an eine deutsche TV-Produktionsfirma. Gleichzeitig sicherte er sich aber die Teilnahme an der dritten Staffel, die zur Freude der Fans in Kanada stattfinden sollte.
Investor im Hintergrund ist nun der Amazon-Konzern, der die dritte Staffel zunächst bei seinem werbefinanzierten Streaming-Dienst Freevee in Deutschland monetarisieren wollte.
Am 29. November 2023 startet «7 vs. Wild: Teams» nun bei YouTube. Und schon bald wird sich zeigen, ob die dritte Staffel gegen die starke, neue Konkurrenz besteht.
Seit Wochen sorgt «Survival Squad» für Furore. Das von zwei früheren «7 vs. Wild»-Teilnehmern lancierte Abenteuer-Projekt spielt ebenfalls in der Wildnis Kanadas und erreicht inzwischen auch regelmässig ein Millionenpublikum.
PS: Der «Surival Squad»-Review folgt. Spoiler: Leider vermittelt auch diese YouTube-Serie gefährliches Halbwissen.
Im offiziellen YouTube-Kanal zu 7 vs. Wild.
Laut Vorankündigung sollen wöchentlich zwei Folgen publiziert werden, jeweils am Mittwoch und Samstag.
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