Im hart umkämpften Markt für kabellose Kopfhörer kämpfen auch altbekannte Audiofirmen mit. Zuletzt hatte Sennheiser mit den Momentum True Wireless 2 In-Ear-Kopfhörer vorgestellt, welche die Messlatte für guten Sound um einiges anhob. Die gute Audioqualität liess sich Sennheiser aber fürstlich bezahlen: 349 Franken für In-Ear-Kopfhörer ist ein Preis, gegen die selbst Apples AirPods Pro beinahe wie ein Schnäppchen wirken.
Für Leute, die nicht bereit sind, über 300 Franken für Kopfhörer auszugeben, hat Sennheiser nun ein günstigeres Modell vorgestellt: die CX 400BT True Wireless. Für die «Budget-Kopfhörer» nennt Sennheiser eine unverbindliche Preisempfehlung von 229 Franken. Uns hat der Hersteller sein neustes Produkt für mehrere Wochen zum Testen ausgeliehen.
Die CX 400BT orientieren sich beim Design ganz klar an den teureren Momentum 2 Ture Wireless. Das kann man mögen oder nicht. In Anbetracht der immer verspielteren Designs der Konkurrenz wirkt die Aufmachung der CX 400BT fast schon etwas langweilig. Andere mögen das Design einfach als puristisch bezeichnen, das ist wohl schlicht Geschmacksache.
Keine Geschmacksache ist die Aufmachung der Hülle. Diese wirkt für einen Preis von über 200 Franken dann doch eher billig und uninspiriert. Vor allem aber wirkt sie klobig – und das, obwohl der Akku im Case nicht weiter reicht, als bei kompakter wirkenden Hüllen. Hier hätte man vielleicht doch noch ein bisschen mehr ins Finish investieren können, um einem das Gefühl zu geben, einen wertigen Kopfhörer gekauft zu haben.
Das soll aber keineswegs heissen, dass die Kopfhörer billig verarbeitet sind. Alles sitzt fest an seinem Platz, das Case lässt sich geschmeidig öffnen und die Kopfhörer schnappen jedes Mal perfekt in ihren Platz hinein. Aber das sind alles Dinge, die in dieser Preisklasse zum Standard gehören.
Was allerdings in dieser Preisklasse auch zum Standard gehört, ist eine gewisse Wasserfestigkeit. Leider sind die CX 400BT nach IPX-Standard weder wasser- noch schweissresistent. Damit dürften sie für Sportler ein No-Go sein.
Bei der Audioqualität spielt Sennheiser erneut seine Stärken aus. Audiophile dürfen sich auf die Unterstützung von mehreren Codecs freuen. Nebst aptX unterstützen die CX 400BT auch SBC und AAC. Damit sind die CX 400BT heutzutage zwar nicht mehr ganz alleine, aber es ist doch schön zu wissen, dass man die Codecs an Bord hat.
Beim Innenleben setzt Sennheiser auf dynamische Treiber mit sieben Millimetern Durchmesser. Das klingt im ersten Moment nicht so beeindruckend, immerhin gibt Huawei bei seinen Freebuds Pro mit dynamischen Treibern mit stolzen elf Millimetern an. Aber Grösse ist eben nicht alles, auch bei Treibern nicht. Was Sennheiser aus den sieben Millimetern herausholt, kann sich hören lassen.
Die CX 400BT zeigen vor allem, dass sie Höhen und Tiefen zu meistern wissen. In den ganz hohen und den ganz tiefen Hertzbereichen, wo viele In-Ears schnell Mühe haben, können diese Kopfhörer glänzen. Selbst wenn der Bass ordentlich in den Ohren dröhnt, vermögen die CX 400BT die feineren Instrumente noch gut im Klang abzubilden. Red Hot Chilli Peppers «Can't Stop» kommt dabei genauso gut zur Geltung wie Labrinths «Like A Movie» oder die wundervollen Kompositionen von Howard Shore. Wer einen Allround-In-Ear-Kopfhörer sucht, bei dem man keine klanglichen Kompromisse eingehen muss, ist mit dem CX 400BT gut bedient.
Bei der Bluetooth-Verbindung gibt es nichts zu mäkeln – sobald sie etabliert ist. Die Verbindung ist im mehrwöchigen Test nicht einmal abgebrochen, wenn ich innerhalb des Empfangsbereichs blieb. Selbst wenn ich in meiner Wohnung herumlief und mehrere Wände zwischen Handy und Kopfhörern waren, haben die CX 400BT sich keine Blösse gegeben.
Das Einzige, was mich etwas gestört hat, war, wenn ich die Kopfhörer jeweils frisch mit dem Handy verbunden habe. Zwar meldete die freundliche Kopfhörerstimme «Connected», kaum hatte ich die In-Ears in meine Ohren gesteckt. Allerdings ging es dann im Schnitt vier bis fünf Sekunden, bis die Tonspur tatsächlich über die Kopfhörer ausgespielt wurde. Das klingt jetzt nach wenig, nervt aber zwischendurch doch etwas. Am Handy kann das nicht gelegen haben, da ich die Kopfhörer mit aktuellen Smartphones von LG, Samsung und Oppo getestet habe.
Wer die Kopfhörer gerne mit zwei Geräten parallel verbindet, um schnell hin- und herzuwechseln, guckt ebenfalls in die Röhre. So steht auf der Sennheiser-Website:
Möchte man also beispielsweise Handy und Laptop gleichzeitig mit den CX 400BT verbunden haben, ist das nicht möglich. Stattdessen muss man die Verbindung von Gerät A unterbrechen und die Kopfhörer dann mit Gerät B verbinden, um es nutzen zu können.
Viele Hersteller haben in den letzten zwei Jahren merkliche Fortschritte beim Thema Active Noise Cancelling bei In-Ear-Kopfhörern gemacht. Überzeugen konnten hier beispielsweise die Freebuds Pro von Huawei oder die AirPods Pro von Apple. Die verbauten Mikrofone dienen dabei nicht nur dazu, Geräusche zu unterdrücken, sondern auch, gewisse Töne gezielt durchzulassen. Viele Kopfhörer bieten einen sogenannten Transparent Mode (oder Awareness Mode), der Stimmen durchlässt. So musst du dir die In-Ears nicht jedes Mal aus dem Ohr pulen, wenn jemand mit dir redet.
Bei den CX 400BT hat Sennheiser leider keine aktive Geräuschunterdrückung verbaut. Bedenkt man, dass günstigere Modelle von Huawei oder Oppo mit guter ANC ausgerüstet sind, ist das definitiv ein Manko.
Besonders nervt das, wenn man die Kopfhörer im Büro anhat. Zwar ist die durch den In-Ear-Formfaktor gegebene passive Geräuschunterdrückung okay, aber der fehlende Transparent Mode nervt. So kommt man nicht darum herum, sich jedes Mal, wenn einen im Büro jemand kurz etwas fragt, die Dinger aus den Ohren zu holen.
Wer viel telefoniert, wird mit den CX 400BT keine Probleme haben. Telefon via Kopfhörer an- und abnehmen funktioniert zuverlässig, der Sound ist klar. Im Test mussten die Kopfhörer für Videochats genauso wie herkömmliche Telefonate herhalten und haben das gut gemeistert. Nie beschwerten sich die Personen am anderen Ende der Leitung über akustische Probleme.
Hier muss aber auch gesagt werden, dass dies nur der Fall ist, wenn man in einer relativ ruhigen Umgebung telefoniert. Wer einer Geräuschkulisse à la stark befahrene Hauptstrasse ausgesetzt ist, wird mehr Mühe haben. Das Problem ist ganz klar das fehlende Active Noise Cancelling, das bei der Konkurrenz zuverlässig gewisse störende Geräusche herausfiltert.
Den Tragekomfort eines Kopfhörers zu bewerten, ist immer eine etwas heikle Sache. Jedes Ohr ist anders. Damit kann ein In-Ear-Kopfhörer bei Person A angenehm sitzen, bei Person B aber schon unangenehm drücken. Ich habe die CX 400BT nicht als die angenehmsten Kopfhörer empfunden. Immer wieder haben sie mich unangenehm gedrückt, manchmal von Anfang an, manchmal erst nach einer gewissen Zeit.
Gesessen haben die In-Ears aber tipptopp. Die Kopfhörer muss man mit einer leichten Drehung «arretieren», danach sitzen sie so gut, dass man fast nie nachjustieren muss. Wichtig ist hier natürlich, dass man die richtige Aufsatzgrösse wählt.
Beide Kopfhörer sind berührungsempfindlich. Gesteuert werden Dinge wie Anruf entgegennehmen, Musik vor- und zurückspringen oder Google Asisstant starten mit unterschiedlich häufigem Antippen. Linker und rechter Kopfhörer sind dabei für unterschiedliche Aufgaben zuständig. Wem die vorgegebene Konfiguration nicht gefällt, kann diese in der App ganz einfach anpassen.
Die Bedienung reagiert immer zuverlässig. Selbst leichtes Antippen wird korrekt erkannt und ich empfand die Sensorik nicht als überempfindlich. Allerdings ist die Reaktionszeit leider etwas träge. Pausiert man beispielsweise einen Song, dauert es vom Antippen bis zum effektiven Pausieren über eine Sekunde.
Ebenfalls fehlen tut bei den XC 400BT eine automatische Trageerkennung. Sprich: Wenn ihr einen oder beide Kopfhörer aus den Ohren nehmt, geht die Musik einfach weiter. Das hat Vor- und Nachteile. Wer sich ab Kopfhörern nervt, die schon beim geringsten Justieren die Musik pausieren, wird die CX 400BT schätzen. Ebenfalls kann man so einfach auch mit einem Kopfhörer weiter Musik hören, falls man mit einem Ohr (mangels Transparent Mode) hören will, was rundherum geschieht.
Wer möchte, kann den rechten Kopfhörer sogar als eigenständiges Gerät verwenden, während der andere im Ladecase verbleibt. Das umfasst Koppeln als auch den Zugriff auf Anruf- und Assistant-Funktionen.
Apps für Kopfhörer sind nie ein wirkliches Verkaufsargument. Sennheiser macht da keine Ausnahme. Man kann die CX 400BT über die App aktualisieren und die Touch-Steuerung nach eigenem Gusto anpassen. Schön ist, dass sie noch einen Equalizer dazugepackt haben, der es erlaubt, eigene Presets anzulegen. Eine solide App, die tut, was sie soll, mehr aber auch nicht.
Sennheiser gibt die Akkulaufzeit mit sieben Stunden an. Das ist ein guter Wert, im Konkurrenzvergleich aber nicht aussergewöhnlich. Immerhin hält der Praxistest, was Sennheiser verspricht. Mit dem Case lässt sich die Akkulaufzeit von sieben auf knapp 20 Stunden erhöhen. Das ist etwas unter dem Niveau von Samsung, Huawei und Co., welche bereits bei 24 Stunden und mehr angekommen sind.
Wer es schätzt, seine Kopfhörer via Handy oder Ladepad kabellos aufzuladen, muss leider verzichten. Geladen wird ausschliesslich mit USB-C.
Sennheisers «Budget-Kopfhörer» punkten ganz klar mit der hervorragenden Audioqualität. Hier zeigt der erfahrene Hersteller, wo seine Kernkompetenzen liegen. Bei allem anderen sticht der Kopfhörer – zumindest zu einem Preis von 229 Franken – zu wenig aus der Masse heraus. Die Akkulaufzeit ist Durchschnitt, die Sensorik reagiert zwar zuverlässig, aber etwas träge. Dinge wie ANC, IPX-Zertifizierung, Trageerkennung oder Mehrfachverbindungen, die man sich heute gewöhnt ist, fehlen.
Auch das Case fällt hinter so manchen günstigeren Konkurrenten zurück. Es wirkt weder speziell hochwertig, noch stylish, sondern eher zweckmässig. Hier hat Sennheiser ganz klar das Problem, dass man diese Features nicht in das günstigere Modell verbauen konnte, ohne die teureren Momentum 2 True Wireless obsolet zu machen.
Damit sind die CX 400BT vor allem In-Ears für Leute, die guten Sound über alles stellen, aber nicht bereit sind, über 300 Franken für die Momentum True Wireless 2 auszugeben.
Allerdings sind 229 Franken noch ein stolzer Preis, gemessen am bescheidenen Funktionsumfang. Mittlerweile gibt es sehr viele gute Alternativen auf dem Markt, die klanglich vielleicht nicht alle ganz mit den CX 400BT mithalten können, aber optisch, vom Funktionsumfang und der Sensorik her mehr bieten.
Nun will es aber der Zufall, dass Sennheiser den Preis der CX 400BT just am letzten Tag, an dem ich an diesem Review geschrieben habe, auf seiner Website gesenkt hat. Wer die Kopfhörer dort kauft, bezahlt nur noch 109 Franken – für diesen Preis sind sie für Audioenthusiasten durchaus eine Überlegung wert.
Musste schmunzeln. Die Kopfhörer klingen zwar eindeutig besser, ich bevorzuge allerdings lieber welche mit ausgefallenerem Design und fancier Bedienung. Der Moment, wenn man als Heimelektronikverkäufer Kunden einfach nur noch erwürgen will.