Digital
Review

Review: Apple Watch Series 9 und Watch Ultra 2 im Praxis-Test

Apple Watch Ultra 2 (oben) und Apple Watch Series 9: Optisch hat sich nichts getan, dafür im Innenleben.
Apple Watch Ultra 2 (oben) und Apple Watch Series 9: Optisch hat sich nichts getan, dafür beim Innenleben.Bild: T-Online
Review

Neuer Wein in alten Schläuchen? Das bieten die 2023er-Smartwatches von Apple

Äusserlich sehen die Apple Watch Series 9 und die Watch Ultra 2 aus wie die Vorgänger-Modelle, sie offenbarten im Praxistest aber einige spannende Funktionen.
23.09.2023, 06:05
Jan Mölleken / t-online
Mehr «Digital»
Ein Artikel von
t-online

Die Aufregung um das iPhone-Event und die neuen iPhones hat sich mittlerweile gelegt, Zeit also, um über die beiden neuen Apple Watches zu sprechen, die ebenfalls vorgestellt wurden.

Anders als bei den iPhones gibt es zunächst wenig Aufregendes zu berichten: Sowohl Watch Series 9 (ab 399 Franken) als auch Watch Ultra 2 (799 Franken) sehen exakt so aus, wie ihre Vorgänger. Und auch überraschende Hardwareneuerungen – etwa ein Blutzuckersensor – gibt es nicht zu vermelden. Wer sich also für die generellen Fähigkeiten der beiden neuen Smartwatches interessiert, kann sich die T-Online-Testberichte zum (Vor-)Vorgänger Apple Watch Series 7 und zur Apple Watch Ultra durchlesen – das meiste, was darin steht, gilt auch für die neuen Geräte.

Dennoch stecken in beiden Neuvorstellungen ein paar interessante Verbesserungen. Auf sie konzentrieren wir uns in unserem Test.

Leistungssprung bei den inneren Werten

Die wichtigste Verbesserung der diesjährigen Watches liegt im Herz der Uhren – dem neuen S9-Chip. Denn während bei Series 6, Series 7, Series 8 und der Apple Watch Ultra stets der gleiche Chip mit anderem Namen verbaut wurde, ist der S9 eine Neuentwicklung auf Basis des A15-Bionic-Chips. Aus diesem Grund gibt es bei Watch Series 9 und Ultra 2 einen deutlichen Leistungssprung. Der Chip selbst hat 60 Prozent mehr Leistung als das Vorgängermodell, sagt Apple. Auch der Grafikkern sei 30 Prozent schneller – was mehr Luft für Animationen in der Wetterapp und anderen Anwendungen biete.

Beides ist wohl eher eine Investition in die Zukunft. Während unseres Tests fühlten sich die neuen Uhren nicht massgeblich schneller an – was aber vor allem daran liegen mag, dass die Vorgänger ihren Aufgaben noch voll gewachsen sind.

Anders ist das bei der ebenfalls neu integrierten Neural Engine mit vier Rechenkernen. Die arbeitet laut Apple jetzt doppelt so schnell und das ermöglicht zwei echte Neuerungen.

Siri kann nun direkt auf der Uhr Befehle verstehen

Die erste ist, dass Siri-Befehle jetzt direkt auf der Watch verarbeitet werden können. Bislang mussten die Sprachbefehle an die Uhr stets in die Cloud geschickt werden, wo ihre Bedeutung analysiert wurde. Hatte die Uhr eine schlechte Verbindung zum Internet, konnte die Reaktion teils erheblich dauern, war die Verbindung ganz unterbrochen, liess sich Siri gar nicht nutzen.

Noch häufiger dürfte das Problem bei Nutzern aufgetreten sein, die ihre Uhr nicht per eSim ins Mobilfunknetz schicken, sondern nur via WLAN oder iPhone – hier ist Siri bei jedem Waldlauf, bei dem man sein Handy nicht mitnimmt, nutzlos. Das ändert sich bei den neuen Uhren – und das ist sehr erfreulich.

Künftig dürfte Siri auf der Watch ausserdem noch deutlich praktischer werden – so soll später im Jahr noch ein Update nachgereicht werden, das erlaubt, Health-Daten per Sprachbefehl abzurufen oder einzutragen. So kann man dann auch ohne smarte Waage oder Blutdruckmessgerät die Werte unkompliziert tracken. Leider kommt das Update zunächst nur für die Sprachen Englisch und Mandarin – wann Apple eine deutsche Variante nachreicht, ist noch nicht bekannt.

Endlich eine einhändige Bedienmöglichkeit

Mit dem neuen Chip kommt auch eine neue Bedienmöglichkeit der Apple Watch: zweimal Zusammentippen beziehungsweise auf Englisch etwas griffiger «Double Tap». So heisst eine Handgeste, die mit den neuen Uhren zur einfachen Steuerung eingesetzt werden kann.

Dabei tippt man Zeigefinger und Daumen zweimal schnell hintereinander zusammen (es klappt auch mit den anderen Fingern und dem Daumen). Mit dieser Geste kann man bestimmte Aktionen mit der Uhrhand ausführen, wenn man die andere Hand gerade nicht benutzen kann, etwa weil man Fahrrad fährt, beim Kochen oder Backen schmutzige Hände hat – oder sein Kind an der Hand hält.

Apple Watch Series 9: Das kleine blaue Symbol am oberen Displayrand zeigt an, dass die "Double Tap"-Geste erkannt wurde.
Das kleine blaue Symbol am oberen Displayrand zeigt an, dass die «Double Tap»-Geste erkannt wurde.Bild: T-Online

Wenn die Geste von der Watch erkannt wurde, erscheint ein kleines Icon auf dem Display. Ist derzeit nichts per Geste zu bedienen, wackelt das Icon hin und her. Insgesamt soll sie für über 60 verschiedene Aktionen eingesetzt werden, darunter: Anruf annehmen oder beenden, Timer pausieren oder fortsetzen, den Wecker snoozen, Musik abspielen oder pausieren, die Aktion hinter einer Benachrichtigung ausführen und vieles mehr.

Was banal klingt, erwies sich im Test in gewissen Situationen als enorm hilfreich, diese kleine Geste ist dann wirklich ein Game-Changer. Bedauerlich ist, dass die Funktion erst nachträglich per Update erscheint. Wir konnten sie auf einer speziell vorbereiteten Uhr testen. Käufer von Series 9 oder Ultra 2 werden sich noch etwas gedulden müssen.

Noch bedauerlicher ist, dass der «Double Tap» nur auf den beiden neuen Watches mit S9-Chip verfügbar sein wird. Laut Apple wertet man zur Erkennung den Beschleunigungssensor, das Gyroskop und den Herzschlagsensor aus und analysiert dies mit einem Maschinenlern-Algorithmus, für den der neue Chip notwendig ist. Der Herzschlagsensor wird übrigens benötigt, weil die Uhr den veränderten Blutfluss während der Geste im Handgelenk misst.

Diese und weitere Gesten sind für die übrigen Uhren zwar im Rahmen der Bedienungshilfen aktivierbar – sie lassen sich aber nur in ganz spezifischen Situationen nutzen – offenbar war ihre Erkennung Apple zu unzuverlässig, um die Geste auch für ältere Watches zu aktivieren.

Ein paar praktische Kleinigkeiten

So weit zu den beiden Neuerungen, die tatsächlich grösseren Einfluss auf die Nutzung haben. Darüber hinaus bieten beide Watch-Modelle auch ein paar kleinere Verbesserungen.

So steckt etwa wie im iPhone 15 auch der neue Ultrabreitbandchip (UWB) in der Uhr. Vor allem wird es damit noch einmal leichter, das eigene iPhone zu finden. Kann man es bislang per Watch nur klingeln lassen, gibt es jetzt ein ähnliches Suchprozedere wie bei den AirTags: Die Watch zeigt an, wie viele Meter das iPhone entfernt ist, kurz darauf auch, in welche Richtung man sich bewegen muss. Befindet man sich in unmittelbarer Nähe, wird noch einmal ein Audiosignal auf dem iPhone abgespielt. Das macht die Suche nach dem verlegten Smartphone im Test wirklich einfach. Allerdings geht das nur, wenn man auch ein iPhone 15 besitzt, in dem ebenfalls der neue Ultrabreitbandchip steckt.

Mehr Licht gibt es ausserdem, denn: Beide Watches erhalten ein leuchtstärkeres Display. Die Apple Watch Ultra 2 strahlt nun mit bis zu 3000 Nits Helligkeit (vorher 2000 Nits), wenn man sie im gleissenden Sonnenlicht abliest, die Watch Series 9 kommt hier nun auf 2000 Nits (vorher 1000 Nits). Erstmals kann die Series 9 ihre Leuchtkraft im Dunkeln auch auf nur ein Nit absenken. Die Spitzenwerte halten die Uhren allerdings nur für eine gewisse Zeit durch – danach dimmen sie etwas herunter. Für das Ablesen der Uhr oder der Wetterapp reicht die Zeit aber locker aus.

Laut Apple sind die Batterielaufzeiten der beiden Uhren übrigens gleich geblieben: Die Watch Ultra 2 soll also mindestens 36 Stunden mit einer Ladung halten, die Apple Watch Series 9 18 Stunden. Für den Stromsparmodus gelte sogar jeweils die doppelte Zeit. Die genaue Laufzeit ist natürlich je nach Nutzung höchst unterschiedlich – unserer Einschätzung nach sind Apples Werte aber eher konservativ angegeben, sodass für viele Nutzer noch ein paar Extrastündchen herausspringen sollten.

Für die Watch Ultra 2 und die Watch Ultra gibt es mit WatchOS 10 ausserdem ein neues Zifferblatt mit neuer Funktion: das Modular Watchface. Da werden erstmals noch die äusseren Ränder mitgenutzt – wahlweise zur Anzeige von Höhe, Tiefe oder Sekunden.

Die neue Apple Watch Ultra 2 mit dem Modular Watchface im normalen Modus (links) und im Nachtmodus.
Die neue Apple Watch Ultra 2 mit dem «Modular Watchface» im normalen Modus (links) und im Nachtmodus.Bild: T-Online

Zudem gibt es hier noch einen weiteren Trick: Der Nachtmodus, den es bislang exklusiv für das Ultra-Watchface Wegfinder gab, kommt nun auch für Modular Watchface – und wird automatisch durch den Umgebungslichtsensor aktiviert. Vorher musste das manuell über die Krone geregelt werden. Wer möchte, kann den Nachtmodus aber auch aus- oder dauerhaft einschalten.

Fazit: Sinnvolle Ergänzungen, aber kein Grund zum Upgrade

In diesem Jahr ist der Rat hinsichtlich der Watches recht klar: Wer ohnehin darüber nachgedacht hat, sein vier oder fünf Jahre altes Apple-Watch-Modell durch ein neues zu ersetzen, bekommt mit der Apple Watch Series 9 (ab 399 Fr.) und der Apple Watch Ultra 2 (799 Fr.) jeweils eine ausgezeichnete Smartwatch, für Apple-Anwender wohl die beiden besten Smartwatches auf dem Markt. Dass die Apple Watch Ultra 2 sogar deutlich günstiger geworden ist, dürfte viele freuen, die bislang mit dem Kauf gewartet haben.

Erfreulich ist überdies, dass Apple beide Uhren als «klimaneutrale» Modelle anbietet: Gefertigt mit grünem Strom unter Verwendung zahlreicher recycelter Materialien. Die verbliebene CO2-Lücke einiger noch nicht recycelter Materialien sowie die Energiekosten für die Lebensdauer wurden durch Investitionen in Unternehmen ausgeglichen, deren Projekte aktiv CO2 aus der Atmosphäre entnehmen.

Dennoch – und auch aus Gründen der Nachhaltigkeit: Wer bereits eine Series 8 oder Series 7 besitzt, hat keinen zwingenden Grund für ein Upgrade. Hier lohnt es sich, auf das Modell im kommenden Jahr zu warten. Noch mehr gilt das für die Apple Watch Ultra 2. Besitzer des Vorgängermodells können ihre Uhr unbesorgt weiter nutzen. Die Verbesserungen der neuen Version sind fraglos erfreulich – ein Upgrade rechtfertigen sie jedoch nicht.

Quellen

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die turbulente Geschichte von Apple Maps
1 / 16
Die turbulente Geschichte von Apple Maps
Es war einmal ein amerikanischer Techkonzern, der wollte auf seinen Geräten nicht mehr die Software des grossen, datenhungrigen Rivalen installieren, sondern etwas Eigenes wagen ...
quelle: ap / patrick semansky
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Ein Golden Retriever rettet ein Rehkitz vor dem Ertrinken
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
13 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
13
Google und Microsoft mit deutlich mehr Umsatz und Gewinn

Google verdient Milliarden mit Werbung in seiner Suchmaschine. KI-Herausforderer wie Microsoft wollen nun Antworten statt Links liefern. Doch das Geschäftsmodell des Konzerns ist robust.

Zur Story