Nach mehr als zehn Stunden ist da immer noch dieses Dauergrinsen in meinem Gesicht. Immer wieder haut der Entwickler «Team Asobi» nochmals einen Gag, eine Überraschungsfigur oder eine spielerische Offenbarung heraus. Der Spielspass will kein Ende nehmen und auch nach Ablauf der Hauptgeschichte düse ich von Planet zu Planet und entlocke ihnen alle Geheimnisse und alle Bots, die noch versteckt auf mich warten.
Was ist eigentlich genau passiert? Der Roboter Astro feiert zunächst mit seiner Bot-Mannschaft eine ausgelassene Party an Bord des Playstation-5-Mutterschiffs (ja, das Raumschiff sieht wirklich wie eine riesige Playstation aus!). Doch ein schleimiges Alien macht einen auf Partycrasher, klaut Hardware-Innereien und sorgt so für einen Absturz.
Währenddessen werden zahlreiche Bots in den Galaxien verstreut, landen auf mehr als 50 unterschiedlichen Planeten und das Raumschiff muss eine Notlandung vollziehen. Nun muss Astro nicht nur seine Mitglieder wiederfinden, sondern auch die Technik-Teile aufspüren, damit das Schiff wieder startklar wird. Also schwingt er sich auf den Dual-Speeder (ein Playstation-5-Controller!) und düst mit ihm los, um viele illustre Welten zu entdecken.
So rennt und hüpft das kleine Kerlchen durch wunderhübsche Welten, die nicht nur als simple Plattformer-Kulisse herhalten, sondern schon in den ersten Minuten ein inniges Eigenleben ausstrahlen. Überall kreucht und fleucht es, geheime Wege und versteckte Gegenstände warten auf ihre Entdeckung während irgendwo in der Ferne die Bots zujubeln und gerettet werden wollen.
Die Rettung der Crew ist nicht nur per se eine sehr nette und feine Sache, sondern auch bitter nötig, wenn man im Spiel vorankommen möchte. Denn nur wer jeweils eine bestimmte Anzahl gerettet hat, kann auch in weitere Galaxien sprich auf neue Planeten vordringen.
Also versucht man pro Level so viele wie möglich zu finden und zu retten. Hat man einmal zu wenig, geht man einfach nochmals ins Level rein und bekommt dort sogar gegen den Austausch von gesammelten Münzen ein Roboter-Vögelchen an seine Seite gestellt, das während der zweiten Durchquerung brav Laut gibt, wo sich die anderen Kerlchen verstecken.
«Astro Bot» benutzt die Genre-Formel hervorragend. Kein Planet gleicht dem anderen. Jedes Level steht für sich und bietet eine bestimmte Thematik, der sich Flora und Fauna unterordnen müssen. Immer wieder gibt es Sujet-Überraschungen, die man einfach nicht kommen sieht, auch wenn man sich schon seit Jahrzehnten in dieser kunterbunten Videospielwelt bewegt.
Obendrauf gibt es pro Level eine besondere Fähigkeit, die unser kleiner Kerl benötigt, damit er ans Ende gelangt. Und auch hier wird ein Sammelsurium an Ideenreichtum präsentiert, dass einem schwindelig wird. Stets nicken wir respektvoll in Richtung des Entwicklerteams.
Insgesamt warten 300 Bots auf ihre Rettung. Gut die Hälfte davon sind legendären Heldinnen und Helden aus der 30-jährigen Playstation-Geschichte nachempfunden. Das bedeutet, dass ihr im Verlaufe des Spiels auf einen Roboter-Kratos trefft oder auch die Bekanntschaft mit einer Miniversion von Nathan Drake macht.
Dabei bleibt es aber jeweils nicht nur bei einem Meet and Greet. Denn es folgt immer ein exklusives Level, das im jeweiligen Spielekosmos angesiedelt ist und wo ihr in der Rolle der bekannten Figur darin herumwüten dürft. Gerade diese einzelnen Levels strotzen nur so vor Franchisen-Liebe, sind vollgepackt mit witzigen Anspielungen und bringen dem an sich schon abwechslungsreichen 3D-Jump’n’Run nochmals eine weitere Schippe an Überraschungen vorbei.
Generell ist «Astro Bot» eine Huldigung an die 30-jährige Playstation-Historie: Wir suchen Teile für eine Playstation 5, sammeln Playstation-Münzen ein und werden mit Anspielungen zu zahlreichen Franchisen versorgt. Der Fan-Service wirkt jedoch nie plump oder aufgesetzt. Er ist ganz seicht im Hintergrund zu erblicken, ist einfach nur da und in die Levelstruktur eingebunden oder er wird behutsam aber unaufdringlich in den Vordergrund gedrückt, wo er bestaunt werden darf.
Wer damals zum Playstation-5-Launch «Astro’s Playroom» gespielt hat, bekam die technische Raffinesse vom DualSense-Wireless-Controller regelrecht zu spüren. Was waren wir überrascht und fasziniert von diesen neuen technischen Möglichkeiten, wie sie in ein Videospiel integriert wurden und uns eine weitere Dimension des Erlebnisses offenbarten. Wir konnten den Regen im Spiel nicht nur hören, wir konnten ihn jetzt auch fühlen. Durch die erweiterte Audio und vor allem die intensiven haptischen Erlebnisse waren wir im Unterhaltungsmedium Videospiel noch mehr drin als sonst.
Leider wurde in den Jahren danach kaum von diesen technischen Möglichkeiten wirklich und nachhaltig Gebrauch gemacht. Doch jetzt kommen wir dank «Astro Bots» endlich wieder in den Genuss einer vollumfänglichen und funktionierenden Erlebnis-Dimension, die wir aufsaugen und geniessen, weil wir als gebranntes Kind schon ahnen, dass wir davon wieder lange nichts mehr hören und spüren werden.
Fazit: Endlich hat der knuffige Roboter ein richtig grosses Videospiel bekommen, das nicht nur als Tech-Demo herhalten muss. Es offenbart sich uns eine Spielspass-Granate, die uns auch nach Absolvierung der Story immer wieder zurückholt, um auch die allerletzten Geheimnisse zu lüften und versteckte Herausforderungen zu meistern.
«Astro Bot» zeigt, warum wir Videospiele lieben, warum wir gerne in eine simple Spielmechanik hinabtauchen und eigentlich keine grosse, dramaturgisch verwickelte Geschichte brauchen, wenn eine einfach gehaltene Steuerung und Zielvorgabe uns verzücken und einlullen.
Gleichzeitig ist das Spiel auch ein langer Liebesbrief an die 30-jährige Playstation-Historie geworden, die zahlreiche Spiele hervorbrachte und Figuren für die Ewigkeit schuf. Ein liebevolles, nicht anbiederndes Selbst-Klopfen auf die Sony-Schultern.
Schon nach den ersten Minuten baut das Spiel eine Faszination auf und kreiert einen Sog, die man selten so intensiv in diesem Genre erleben durfte. «Astro Boy» ist schlicht die pure Videospiel-Liebe geworden, der wir uns ohne Bedenken vollends hingeben können.
«Astro Bot» ist erhältlich für Playstation 5 und freigegeben ab 7 Jahren.